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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens
Autoren: Patricia Shaw
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erschossen. Es war ein Unfall gewesen. Ein schrecklicher Unfall. Sein Vater hatte darauf bestanden, die Schuld auf sich zu nehmen. Er war nicht umzustimmen damals. Jake machte sich Vorwürfe, weil er einen Gesetzlosen im Haus gehabt hatte, was an sich schon eine Straftat war. Ohne diesen Mann hätte er nie eine geladene Waffe in der Hand gehabt.
            »Du tust, was ich dir sage«, hatte Ted Tussup seinen Sohn angewiesen, »und redest nur, wenn du gefragt wirst.«
            »Und ich habe gehorcht«, schluchzte Jake. »Obwohl ich es besser wusste. Dabei war es meine Entscheidung. Ich hätte protestieren und die Folgen auf mich nehmen müssen. Später auf der China Belle war es dasselbe. Ich wollte doch nur desertieren und Gold schürfen, weil sich das Schiff so nah bei den Goldfeldern befand. Ich hatte keine Ahnung, was für eine Lawine von Ereignissen ich dadurch auslösen würde.«
            Aber eine innere Stimme widersprach: »Du hast es gewusst. Du hattest Verantwortung. Für das Schiff. Für diese Frauen. Für Mrs. Willoughby und Mrs. Horwood. Doch jetzt ist es zu spät für Reue.«
            Nur die harte Arbeit, die er sich auflud, als er dem Schreiner zur Hand ging und mit dem Wiederaufbau seiner Farm begann, unterdrückte die Niedergeschlagenheit, die sich seiner Seele bemächtigen wollte. Bald brauchte Jake Claras Hilfe nicht mehr, und auch Boysie verlor nach einer Weile das Interesse an ihm. Nachdem der Schreiner sich, mächtig zufrieden mit seinem Werk, verabschiedet hatte, stand Jake da, betrachtete sein schönes Haus und weinte wieder, so sehr wünschte er sich, seine Eltern hätten noch erleben können, was er aus ihrem Zuhause gemacht hatte. Sonst spielte niemand mehr eine Rolle. Und es kümmerte ihn auch nicht mehr, ob die Hawthornes weiterhin Rachepläne schmiedeten. Er hatte das Davonlaufen satt.
            Bald war klar, dass die Hawthornes ihm nicht mehr nach dem Leben trachteten. Inzwischen hatte Jake weitere Verpflichtungen übernommen. Ein Mischlingshund hatte sich auf seiner hinteren Veranda eingerichtet, und er besaß zwei Kühe, einen Ackergaul, ein Reitpfed und einen kreischenden weißen Kakadu. Jeden Abend saß er bis zum Sonnenuntergang auf der Veranda, blickte die lange Straße entlang und überlegte, ob er weiterziehen sollte. Am Mount Morgan, nicht weit nördlich von Brisbane, war eine große Goldader gefunden worden. Und während er darüber nachdachte, ob es sich wohl lohnte, sich auf den Weg zu machen, wurden die Monate zu Jahren.
             
            Mal ritt in gemächlichem Tempo nach Norden und durch verschiedene Provinzstädtchen ins Landesinnere. Nach einer Weile erreichte er das Gebirge und überquerte die Grenze nach Queensland. Dort machte er ein paar Tage in einer Stadt namens Warwick Station, um sich und seinem Pferd ein wenig Ruhe zu gönnen. Anschließend brach er auf zur Schaffarm Willowvale, die sechzig Kilometer weiter am Condamine River lag.
            »Wirklich ein hübsches Fleckchen Erde«, sagte er sich schmunzelnd, als er der Straße durch das Gebiet von Willowvale folgte. In der Ferne konnte er das vertraute rote Dach des Farmhauses sehen. Dahinter befanden sich, wie er wusste, die Wollschuppen, wo alljährlich Tausende von Schafen geschoren wurden.
            Er musste an Esme denken. Willowvale war alles, was er sich immer erträumt hatte, ein Besitz, auf den ein Mann stolz sein und wohin er seine Frau heimführen konnte. Esme war eine anregende Gesprächspartnerin. »Wenn sie nicht gerade böse auf mich ist«, murmelte er grinsend. Allerdings hatte er sich zugegebenermaßen ziemlich verschwommen ausgedrückt, was wohl daran lag, dass er sich selbst noch nicht über seine Absichten im Klaren gewesen war. Als er nun die friedliche Landschaft betrachtete, fühlte er sich in seinem Entschluss bestätigt. Nach all den dramatischen Ereignissen brauchten sie beide Ruhe und Beständigkeit und genug Zeit, um dazusitzen und die Sterne zu betrachten. Er verstand, dass die Zuneigung, die sie füreinander empfanden, auch eine Art von Liebe war, wenn auch ganz anders als die Leidenschaft, die er mit Jun Lien geteilt hatte. Sicherlich unterschied sie sich auch von der Beziehung zwischen Esme und Neville. Aber das schmälerte nicht ihre Bedeutung und machte sie auch nicht weniger dauerhaft. Mal war fest entschlossen, Esme zu heiraten. Als Mann und Frau würden sie hier glücklich miteinander
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