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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition)
Autoren: Lucia Hodinka
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die er sich nicht hätte merken können bis ins letzte Detail, Willküra aber sicherlich schon. Das kannte er nämlich gut, dass Frauen sich die aus seiner Sicht unwichtigen Details, also das nur schmückende Beiwerk seiner Geschichten, das eigentlich nur dazu gedacht war, die ungereimten Stellen ein bisschen zu kitten, und deshalb sofort vergessen werden sollten, dass Frauen sich also genau die Stellen bestens merkten, und in einem Moment der Überraschung wieder hervorholten, um die Glaubwürdigkeit seiner Geschichten, und damit die seiner selbst zu unterminieren.
    Bevor er sich also hier vor Willküra in ein unglaubwürdiges Szenario verrennen würde, das ihn ja nur zu Unrecht unglaubwürdig hätte erscheinen lassen, hatte er ihr einfach alles erzählt.
    »Und, wie ist sie so?«, fragte Willküra weiter.
    »Sie ist eine nette Person. Aber wir müssen doch jetzt nicht über die Kursleiterin sprechen, oder?«
    Warum wollten Frauen immer im Detail von ihm wissen, wie die Frau war, der sie in seiner Beziehungsreihe folgten? Er überlegte. Naja, eigentlich wollten Männer das wohl auch gerne wissen, also er zumindest, aber er fragte halt nicht so penetrant.
    Willküra ließ für den Moment vom Thema ab und schaute wieder auf das Bild, das unverändert den Hintereingang des Schlosses, den Weg von dort zur Blende, die Blende, den Weg von der Blende zum Geheimen Weg und Teile des Geheimen Bereichs zeigte.
    »Das heißt also, wir warten nur ab, bis die Punkte auf dem Bildschirm wieder leuchten, beziehungsweise die Figuren wieder auftauchen, und dann können wir sie beobachten und im richtigen Moment zuschlagen?«
    Gerolat nickte.
    ‚Geheimer Bereich’, dachte Willküra, Respekt, Fürchtedich IX., nicht schlecht!
    Das hätte sie ihm nie zugetraut. Fast fand sie es ein wenig schade, dass sie ihn bisher so unterschätzt hatte. Denn sie hätten vielleicht doch gemeinsam ein wundervolles, gleichberechtigtes Willkürherrscherpaar abgegeben. Aber dafür war es jetzt zu spät. Er hatte ihr den Krieg erklärt, und das noch nicht mal offen.
    So ein Feigling, dachte sie nun, und freute sich auf den Moment, in dem ihm klar werden würde, dass natürlich sie die Siegerin dieses Kampfes war.
    »Ich krieg euch alle, und ich mach euch fertig«, sagte sie entschlossen.
    »Tisch, halt dich jederzeit zur Eliminierung bereit!«, befahl sie und stellte sich in Pose, die Decke immer noch als Herrschermantelersatz um sich haltend. Sie stieg auf den Stuhl und Gerolat klatschte ihr Beifall.
    »Legt euch nicht mit Willküra an!«

106
     
    Ich habe eine seltsame Truppe hinter mir, dachte der Willkürherrscher. Meine schwangere Verlobte, die ein bisschen wehleidig ist, die seltsame Kursleiterin, die bestimmt gleich ihre Ohrenschützer rausholt, wenn es ihr zu viel wird, Fürchtedich IX., der am Ende seiner geistigen Möglichkeiten ist, vielleicht auch seiner körperlichen, und Raja, die mir nicht ganz geheuer ist.
    Es kam ihm surreal vor, dass er soeben noch im Neutralen Raum gesessen hatte, auf einem Kirschblüten-Blob, und sich mit Jamel und General Faulidös Witze erzählt hatte, und jetzt, nur kurze Zeit später, einen Marsch auf Willküra startete. Nur weil seine Schwester scheinbar doch so durchgedreht war, wie er es nie hatte zugeben wollen, und seinen, den Willkürherrschaftlichen Staat gerade von Grund auf änderte.
    Der Weg nach oben zum Schloss war sehr steil. Kaum jemand nutzte ihn in dieser Richtung, da es zu anstrengend war. Sie alle keuchten schon ein wenig, aber sie hatten keine Wahl. Wenn sie so lang wie möglich unbemerkt bleiben wollten, mussten sie im Geheimen Bereich bleiben.
    Es war dem Willkürherrscher schleierhaft, wie Fürchtedich IX. diesen Geheimen Bereich programmiert hatte. Er selbst sollte sich vielleicht auch viel mehr Fähigkeiten aneignen, damit er ein guter Herrscher sein konnte, der jede Gefahr selbst abhalten könnte, dachte er. Wie es aussah, war es nämlich gar nicht schlecht, wenn man sich nicht auf andere Leute verlassen musste, sondern selbst in allen Bereichen bestens Bescheid wusste.
    Daran werde ich bald arbeiten, dachte er optimistisch. Wenn ich überhaupt Willkürherrscher bleibe, dachte er dann pessimistisch.
    Wir schaffen es, wir schaffen es nicht, wir schaffen es, wir schaffen es nicht, so ging es im Sekundentakt in seinem Kopf hin und her.
    Viel sprach für ‚Wir schaffen es nicht’, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, was sie überhaupt tun würden, sobald sie das Schloss erreicht
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