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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition)
Autoren: Christin Busch
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damit fertig werden könnte, wenn die Kleine schreien und ihn ablehnen würde. Während er Nora nachsah, wie sie hinter der Gartenpforte verschwand, schalt er sich für seine Skepsis. Es wäre völlig normal, wenn das Kind zurückhaltend wäre. Schließlich hatte die Kleine ihren Vater noch nie gesehen. Nachdenklich starrte er vor sich hin und schaute erst wieder auf, als die Gartentür sich leise quietschend öffnete. Nora hatte sich die Wickeltasche umgehängt und trug das kleine Mädchen auf dem Arm. Ihre Augen strahlten vor Stolz und Spannung. Tom lächelte unwillkürlich. Nora öffnete routiniert die Wagentür hinter dem Fahrersitz und setzte Sophie in ihren Kindersitz. Tom hatte sich umgedreht und sah dabei zu, wie sie angeschnallt wurde. Als die Kleine ihn wahrnahm, spuckte sie mit einer Mischung aus Neugierde und Überraschung ihren Schnuller aus und betrachtete ihn offen. Dieser erste Blick in ihr Gesicht traf Tom mitten ins Herz. Große dunkle Augen mit erstaunlich langen Wimpern musterten ihn. Unter einer Stupsnase war ihr herzförmiger, kleiner Mund vor Verwunderung leicht geöffnet. Ihr Blick wanderte nun wieder Sicherheit suchend zu ihrer Mutter.
    Nora hatte sie lächelnd beobachtet. Ihre Stimme klang dunkel und warm, als sie ihrer Tochter eine Haarsträhne aus den Augen strich, die sich vorwitzig unter ihrer Mütze hervorkringelte. »Schau mal, Sophie, wir beide haben Besuch bekommen. Das ist Tom, dein Papa.«
    Die Kleine hörte aufmerksam zu, während ihre Augen hin und her wanderten. Sie schien zu begreifen, dass dies ein denkwürdiger Moment war, und Nora wiederholte mehrmals fröhlich ihre Worte. Schließlich strahlte Sophie Tom an und fuchtelte aufgeregt mit den Händen.
    Nora lachte glücklich. »Na, wenn das kein guter Anfang ist.« Tom war sichtlich bewegt, löste seinen Blick von der Kleinen und sah zu Nora. »Es ist ein unglaubliches Gefühl, eine so süße Tochter zu haben.« Er wandte sich wieder um und betrachtete das Kind, das nun hingebungsvoll das Band weich kaute, mit dem der Schnuller an der Jacke befestigt war. Er war nachdenklich geworden. »Ich habe so viel verpasst, Nora. Ich hätte sie gerne früher kennen gelernt – von Anfang an. Es ist … nicht richtig, dass sie ihren Vater noch nie gesehen hat …«
    Nora ahnte, dass ihn diese Erkenntnis verletzte, und sie nagte einen Moment lang schuldbewusst an ihrer Unterlippe. Obwohl sie geradeaus auf die Fahrbahn sah, wusste sie genau, welcher Ausdruck jetzt in seinen Augen lag. In der stillen Seitenstraße, in der sie gerade waren, setzte sie den Blinker, fuhr rechts ran und hielt den Wagen an. Nachdem sie den Motor ausgemacht hatte, drehte sie sich zu Tom und legte unsicher eine Hand auf sein Knie. »Bitte, Tom, mach mir deshalb keine Vorwürfe, ja? Ich wusste damals nicht, wo mir der Kopf stand, was richtig oder falsch war, was ich tun sollte … Max hätte mir vermutlich verziehen, wenn ich das Baby nicht bekommen hätte. Mehr oder weniger hing alles nur von mir ab. Meine Entscheidung für das Kind machte unsere Ehe tatsächlich kaputt. Ich litt unsagbar darunter, dass meine heile Familie auseinander brach, dass meine Kinder unglücklich waren. Und das einzig und allein durch meine Schuld. Ich … ich hätte Niklas und Marie in dieser Zeit keinen ›neuen‹ Mann an meiner Seite zumuten können. Ich wollte sie nicht auch verlieren. Und Max hätte bestimmt nicht zugestimmt, dass sie bei mir bleiben, wenn du aufgetaucht wärst.« Ihre Augen wanderten unsicher über sein Gesicht. »Kannst du das nicht verstehen, Tom? Wenigstens ein bisschen?«
    Tom riss sich zusammen und nickte. »Doch, irgendwie schon. Es tut mir auch Leid, was hier alles los war – durch meine Schuld. Aber du warst der wichtigste Mensch in meinem Leben, und du solltest wissen, dass ich die Verantwortung für die Kleine sehr gerne eher übernommen hätte und auch in Zukunft eine Rolle spielen möchte.«
    Sie beugte sich zu ihm und schaute ihm in die Augen. In diesem Moment war sie glücklich und traurig zugleich. »Ich weiß, Tom. Aber wie um alles in der Welt wollen wir das hinkriegen? Mit dieser Entfernung zwischen unseren Leben?«
    Ihr Blick hielt ihn fest, als er ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie zärtlich ansah, »Ich weiß, dass wir es schaffen können, glaub mir einfach, mein Herz.«
    Ihre Lippen trafen sich, und Tom schloss die Augen. Zu lange hatte er nur davon träumen können, sie wiederzusehen, sie erneut in den Armen zu halten und zu spüren.
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