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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens
Autoren: Patricia Shaw
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bringt?«, fuhr er seine Frau an. »Das wäre doch wohl nicht zu viel verlangt. Und was hast du da für einen Fetzen an? Sieht schlampig aus, verdammt!«
            Constance warf einen Blick in den Spiegel. Sie mochte dieses Kleid aus fließendem geblümten Georgette in gedämpften Herbstfarben. Es war exzellent geschnitten und bestens geeignet für diese warmen Nächte.
            »Das ist kein Fetzen, Liebling.« Sie lächelte, um ihn zu besänftigen. »Es hat eine gehörige Stange Geld gekostet, wie du wohl weißt. Und es ist schlicht genug für heute Abend. In diesem kleinen Kreis möchte ich nicht zu auffällig gekleidet erscheinen.«
            »Willst du meinen Geschmack in Frage stellen? Lass dir gesagt sein, ich habe schon in vornehmen Kreisen gespeist, als du noch nicht mal mit Messer und Gabel essen konntest. Los, zieh was Besseres an.«
            Constance wandte sich ihm zu. »Ist das denn so wichtig, Lyle? Du liebe Zeit, ich glaube wirklich nicht, dass wir es nötig haben, Eindruck zu schinden. Und dieses Kleid ist …«
            Wütend packte er sie, im selben Moment, als sie sich umdrehte, am Kleid, und das gute Stück riss an der Taille auf. »Nun sieh dir das an!«, schnauzte er. »Zieh dich um. Ich gehe schon vor.«
            Erschüttert blickte sie an ihrem zerrissenen Kleid herunter, zog es langsam aus und fragte sich, was diesen Wutausbruch heraufbeschworen haben mochte, während Lyle nach der Bürste mit dem silbernen Monogramm griff und sich rasch über das dichte weiße Haar fuhr.
            Er ist so stolz auf seine ›Mähne‹, dachte Constance verächtlich und mit den Tränen kämpfend. Oh ja, und er war ein Bild von einem Mann … Sehr erfolgreich. Begütert. Hoch geachtet. Ein echter Gentleman. Und zudem noch Witwer!
            Das war ein Teil des Lobes, das ihr Vater, Percy Feltham, auf Horwoods Reputation gehäuft hatte, als er mit der großartigen Nachricht für seine Tochter nach Hause kam, dass er einen alten Freund getroffen habe.
            »Ich muss ihn dir vorstellen. Er wird dir gefallen …«
            »Wieso? Wie sieht er aus? Bring mich bitte nicht in Verlegenheit, Vater, indem du mich einem alten Tattergreis zur Besichtigung vorführst. Ich habe keine Eile, was das Heiraten angeht.«
            »Mein Schätzchen, du bist fünfundzwanzig, fast schon eine alte Jungfer. Allerdings bin ich zugegebenermaßen froh, dass du deine Verlobung mit Reggie gelöst hast. Er hat nicht zu dir gepasst, aber glaube mir, mit Lyle Horwood verhält es sich anders.«
            »Wie sieht er aus?«, wiederholte Constance misstrauisch.
            »Er ist ein feiner, aufrechter Bursche! Groß, distinguiert. An seiner Seite wirst du dich gut machen. Und eine Schönheit wie du – er wird dir nicht widerstehen können.«
            Trotz ihres Misstrauens angesichts der väterlichen Begeisterung und ihres eigenen Desinteresses an Männern seines Alters fühlte Constance sich zu ihrer Überraschung zu Lyle Horwood hingezogen und war beeindruckt von seiner Großzügigkeit. In der Zeit der Brautwerbung war er, wie sie sich verbittert erinnerte, während sie auf der Suche nach einem anderen Kleid ihren Schrank inspizierte, der netteste, charmanteste Mann, dem sie je begegnet war, und binnen weniger Monate waren sie verlobt.
            Nach der Hochzeit gingen sie in großer Aufregung an Bord eines Schiffes der Oriental Line, das sie nach Hongkong bringen sollte, in ihr neues Heim, das Herrenhaus der Horwoods mit Blick über den Hafen.
            Constance wandte sich seufzend wieder der Gegenwart zu und entschied sich widerwillig für ein Kleid aus roter Seide mit schmaler Taille und weich fallendem Rock. Es war sehr tief ausgeschnitten, würde ihrem Mann also gefallen. Und weil dazu noch etwas fehlte, griff sie nach einem zierlichen, mit Diamanten besetzten Halsband.
            Im Grunde ist es sein Halsband, überlegte sie böse, denn er entschied, wann sie es zu tragen hatte. Wie ihren übrigen Schmuck auch, bewahrte er es in der Bank auf. Um etwas von den teuren Stücken, die er ihr geschenkt hatte, zu tragen, musste sie ihm frühzeitig Bescheid geben, und das ärgerte sie so sehr, dass sie sich manchmal gar nicht die Mühe machte, um den Schmuck zu bitten.
            Das Halsband, ein Hochzeitsgeschenk, hatte ihr die Sprache verschlagen und Percy Feltham in Entzücken versetzt. Er war
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