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Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
Autoren: Juergen Kehrer
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Prachtboulevard in der Innenstadt Helsinkis. Das Zetor gehörte angeblich Bandmitgliedern der Leningrad Cowboys. Die originelle Innenausstattung mit vier Oldtimern der gleichnamigen tschechischen Traktorenmarke und die gesalzenen Preise sprachen dafür, dass es stimmte.
    Wir bestellten Rentiergulasch mit Kartoffelpüree und Bier, das so viel kostete wie anderswo Champagner. Niemeyer hob ihr Glas, um mit mir anzustoßen.
    »Eine Sache geht mir schon länger durch den Kopf«, sagte ich.
    Sie runzelte die Stirn. »Und welche?«
    »Haben Sie eigentlich einen Vornamen?«
    Zum ersten Mal hörte ich sie lachen. Ein kleines, meckerndes, fieses Lachen, das ich ihr nicht zugetraut hätte.
    »Susanne.«

XIX
    »Ich bin’s«, sagte die Stimme an meinem Ohr. »Sind Sie in Helsinki?«
    Ich richtete mich auf. Mein Wecker zeigte sieben Uhr dreißig an. »Ja. Und Sie?«
    »Ich auch. Wie ist es gelaufen?«
    »Niemeyer war im Flughafen.«
    »Habe ich Ihnen doch prophezeit«, sagte Regina Fuchs. »Aber Sie wollten ja nicht auf mich hören.«
    »Sie hatten recht und ich nicht.« Ich stand auf und trat ans Fenster. Draußen war es nebelig. Die Straßenlaternen steckten in Bergen von Zuckerwatte und die Neonschriften des Einkaufszentrums auf der anderen Straßenseite verschwammen zu einer bunten Farbsuppe. »Letztlich war es nicht schlecht, dass Niemeyer mich abgefangen hat. Immerhin weiß ich jetzt, dass einem der Rentner aus Everskirchen ein Haus in Helsinki gehört.«
    »Das hat sie Ihnen einfach so erzählt?«
    »Ja. Sie ist hier, um mit der finnischen Polizei den Einsatz zu koordinieren.«
    »Wo steht das Haus?«
    »Ich denke, wir sollten das den Finnen überlassen.«
    »Scheiße, Wilsberg!«, fuhr mich Fuchs an. »Die Niemeyer hat uns schon zwei Mal gelinkt. Ich werde einen Teufel tun und mich auf sie verlassen, wenn es um das Leben meiner Tochter geht. Also sagen Sie mir, wo das verdammte Haus steht!«
    Es klopfte an der Zimmertür.
    »Moment«, flüsterte ich ins Handy. Und laut: »Ja?«
    »Ich gehe zum Frühstücksraum«, drang Niemeyers Stimme durch das Holz.
    »Okay«, rief ich. »Ich komme gleich nach.«
    Ich wartete einige Sekunden und sagte dann zu Fuchs: »Eine Bedingung. Ich komme mit.«
    Sie stöhnte. »Meinetwegen. Wie lange brauchen Sie, um Niemeyer loszuwerden, ohne dass sie etwas merkt?«
    »Eine Stunde. Dann fährt sie zu einer Besprechung ins Innenministerium.«
    »Okay.«
    »Wir sollten uns in der Nähe des Hafens treffen«, schlug ich vor.
    Fuchs dachte nach. »Am Kauppatori, das ist der Marktplatz direkt am Wasser, steht eine alte Markthalle. Ich warte drinnen auf Sie.«

    Die Markthalle war ein rot-weißer Backsteinbau mit dem Charme vergangener Jahrhunderte, der vor allem die Touristen anzog, die sich im Dezember nach Helsinki verirrt hatten. An den Markständen und vielen kleinen Imbissbuden mischten sich alle möglichen Sprachen und Hautfarben.
    Ich schob mich durch das Gedränge, bis ich Regina Fuchs in einer Kaffeebar entdeckte, deren Besitzer sich Bob nannte und Wert auf britisches Flair legte.
    Fuchs trug einen Kunstpelzmantel und eine Fellmütze aus dem gleichem Material und war geschminkt wie eine Russin auf Urlaub.
    »Schwitzen Sie nicht?«, fragte ich, als ich mich neben sie setzte.
    »Nie. Sie kommen eine Viertelstunde zu spät.«
    »Ich habe noch mit Niemeyer am Frühstückstisch geplaudert.«
    »War es nett?«
    »Ich glaube, Sie schätzen sie falsch ein. Dass unser Versteck im Teutoburger Wald aufgeflogen ist, war nicht ihre Schuld.« »Mir doch egal, ob ich mich irre«, sagte Fuchs mürrisch. »Ein Bulle bleibt ein Bulle. Also, wo ist das Haus?«
    »Auf Suomenlinna.«
    »Der Festungsinsel?«
    »Wie weit ist es bis dahin?«, fragte ich.
    »Mit der Fähre zwanzig Minuten.« Fuchs legte ein paar Euromünzen auf den Tisch und stand auf. »Suomenlinna besteht aus sechs kleinen Inseln, die durch Brücken miteinander verbunden sind. Der größte Teil war früher eine Festung, die erst den Schweden, dann den Russen und schließlich den Finnen gehörte. Heute ist das Ganze ein Museum.«
    Ich folgte Fuchs durch das Gewühl nach draußen. Als die Markthalle hinter uns lag, sagte ich: »Museen kann man nicht kaufen. Es muss dort noch etwas anderes geben.«
    »Gibt es auch.« Fuchs ging mit schnellen Schritten am Hafenbecken entlang. »Beeilen Sie sich! Dann erwischen wir die Fähre noch.«
    Etwa fünfhundert Meter vor uns lag ein weißes Fährschiff an einem Anlegesteg. Die Passagiere gingen bereits an
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