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Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt
Autoren: Juergen Kehrer
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Gehirnwindungen angekommen, und etwas nachdenklicher setzte er hinzu: »Bei der Stadtkämmerin Rausch? Das ist ja interessant. Komm, lass uns in der Kantine einen Kaffee trinken!«
    Bevor ich widersprechen konnte, schob er mich in den Aufzug. Stürzenbecher grinste anzüglich. »Knellbusch und du, ihr habt euch sicher prächtig unterhalten?«
    »Lieber würde ich einen ganzen Tag die Herrentoilette im Hauptbahnhof schrubben.«
    »Der gute Knelli ist schon ein Problem. In einigen Abteilungen hat er sich als völlige Niete erwiesen. Jetzt darf er irgendwelche Innendienst-Lappalien erledigen.«
    »Ihr solltet ihn zur nächsten Schießerei mit der polnischen Mafia als Schutzschild mitnehmen.«
    Stürzenbecher lachte. »Das wäre einigen im Haus gar nicht so unrecht.«
    Wir betraten die Kantine und zogen uns jeweils eine Tasse Kaffee.
    »Du trinkst Kaffee?«, staunte ich.
    »Ja, meinem Magen geht’s ausgezeichnet. In meinem Privatleben hat sich einiges verändert.«
    »Du hast dich mit deiner Frau ausgesöhnt?«
    Er errötete. »Nein.«
    »Also eine Freundin?«
    Er errötete stärker. »Nicht so laut, Wilsberg!« Flüsternd fügte er hinzu: »Sie ist meine Sekretärin. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal so verlieben kann.«
    »Ich war schon immer der festen Überzeugung, dass es einen Sex jenseits der fünfundvierzig gibt.«
    Wir setzten uns an einen blank geputzten Tisch mit Chrombeinen. Von der Kantine des Polizeipräsidiums aus hatte man einen hervorragenden Blick auf Marienthal, die größte psychiatrische Klinik der Stadt.
    »Dafür, dass du einen Doppelmord aufzuklären hast, machst du einen ganz entspannten Eindruck«, konstatierte ich.
    »Man hat mir die Leitung der Ermittlungen weggenommen. Seit heute Morgen ist LKA-Oberrat Lewandowski der Chef der Sonderkommission. Er hat ein paar von seinen taffen Jungs mitgebracht. Weißt du, diese LKA-Typen kommen sich unheimlich toll vor. Ein Provinz-Hauptkommissar ist allenfalls dazu gut, belegte Brötchen heranzuschaffen.«
    »Ärgert dich das nicht?«
    »Überhaupt nicht. Das ist einer der schofelsten Fälle, mit denen ich je zu tun hatte. Da gibt’s zwar eine Menge Lorbeeren zu ernten, aber genauso schnell kann es dir passieren, dass du gesteinigt wirst. Und diese Rolle überlasse ich lieber Lewandowski.« Stürzenbecher beugte sich vor und senkte die Stimme: »Meiner Meinung nach ist der Täter ein Spinner, vollkommen verrückt. Der kann noch ein paar Mal zuschlagen. Und was dann? Dann will die Öffentlichkeit einen Sündenbock opfern. Und Tschüs, Herr Lewandowski!«
    »Und was meint Lewandowski dazu?«
    »Lewandowski ist ein Politiker. Der denkt nach dem alten Bürgerkriegsschema. Für ihn ist klar, dass die Täter linke Terroristen sind, revolutionäre Zellen oder so was. Die killen Grünen-Realos, weil sie sie für Verräter halten.«
    »Wäre doch möglich, oder?«
    »Möglich schon, aber wenig wahrscheinlich. Politische Täter sind mediengeil. Die können niemanden umbringen, ohne hinterher auf mindestens zehn Seiten herumzusülzen, warum es notwendig war, dass das Opfer sein Leben vorzeitig beenden musste. Und hier? Kein Bekennerschreiben, kein Anruf, nicht einmal eine mit Blut geschriebene Nachricht neben den Opfern.«
    »Und was ist mit dem Kappenstein-Projekt? Rausch hat dir doch davon erzählt.«
    »Ja. Und ich hab’s Lewandowski erzählt. Das war natürlich Wasser auf seinen Mühlen. Trotzdem, ich bin davon überzeugt, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.«
    »Warum seid ihr eigentlich so sicher, dass zwischen den Morden ein Zusammenhang besteht? Es könnte purer Zufall sein, dass beide Opfer Mitglieder der Grünen waren.«
    »Wegen des MO.«
    »Was ist das?«
    »Der Modus Operandi des Mörders. Ein besonderes Merkmal, das nur der Täter und wir kennen. Vom MO erfahren die Medien nichts. Mal angenommen, ein Serientäter hat die Angewohnheit, seinen Opfern ein Kreuz auf die Brust zu ritzen. Stoßen wir auf eine frische Leiche mit geritztem Kreuz, wissen wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass unser Mann wieder zugeschlagen hat. Auf diese Weise lassen sich falsche Geständnisse und Trittbrettfahrer aussortieren.«
    »Und was ist der MO bei Hennekamp und Dietzelbach?«
    »Darf ich dir nicht sagen.«
    »Komm schon!«, drängte ich.
    Stürzenbecher schüttelte den Kopf. »Keine Chance, Wilsberg. Falls Lewandowski erfährt, dass ich dir den MO verraten habe, versetzt er mich als Aufbauhelfer nach Bosnien.«
    »Gibt es
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