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Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten

Titel: Wimsey 07 - Fünf falsche Fährten
Autoren: Dorothy L. Sayers
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nicht für zwei Pfennige um irgend jemand andern, wenn Farren das doch nur sähe. Er, Campbell, wußte es so gut wie jeder andere. Er wollte nichts Unrechtes. Er wollte nur, wenn er müde und verbittert und seiner eigenen, ungemütlichen vier Wände überdrüssig war, hingehen können und sich zwischen dem kühlen Grün und Blau in Gilda Farrens Wohnzimmer vom Anblick ihrer schlanken Schönheit, vom wohltuenden Klang ihrer Stimme trösten lassen. Und Farren, mit nicht mehr Verstand und Phantasie als ein Bulle, mußte da hereinplatzen, den Zauber zerstören, seine eigenen schmutzigen Schlüsse aus der Situation ziehen, die Lilien in Campbells Garten der Zuflucht zertrampeln. Kein Wunder, wenn Farrens Landschaften aussahen wie mit der Axt gemalt. Feingefühl besaß dieser Mensch ja überhaupt keins. Seine Rot- und Blautöne taten einem in den Augen weh, und er sah das Leben nur in Rot und Blau. Wenn Farren sterben würde, jetzt, wenn jemand seinen Stiernacken zwischen die Hände nähme und zudrückte, bis seine starren blauen Bullenaugen so groß waren wie – er lachte – wie Bullaugen – ein herrlicher Witz. Wie gern würde er den jetzt bei Farren anbringen und sehen, wie er darauf reagierte!
    Farren war ein Teufel, ein Vieh, ein Tyrann, dessen «Künstlertemperament» nur rohe Unbeherrschtheit war! In Farrens Nähe gab es keinen Frieden. Frieden gab es überhaupt nirgendwo. Wenn er jetzt nach Gatehouse kam, wußte er schon, was ihn dort erwartete. Er brauchte nur aus dem Schlafzimmerfenster zu sehen, wo Jock Graham direkt vor seinem Haus wieder die Angel auswerfen würde – einzig und allein, um ihn zu ärgern. Warum konnte Graham ihn nicht in Ruhe lassen? Oben bei den Dämmen angelt sich’s viel besser. Nichts als Schikane, das Ganze. Und es hatte auch keinen Zweck, zu Bett zu gehen und einfach keine Notiz davon zu nehmen. Sie würden ihn im frühen Morgengrauen wecken, an sein Fenster hämmern und ihm zubrüllen, wieviel sie gefangen hatten – manchmal verhöhnten sie ihn sogar noch, indem sie eine Forelle als «Geschenk» auf der Fensterbank zurückließen, ein mickriges Fischlein, nicht größer als eine Elritze, das sie von Rechts wegen wieder ins Wasser hätten werfen müssen. Er hoffte nur, Graham würde eines Nachts auf den Steinen ausrutschen, Wasser in die Stiefel bekommen und mitten zwischen seinen infernalischen Fischen ersaufen. Was ihn dabei am meisten wurmte war, daß diese allnächtliche Komödie sich unter den ergötzten Augen seines Nachbarn Ferguson abspielte. Seit dem Theater mit der Gartenmauer war dieser Ferguson einfach nicht mehr zu ertragen.
    Gewiß, es stimmte ja, daß er beim Zurücksetzen gegen Fergusons Mauer gefahren war und ein Steinchen oder auch zwei gelockert hatte, aber wenn Ferguson seine Mauer anständig in Schuß gehalten hätte, wäre überhaupt nichts passiert. Dieser große Baum in Fergusons Garten hatte sein Wurzeln unter der Mauer durchgeschoben und das Fundament zerstört, und obendrein ließ er auch noch seine Schößlinge in Campbells Garten sprießen. Andauernd mußte er diese widerlichen langen Dinger ausreißen. Es hatte einfach niemand das Recht, Bäume unter Mauern anzupflanzen, daß sie schon umfielen, wenn man sie nur antippte, und dann für die Reparatur auch noch solch horrende Summe zu verlangen. Er würde Fergusons Mauer nicht reparieren! Da konnte Ferguson eher schwarz werden.
    Er knirschte mit den Zähnen. Wenn er doch nur herauskönnte aus diesem erstickenden Kleingezänk, nur einmal einen von ihnen so richtig vor die Fäuste bekäme! Hätte er doch wenigstens diesem Waters das Gesicht zu Brei geschlagen – sich gehenlassen –, einmal alle Wut herausgelassen, er würde sich jetzt besser fühlen. Er konnte ja auch jetzt noch zurückfahren – oder weiterfahren –, das war egal, und sich irgend jemanden so recht nach Herzenslust vorknöpfen.
    Er war so tief in Gedanken gewesen, daß er das Nahen des Wagens nicht gehört, seine auf- und abblinkenden, den Windungen der Straße folgenden Lichter nicht gesehen hatte. Das erste, was er hörte, war das Quietschen der Bremsen, dann eine wütende Stimme:
    «Was machen Sie da, Sie Hornochse! Mitten auf der Straße stehenzubleiben, und direkt in der Kurve!» Und als er sich umdrehte, die Augen zusammengekniffen im grellen Licht der Scheinwerfer, um sich dieser neuen Attacke zu stellen, hörte er dieselbe aufgebrachte Stimme, jetzt fast triumphierend, sagen:
    «Campbell! Natürlich. Das hätte ja auch gar
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