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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens
Autoren: Patricia Shaw
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überzeugt, dass seiner Tochter mit seinem steinreichen Freund ein Leben in Saus und Braus bevorstand. Und es war, wie Constance sich erinnerte, zunächst auch wunderschön. Mit dem größten Vergnügen brüstete Lyle sich mit seiner schönen jungen Braut. Er ließ sogar ein Porträt von ihr anfertigen, das er in der Bibliothek ihres Hauses aufhängte. Nach Constances Meinung schmeichelte es ihr: Die Augen waren blauer, das Haar blonder, doch Lyle behauptete charmant, es würde ihr nicht gerecht, und seine Freunde pflichteten ihm bei.
            In Hongkong führten sie ein umtriebiges gesellschaftliches Leben, und ihr Mann kaufte ihr Kleider und Accessoires, schickte ihr Couturiers mit Körben voller Stoffe ins Haus, damit sie das Passende auswählte. Er überraschte sie gern mit Schmuckstücken: Diamant- und Saphirringe, Perlen, eine Brosche aus Rubinen und Perlen, eine Diamantnadel – jede Gelegenheit war ihm recht, solange ein Publikum zugegen war, das applaudierte und ihre Freude teilte. Constance brauchte geraume Zeit, bis sie sein Bedürfnis nach öffentlicher Zurschaustellung seiner Großzügigkeit durchschaut hatte, aber es störte sie im Grunde nicht. Es stützte sein Selbstbewusstsein und hielt ihn bei Laune, vorübergehend zumindest. In letzter Zeit war seine Stimmung übler als gewöhnlich, womöglich weil er dem Plan, vorübergehend in sicherere Gefilde nach Australien überzusiedeln, unwillig gegenüberstand.
            Constance ließ sich jetzt absichtlich Zeit, hatte keine Eile, sich dem Gesellschaftstrubel vor dem Dinner anzuschließen. Sie kam sich albern vor, als sie die tropfenförmigen Diamanten-Ohrgehänge anlegte, die zum Halsband passten, denn ihr war klar, dass sie in dem kleinen Speisesalon in dieser Aufmachung völlig fehl am Platze wäre.
            Sie setzte sich an den Frisiertisch, nestelte an den losen blonden Locken, die den Kämmchen in ihrem anmutigen Chignon entwichen waren. Ihr langer, schlanker Hals war perfekt für das Halsband. Für ein Halsband, das Fannie gehört hatte!
            Constance schauderte noch immer vor Beschämung, wenn sie an das auf dem Silvesterball belauschte Gespräch dachte …
            »Natürlich, das Halsband, das sie da trägt, hat Fannie gehört«, sagte eine Frau. »Seiner ersten Frau. Jedes Schmuckstück, das er seiner Frau überreicht, hat Fannie gehört. Ihre Mutter, eine deutsche Gräfin, hat ihn ihr hinterlassen. Lyle hat nicht ein einziges Stück selbst gekauft.«
            Die andere Frau lachte. »Ich hätte nichts gegen derartigen Schmuck aus zweiter Hand einzuwenden. Er nutzt sich ja schließlich nicht ab.«
            »Ein bisschen altmodisch ist er aber schon, findest du nicht? Ich würde einfach alles neu fassen lassen …«
            Die Stimmen entfernten sich, und Constance blieb gekränkt und verwirrt an der Tür stehen. Hätte er es ihr nicht sagen müssen? Ihr nicht wenigstens die Geschichte des Schmucks erzählen müssen? Vielleicht auch nicht, dachte sie damals und fand Entschuldigungen für ihn, Entschuldigungen, die immer fadenscheiniger wurden und sich zuletzt in nichts auflösten, als sie sich eingestand, dass sie den Typ Mann geheiratet hatte, den man landläufig als »Straßenengel« bezeichnet. Weil er zu Hause keineswegs ein Engel war.
            In Abwesenheit seiner Freunde und Bekannten war er ein übellauniger Mann, der seine Frau mit absichtlicher Missachtung behandelte. Sein Verhalten wurde noch schlimmer durch seine Widersprüchlichkeit. Manchmal konnte er höflich sein, besonders, wenn er Gesellschaft, jemanden zum Reden brauchte, doch dann wieder verwandelte er sich ohne Vorwarnung in den Haustyrannen, der das Personal umherscheuchte und die Nerven seiner Frau strapazierte.
            Erst kürzlich hatte Constance mit ihrem Vater darüber gesprochen, als er zur Feier ihres dreißigsten Geburtstags nach Hongkong gekommen war, doch Feltham war so beeindruckt von der Opulenz des Hauses und der Gärten, von dem Lebensstandard, den seine Tochter erreicht hatte, dass er kein Wort der Klage hören wollte.
            »Schlägt er dich?«
            »Nein, aber er schlägt die Dienstboten ziemlich brutal, und ich …«
            »Aber, Connie. Wahrscheinlich haben sie es verdient. Du verstehst nichts von orientalischen Dienstboten, im Gegensatz zu ihm.«
            »Aber Vater, er hat oft schlimme Wutanfälle.«
            »Lieber
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