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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos
Autoren: Erwin Kohl
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aus.
    »Unterschätze Hornbach nicht. Der Typ ist nicht blöd. Er hat studiert, ist kurz vor der Tat zum Amtsrat befördert worden. Man hat ihn zum Leiter der Personalabteilung befördert. Zuvor war er für die Einstellung von Lehrern verantwortlich, da erhält man Einblicke in die Psyche von Menschen.«
    »Wir behaupten nicht, dass er unschuldig ist. Wir sagen nur, dass er sich merkwürdig verhält. Dafür muss es einen Grund geben und sei es nur Angst vor dem Knast. Warum zum Beispiel ist er so scharf darauf, dass wir nach biologischen Spuren suchen? Er müsste doch wissen, dass ihm das endgültig das Genick brechen würde?«
    Seifert verdrehte die Augen.
    »Weil es keine gibt. Hornbach blufft. Er weiß genau, dass wir ihm solche Beweise längst unter die Nase gelegt hätten. Ich sage euch, der Kerl ist gerissen und ihr seid dabei, auf ihn hereinzufallen.«
    »Mag sein«, Joshua verschwieg den gegenteiligen Eindruck, den er vom Verdächtigen hatte.
     
    Karin und Joshua saßen bereits im Auto. Joshua hielt den Zündschlüssel abwartend in der Hand.
    »Ich würde gerne Hornbachs Familie befragen«, Karin wirkte nachdenklich.
    »Hast du Zweifel an seiner Schuld?«
    »Wir sollen den Fall wasserdicht machen und«, sie zögerte kurz, »um ehrlich zu sein, ganz geheuer ist mir die ganze Angelegenheit nicht.«
    »Okay. Ich gehe zur KT. Sollten sich tatsächlich biologische Spuren am Körper des Opfers befinden, die von Hornbach stammen, ist der Fall wasserdicht.«
    Es fiel ihm schwer, für den ermordeten Kollegen das Wort Opfer zu wählen. Sicher war er das, aber es war ein routinemäßiger Begriff aus dem Alltag, der der besonderen Situation nicht gerecht wurde. Dahlmann wurde zu einem von vielen, würde im Anschluss abgelöst durch den nächsten Fall. Joshua hatte Dahlmann nur flüchtig gekannt, dennoch schmerzte es ihn, in dem Kollegen nicht mehr als einen Gegenstand der Ermittlungen zu sehen. Wie viel schwerer musste es für Seifert sein, der tagtäglich mit Dahlmann den Dienst verrichtet hatte? Karin unterbrach die Gedanken.
    »Das ist auch merkwürdig. Hornbach kann eigentlich nur verlieren. Sollte die DNA identisch sein, ist er dran. Falls nicht, gibt es immer noch die anderen Beweise.«
    »Nicht unbedingt. Es könnten auch Fremdspuren auftauchen.«
    »Und dann? Joshua! Wir müssten eine Speichelprobe seines gesamten Umfeldes einholen, um befreundete Spuren auszuschließen. Das würde bedeuten, du müsstest alle Mitarbeiter der Festung zum Speicheltest bitten, um den mutmaßlichen Mörder ihres Kollegen zu entlasten. Viel Spaß dabei.«
    Joshua gab ihr den Autoschlüssel und stieg aus.
     
     

6
    Trügerische Idylle umgab die kleine Siedlung in Kalkum. Ein Junge fuhr mit einem Gokart die Sackgasse entlang. Er vernahm das Geräusch des Autos und machte einen wilden Schlenker zum Gehweg. Das rötliche Pflaster war an vielen Stellen mit bunter Kreide bemalt. Vor dem Haus der Hornbachs standen drei Frauen am Rand der Straße und unterhielten sich angeregt mit einem jungen Mann, der eine Kameratasche umhängen hatte. Karin parkte den Wagen direkt hinter ihnen, sie drehten sich neugierig um. Als sie den Wagen abschloss, klingelte ihr Handy. Es war ihr Sohn Robin. Er war gerade von der Schule nach Hause gekommen und hatte festgestellt, dass er am Morgen vergessen hatte, den Hausschlüssel mitzunehmen. Robin teilte ihr mit, bei einem Freund in der Nachbarschaft zu warten. Karin ärgerte sich, nach der Trennung von ihrem Mann so wenig Zeit für Robin zu haben. Robin war zwar 16 Jahre alt, seine Schwester Carmen bereits 19, trotzdem überkam sie bei jeder Überstunde ein schlechtes Gewissen.
    Die Damen blockierten den kleinen Weg zur Haustür. Karin bat sie höflich zur Seite.
    »Sie sind sicher die Dame vom Jugendamt. Das wurde auch mal Zeit«, bemerkte eine übergewichtige Frau mit strengem Blick bissig.
    »Warum?«
    »Na, das ist doch kein Zustand für die beiden Kleinen. Allein mit der verzweifelten Mutter. Ein Vater, der ein Mörder ist. So was liegt doch in den Genen, da muss man doch was unternehmen, bevor die Kinder genauso werden.«
    Karin blieb abrupt stehen. Es fiel ihr schwer, die aufkommende Wut zu unterdrücken. Ganz gleich, welche Schuld Hornbach auf sich geladen hatte, die Familie traf mit Sicherheit keine Schuld. Nicht zuletzt durch solche Mitmenschen bekamen sie aber eine Kollektivschuld. Um sie kümmerte sich niemand, für Angehörige von Tätern gab es keinen Opferschutz. Sie waren schutzlos dem Hass
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