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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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fragte Miss Twitterton. «Der mal der Herzog wird?» Miss Twitterton, eine allein stehende Dame in den Vierzigern, war mit den Wimseys schon seit dem Abend ihrer Ankunft in Paggleham bekannt und interessierte sich fast ein bisschen zu sehr für die Familie, was auch diejenigen Mitglieder einschloss, von denen sie nur ein-, zweimal hatte reden hören.
    «Von eben dem. Aber zurzeit ist er lieber schlicht Flying Officer Wimsey. Ich habe mir von ihm sagen lassen, dass bei der R.A.F. jeder mit zupackt, ohne auf Standesunterschiede zu achten. Der Dienstgrad zählt und sonst nichts. Also, Jerry Wimsey, schlicht und einfach.»
    In diesem Moment schlug der Kapellmeister einen Akkord an, und Jerry Wimsey, schlicht und einfach, trat ans Mikrofon, während das behelfsmäßige Orchester – das den Großteil der Blechbläser der Paggforder Heilsarmee umfasste – «Dreamshine» anstimmte. Jerry sang in einem hellen, sehr melodischen Tenor und klang so sehr nach seinem Onkel, dass Harriet innerlich zusammenzuckte.

    Under a shining moon And to a tender tune …

    Harriet sah den Paaren zu, wie sie sich im Foxtrott über die Tanzfläche bewegten und einander wie Liebende umschlungen hielten. Eine Wolke sehnsüchtigen Verlangens umgab sie, was wohl zu gleichen Teilen den Zeiten wie dem jeweiligen Partner geschuldet war.

    … We danced the night away
And at the break of day
We found the world had changed …

    Sie verzehrte sich danach, mitzutanzen – vorausgesetzt, dass Peter sie in den Armen halten würde, Peter, der irgendwo weit weg war und in Gefahr schwebte … Gleichzeitig ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie sich von einem dermaßen abgeschmackten Lied so leicht in Rührung versetzen ließ (aber Jerry sang doch so wundervoll), sodass sie sich zwang, ihre Aufmerksamkeit den Sandwiches und dem Teebehälter zuzuwenden. Das Gefühl des Verlangens zog bei den jungen Leuten offenbar einen Bärenhunger nach sich, denn die Teller leerten sich zusehends. Von den kleinen Maiskuchen, die Mrs. Trapp beigesteuert hatte, war schon nichts mehr da. Und nun ließ sich Harriet auch noch von dieser Versammlung von Erwachsenen anrühren, die wie auf einem Kindergeburtstag in ihre Kuchen bissen – wo doch die Zeitläufte dafür bürgten, dass sich das Fest mit großer Wahrscheinlichkeit als vorgezogene Totenwache für den einen oder anderen unter ihnen herausstellen würde. Insbesondere für diejenigen in Uniform, weswegen man ihnen schwerlich einen Vorwurf machen konnte, wenn sie sich nahmen, was sie konnten – Kuchen oder junge Frauen –, solange sie noch die Gelegenheit dazu hatten.
    «Kleiner Schwenk durch den Saal gefällig, Tante Harriet?» Der gute Jerry hatte das Mikrofon an eine junge Frau mit beträchtlichen Reizen abgetreten und streckte nun ihr die Arme entgegen. Harriet gestattete sich eine Verschnaufpause von ihrer Pflicht, den gummiartigen Früchtekuchen in Scheiben zu schneiden, und ließ sich ins Getümmel führen. Jerry hielt sie ein kleines bisschen zu eng an sich gepresst, drückte seine Wange ein kleines bisschen zu fest an die ihre – der ganze Aufwand sinnlos, wo Peter, den dies hätte treffen sollen, doch nicht da war –, aber Jerry turnte stets gern voll Übermut am Rande des Abgrunds herum.

    One more dance before we part …
    Sängerin samt Kapelle übertönte mit einem Mal ein furchtbar kakophonisches Heulen, das auf unerträgliche Weise zwischen zwei Noten hin- und herpendelte. Der Luftalarm! Das Spiel der Kapelle löste sich holpernd in einzelne Töne auf und versiegte. Die Gesangsstimme kam ins Schwanken und verstummte. Der Kapellmeister übernahm das Mikrofon. «Keine Panik, meine Herrschaften. Wie Sie vermutlich alle wissen, handelt es sich um einen angekündigten Probealarm, um festzustellen, wie lange es dauert, bis jeder unter der Erde angekommen ist. Unsere Freunde in Uniform müssen selbst entscheiden, ob sie sich der Übung der Zivilisten anschließen wollen oder zu ihrem Stützpunkt zurückkehren. Die Tanzveranstaltung hat damit aber leider ihr Ende gefunden. Wenn Sie nun enttäuscht sind, weil Sie um den letzten Walzer gebracht wurden, kommen Sie damit nicht zu mir – beschweren Sie sich beim Luftschutzwart, der nimmt's beim ersten Mal etwas zu genau. Herrschaften, denken Sie an Ihre Gasmasken. Begeben Sie sich ganz in Ruhe entweder in den Keller der Krone oder in die Paggleham-Höhle. Wenn Sie Ihre Kinder bei der Oma gelassen haben, holen Sie sie jetzt ab, so wie Sie es auch bei einem
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