Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition)
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
sagte ich.
    Wegg hatte mit Pickens und Strother eine Partie Watch Me mit einem Penny für den Pott und drei Pennys fürs Halten angefangen. Ich schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Streichhölzer, die ihnen als Chips dienten, hochflogen. »Wegg, Ihr führt diese Männer mit dem Sheriff ins Gefängnis. Aber erst in ein paar Minuten. Wir haben noch ein paar Vorbereitungen zu treffen.«
    »Was ist im Gefängnis?«, fragte Wegg, der die verstreuten Streichhölzer bedauernd betrachtete. Vermutlich hatte er eine Glückssträhne gehabt. »Der Junge?«
    »Der Junge und das Ende dieser traurigen Geschichte«, sagte ich zuversichtlicher, als mir zumute war.
    Ich fasste Graubart am Ellbogen – ganz behutsam – und zog ihn beiseite. »Wie heißt Ihr, Sai?«
    »Steg Luka«, sagte er. »Wozu wollt Ihr das wissen? Haltet Ihr mich für den Kerl?«
    »Nein«, sagte ich, und ich tat es auch tatsächlich nicht. Ohne wirklichen Grund; nur aus einem Gefühl heraus. »Aber wenn Ihr wisst, wer es ist – oder es auch nur vermutet –, solltet Ihr es mir sagen. Dort drinnen sitzt ein ängstlicher Junge in einer Zelle, in der ich ihn zu seiner Sicherheit eingesperrt habe. Er hat gesehen, wie ein Ungeheuer in Gestalt eines riesigen Bären seinen Vater umgebracht hat, da möchte ich ihm unnötige neue Schmerzen ersparen. Er ist ein guter Junge.«
    Luka überlegte, dann fasste er mich am Ellbogen – mit eisenhartem Griff. Er zog mich in eine Ecke. »Ich kann’s nicht sagen, Revolvermann, aber wir sind alle dort unten gewesen, tief im neuen Stock, und haben es gesehen.«
    »Was gesehen?«
    »Einen Riss im Salz, durch den ein grünes Licht scheint. Erst hell, dann schwach. Hell, dann schwach. Wie ein Herzschlag. Und … es spricht einem ins Gesicht.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich verstehe das alles selbst nicht. Ich weiß nur, dass wir es alle gefühlt und gesehen haben. Es spricht einem ins Gesicht und will, dass man reinkommt. Es ist eiskalt.«
    »Das Licht oder die Stimme?«
    »Beides. Es stammt von den Großen Alten, das steht für mich fest, und es ist böse. Wir haben es Banderly gemeldet – er ist unser Vormann –, und er ist selbst runtergekommen. Hat’s selbst gesehen. Hat’s selbst gespürt . Aber hätt er deswegen den Schacht dichtgemacht? Einen Scheiß hat er. Er hat selbst wieder Bosse, die alle wissen, dass dort unten noch ein Haufen Salz liegt. Also hat er uns angewiesen, den Spalt mit Felsbrocken zu verschließen, was auch geschehen ist. Das weiß ich, weil ich selbst dabei war. Aber Felsbrocken lassen sich nicht nur aufstapeln, sondern auch rausziehen. Und sie sind rausgezogen worden, das kann ich beschwören. Sie sind jetzt anders gestapelt als zuvor. Jemand war dort drinnen, Revolvermann, und was auf der anderen Seite ist – es hat ihn verändert.«
    »Aber Ihr wisst nicht, wen.«
    Luka schüttelte den Kopf. »Ich kann bloß vermuten, dass es zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens gewesen sein muss, weil dann alles ruhig ist.«
    »Na gut, geht zu Euren Kameraden zurück. Ihr werdet schon bald trinken, und das soll mich freuen.« Sai Luka würde nie mehr einen Schluck trinken. Solche Dinge weiß man aber leider nicht im Voraus.
    Er ging zu den anderen zurück, und ich musterte sie. Luka war der bei Weitem älteste Kumpel. Die meisten waren in mittlerem Alter, einige jedoch auch richtig jung. Sie wirkten nicht ängstlich, sondern interessiert und aufgeregt, was ich gut verstehen konnte; zwei Drinks hatten ihre Lebensgeister geweckt, und die ganze Sache war eine willkommene Abwechslung von der Eintönigkeit ihrer harten Arbeit. Keiner schien etwas anderes zu sein, als er es wirklich war: Salzhauer in einer sterbenden Bergwerksstadt, wo die Eisenbahn endete.
    »Jamie«, sagte ich. »Auf ein Wort.«
    Ich ging mit ihm zur Tür und flüsterte ihm ins Ohr. Ich erteilte ihm einen Auftrag und betonte, dass alles höchst eilig sei. Jamie nickte und schlüpfte in den stürmischen Spätnachmittag hinaus. Vielleicht war es inzwischen ja auch schon Abend.
    »Wohin ist der denn unterwegs?«, fragte Wegg.
    »Das geht Euch nichts an«, sagte ich und wandte mich den Männern mit der blauen Tätowierung zu. »Stellt euch hintereinander auf. Vom Ältesten bis zum Jüngsten.«
    »Ich weiß aber nicht, wie alt ich bin«, sagte ein Mann mit Stirnglatze, der eine Armbanduhr trug, deren rostiges Band mit Bindfaden geflickt war. Einige der anderen nickten lachend.
    »Tut einfach euer Bestes«, sagte ich.
    Ihr Alter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher