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Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation

Titel: Wilsberg 17 - Wilsberg und die dritte Generation
Autoren: Juergen Kehrer
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Bord.
    Gleich nachdem wir Tickets gekauft und das Boot betreten hatten, legte es ab. Fuchs stützte sich auf die Reling. »Im achtzehnten Jahrhundert war Suomenlinna größer als das Stadtgebiet von Helsinki. Auf einer der Inseln, der Iso Mustasaari, leben noch heute rund tausend Menschen. Feli muss auf Mustasaari sein.«
    »Sie kennen sich gut aus.«
    »Ich habe mal zwei Jahre hier gelebt.« Fuchs zuckte mit den Achseln. »Helsinki ist nicht das Schlimmste, was einem passieren kann.«
    Winzige Inselchen, nicht mehr als Felsbrocken, die ein paar Meter über die Meeresoberfläche ragten, mit ein oder zwei Holzhäusern dekoriert, glitten zu beiden Seiten der Fahrrinne vorbei.
    »Nur mein Finnisch ist ziemlich dürftig«, sagte Fuchs. »Finnisch ist die schwierigste Sprache, die ich kenne.«
    »Was haben Sie hier gemacht?«
    Sie drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Geländer. »Ich bin wegen eines Mannes hergekommen. Er besaß eine Werbeagentur und ich habe ein bisschen bei ihm gejobbt. Es war eine gute Zeit, alles in allem. Zwei- oder dreimal im Monat hat er gleich nach dem Aufstehen angefangen zu saufen. Unterhosenrausch nennen sie das hier. Die Finnen trinken dann, bis sie vom Stuhl fallen. Eines Tages ist er mit ein paar Freunden zum Eisangeln in den Norden gefahren. Sie waren natürlich permanent betrunken. Mein Freund ist ins Wasser gefallen und unter die Eisplatte geraten. Als sie ihn endlich herausgezogen hatten, war er tot.« Sie schaute in die Fahrtrichtung und streckte die Hand aus. »Da vorn ist Suomenlinna.«
    Ich sah eine flache grüne Insel mit vielen Bäumen. »Kennen Sie auch Geschichten mit einem positiven Ende?«
    »Nerven Sie mich nicht, Wilsberg! Meinem Mädchen wird nichts passieren. Es darf ihr nichts passieren!«
    »Sind Sie bewaffnet?«
    »Natürlich.« Sie steckte beide Hände in die Taschen ihres Pelzmantels. »Im Winter ist auf Suomenlinna nicht viel los. Da fallen Deutsche bestimmt auf. Ich werde einfach herumfragen, bis ich einen Tipp bekomme.«
    Das Schiff legte in Mustasaari an und wir stiegen zusammen mit zwanzig anderen Passagieren aus. Oberhalb des Kais erstreckte sich ein längliches, kasernenartiges Gebäude mit einem Torbogen in der Mitte. Links vom Torbogen befand sich ein Museum, rechts ein Café. Wir gingen rechts herum, zum Eingang des Cafés. Fuchs wollte sofort mit ihren Erkundigungen beginnen. Ich blieb draußen und steckte mir einen Zigarillo an.
    Nach fünf Minuten war Fuchs immer noch im Café. Ich trat den Zigarillo aus und drückte die Tür auf. An den Tischen saßen nur wenige Gäste, Fuchs gehörte nicht dazu. Ich fragte die Kellnerin auf Englisch, ob sie wisse, wo meine Freundin hingegangen sei. Die Frau deutete stumm zu den Toiletten.
    Obwohl ich ahnte, dass es zwecklos sein würde, überprüfte ich die Damentoilette. Die Kabinen waren leer. Hinter den Toilettentüren stieß ich auf einen weiteren Ausgang. Ich hastete durch einen kahlen, weiß gekalkten Gang und stand dann in dem Torbogen. Fuchs hatte mich abgehängt.
    Ich fluchte lautlos und machte mich auf einer der beiden Straßen, die ich zur Auswahl hatte, ins Innere der Insel auf. Wahrscheinlich glaubte Fuchs, dass ich ihr bei dem, was sie vorhatte, hinderlich sein würde. Aber ich hatte bei der Suche nach Felizia Sanddorn eine Menge eingesteckt und war viele Risiken eingegangen. Da wollte ich am Ende nicht in die Zuschauerrolle wechseln. Das konnte Fuchs nicht mit mir machen.
    Wütend pilgerte ich an einigen trostlosen Mietshäusern und einem verlassenen Kinderspielplatz vorbei. Suomenlinna schien kein Ort zu sein, an dem man gerne überwinterte.
    Als ich nach zehn Minuten das Ende des bewohnten Teils erreicht hatte und zu einer Brücke kam, die Mustasaari mit einer der Festungsinseln verband, drehte ich um. Und prallte
    gegen einen finnisch aussehenden Mann.
    »Go on!«, sagte der Mann.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich Lust hatte, mir von dem Typen etwas befehlen zu lassen.
    »Go on!«, wiederholte der Mann und hob seinen Zeigefinger.
    »And if not?«
    Er zückte einen Ausweis der finnischen Kriminalpolizei. »Go on!«
    Gleich hinter der nächsten Biegung stand ein modernes Museumsgebäude. Der Mann blieb hinter mir und achtete darauf, dass ich den Eingang nicht verfehlte.
    Im Foyer schaute ich mich um. Ein riesiges, maßstabgetreues Modell von Suomenlinna dominierte den Raum. Susanne Niemeyer wirkte daneben fast klein.
    »Ist sie hier?«, fragte Niemeyer.
    »Wer?«
    »Verarschen Sie mich
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