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Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
Autoren: Juergen Kehrer
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verabreden, oder haben Sie freiwillig als Lockvogel gedient?«
    Sie schwieg.
    Auf dem Kai stoppte ein Polizeiwagen. Die hintere Tür öffnete sich und Niemeyer stieg aus.
    »So war es nicht«, sagte Felizia gepresst.
    »Wie war es dann?«
    »Es stimmt, sie hatten mich in ihrer Gewalt. Die angebliche Übergabe von belastendem Material, das mir einer der Rentner versprochen hatte, war eine Falle gewesen. Ich saß in Everskirchen fest. Aber nicht ich habe Thomas angerufen, sondern sein ehemaliger Agentenführer. Ich war lediglich dazu ausersehen, ihm ein Angebot zu unterbreiten.«
    »Wie lautete das?«
    »Thomas sollte Sie zurückpfeifen und Regina ausliefern. Dann würde ihm und mir nichts geschehen. Vorausgesetzt natürlich, wir wären beide bereit gewesen, bis an unser Lebensende den Mund zu halten.«
    »Und?«
    »Die alten Säcke hatten keine Ahnung, dass ich Regina in New York besucht hatte und seit einem Jahr weiß, dass sie meine Mutter ist.« Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Ich habe Thomas geraten, das Angebot nicht anzunehmen. Ich wollte, dass er stirbt.«
    Das Boot legte an. Zwei Männer sprangen von Bord und banden den Kahn mit Seilen fest.
    »Müssen Sie das Letzte der Polizei erzählen?«, fragte Felizia.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich.
    Wir kletterten ebenfalls an Land. Niemeyer trat auf uns zu. »Sie wollen sicher sofort zu Ihrer Mutter«, wandte sie sich an Felizia. »Der Polizeiwagen bringt Sie hin. Über alles andere können wir später reden.«
    »Danke.« Felizia lief zum Wagen und winkte mir noch einmal kurz zu, bevor sie einstieg.
    »Und Sie?«, fragte Niemeyer lächelnd.
    »Was ist mit mir?«
    »Haben Sie auf Suomenlinna eine Sekunde lang darüber nachgedacht, ob das, was Podzey erzählte, richtig sein könnte?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Und warum nicht?«
    »Weil Sie mir einfach sympathischer sind.«

Münstersche Nachrichten

    RÄTSEL UM POLIZEIAKTION IN EVERSKIRCHEN

    Bei einer groß angelegten Polizeiaktion wurden gestern mehrere Häuser einer Siedlung im Ochtruper Stadtteil Everskirchen durchsucht. Dem Vernehmen nach handelt es sich um die Häuser ehemaliger hoher Staatsbediensteter, darunter eines Innenstaatssekretärs und eines Vizepräsidenten des Verfassungsschutzes.
    Neben rund fünfzig Polizeibeamten aus Münster und Düsseldorf waren auch mehrere Staatsanwälte einer direkt dem Innenminister zugeordneten Sonderermittlungsgruppe im Einsatz. Oberstaatsanwalt Dr. Joachim Herbst, der Leiter der Ermittlungsgruppe, sagte gegenüber der Presse, seine Leute arbeiteten seit längerer Zeit an ungeklärten Mordfällen und anderen Straftaten aus den Achtziger- und Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts, die Mitgliedern der sogenannten dritten Generation der RAF zugeschrieben würden. Es bestehe der dringende Verdacht, so Herbst weiter, dass die Aktionen der RAF von maßgeblichen Repräsentanten der Ermittlungsbehörden wenn nicht angestiftet, doch zumindest toleriert oder nicht im notwendigen oder möglichen Maße aufgeklärt worden seien. »Platt gesagt: Sie haben sich schützend vor die RAF gestellt«, so Herbst wörtlich. »Mir ist klar, dass ein solcher Verdacht wie ein Schock wirken muss, aber wir würden nicht an die Öffentlichkeit treten, wenn wir nicht zahlreiche Beweise hätten, mit denen wir ihn begründen können.« Die Hausdurchsuchungen in Everskirchen, deren Ergebnisse noch abgewartet werden müssten, sollen helfen, letzte offene Fragen zu klären. »Wir werden das jetzt durchziehen und die Verantwortlichen vor Gericht bringen«, erklärte Herbst am Ende seiner Ausführungen, »denn eines möchte ich ganz deutlich machen: Der Rechtsstaat hat sich nicht korrupt verhalten. Einzelne, obgleich wichtige seiner Mitglieder haben mit kriminellen Methoden versucht, ihre eigene und die Bedeutung ihrer Behörden zu steigern und sich persönlich zu bereichern. Aber die Demokratie und der Rechtsstaat als solcher waren nie gefährdet.«
    Demgegenüber bezweifelte der Vertreter der Everskirchener Anwohner, der münstersche Rechtsanwalt Ludger Schulze-Rüschhoff, die Rechtsgrundlage der Hausdurchsuchungen. Was die Düsseldorfer Staatsanwälte vorgelegt hätten, so Schulze-Rüschhoff, sei mehr als dürftig. Mit so einer Beweislage ließe sich nicht einmal ein Fahrraddieb überführen. Bis jetzt wisse er nur von haltlosen Vermutungen, die auf den Aussagen einer Terroristin und ihrer Tochter beruhten, denen es offenbar darum ginge, den eigenen Hals zu retten. Statt sauber zu ermitteln
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