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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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versteh mich richtig, Harriet, nicht, dass ich sagen will, du könntest ohne mich nicht zurechtkommen, selbstverständlich könntest du das, aber …»
    «Mein Karren würde nicht so weiterrumpeln wie zuvor? Ganz sicher würde er das nicht. Eine Welt, in der du fehlen würdest, ist die schlimmste, die ich mir vorstellen kann.»
    «Und deshalb ist mein Tod eine so furchtbare Aussicht für mich. Merkst du, worauf das hinausläuft, Harriet? Wie es zu viel Gewicht bekommt? Kein privater Kummer oder Schrecken ist mehr das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Wenn man einmal Angst davor hat, tot zu sein, ist kein Verlass mehr auf einen. Kommt dieser Augenblick animalischer Angst, trifft sie in deinem Kopf auf einen Kollaborateur. Deine Charakterstärke bekommt einen verhängnisvollen Knacks. Eine heimliche Stimme, die zu dir sagt: ‹Frau und Kinder brauchen dich.›»
    «Ja, wir brauchen dich. Ganz furchtbar. Lebendig und bei uns, am liebsten. Aber vor allem als dich selbst.»
    «Und wenn mein Selbst ein verängstigtes Häufchen Elend wäre, das versucht, um jeden Preis seine Haut zu retten?»
    «Du glaubst, dann würde ich dich nicht mehr lieben? Die Lieb ist Liebe nicht, die schwankend wird, schwankt unter ihr der Grund – und der käme dann ins Schwanken, Peter. Du magst dir in finsteren Momenten noch so schlecht vorkommen, auf mich wirkst du nicht verängstigt und nur auf Selbsterhaltung bedacht.»
    «Du weißt ja nicht, was noch vor kurzem in mir vorgegangen ist.»
    «Peter, als du die Münze geworfen hast, um zu entscheiden, wer von euch beiden den sichereren Weg heim nehmen würde, du oder Bunter – welche Seite lag da oben?»
    Er zeigte ihr mit einem Mal ein schuldbewusstes Grinsen, einen Gesichtsausdruck, der unheimlich dem Bredons ähnelte, wenn sie ihn dabei erwischte, wie er statt einem Keks gleich zwei aus der Dose nahm.
    «Gott, Harriet, du bist ein strenger Vorgesetzter. Du lässt mir wirklich nicht viel durchgehen, was?» «Ich kenne dich mittlerweile ziemlich gut», sagte Harriet.
    «Wirst du mich lieben und tragen? Wirst nicht wandeln dich, noch schwanken, noch bereun?» «Ganz sicher nicht. Aber mir sagt das Zitat nichts. Was ist es?»
    «Shelley», sagte Peter. «Ich habe es neulich Abend gelesen, und es schien mir außerordentlich gut auf unsere Zeit zu passen.» Er nahm das Buch aus dem Regal, fand darin die Stelle und legte es geöffnet in Harriets Schoß. Er beugte sich über ihre Schulter, ließ seine Hand leicht auf der ihren ruhen, und sie lasen gemeinsam:

    Leid tragen, das die Hoffnung endlos macht; Unrecht verzeihn, dunkler als Tod und Nacht; Trotzen der Macht in ihrer Allmacht Schein; Lieben und tragen; hoffen, bis sich baut Hoffnung aus eigenen Trümmern, was sie schaut; Nicht wandeln sich noch schwanken, noch bereun: Dies heißt, Titan, wie deiner Glorie Schein Groß, gut und fröhlich, frei und herrlich sein; Und das ist Lieben, Freude, Herrschaft, Sieg allein. Honoria Lucasta, Herzoginwitwe von Denver, an ihre amerikanische Freundin Cornelia, verehelichte Lambert B. Vander-Huysen, in New York.

    Bredon Hall,
Duke's Denver, Norfolk
6. Juni 1940

    Liebe Cornelia,
    vielen Dank für deinen lieben Brief, der so voller Sor ge um uns war. Wie du sicher noch in den Zeitungen lesen wirst, gibt es schreckliche Neuigkeiten. Wir mussten Norwegen räumen, und gerade hat sich das britische Expeditionsheer aus Frankreich zurückgezo gen. Wir sind alle so dankbar, unsere Jungs – und ei ne Menge französischer Jungs dazu – wieder in Eng land zu haben, und so stolz auf all die Menschen mit ihren kleinen Booten, die sie für uns heimgeholt ha ben, dass die Stimmung bei weitem nicht so düster ist, wie du vielleicht denkst. Die Menschen sind auf ei genartige Weise sogar erleichtert. Sie sagen: «Schön, jetzt sind wir also auf uns selbst gestellt, und es hängt von uns ab, dann müssen wir eben sehen, wie wir damit fertig werden.» Peter sagt, Kriege werden nicht durch Rückzüge gewonnen, wie ruhmreich die auch sein mögen, und meine Tochter Mary sagt, die Laza rettzüge mit den Verwundeten hätten einen schreckli chen Anblick geboten. Am Krankenhaus St. Bartholo mew hat sie Krankenschwestern gesehen, die auf der Straße standen und weinten, bevor sie wieder auf ihre Station zurückkehrten. Aber wir hören alle Churchill im Radio zu, um die Stimmung nicht absacken zu las sen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass wir etwa hungern müssten (obwohl wir das Lebensmit telpaket, das du uns
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