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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos
Autoren: Erwin Kohl
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für seinen Seelenfrieden und das innere Gleichgewicht. Ihm schien es bereits verwegen, in einer Jeanshose aus dem Haus zu gehen.
    Während Hornbach die Materialliste in der Jeanstasche verstaute, klingelte es an der Tür. Der Postbote, dachte er.
    Schnell zog er den Zettel aus der Tasche und schrieb noch ›Bilderrahmen DIN A4‹ unten drunter. Es klingelte noch einmal.
    »Ja doch, ich komme ja schon«, brüllte er durchs Treppenhaus.
    Das ging ja schnell. Schmunzelnd fiel ihm der Donnerstagvormittag ein. Bertram Stachelmann, ihr Behördenleiter, hatte in seinem Büro eine kleine Feier arrangiert. Er hatte ihm, wie er es ausdrückte, die Urkunde nicht zwischen Tür und Angel überreichen wollen. Als Stachelmanns Hand nach einer überzogenen Rede in die grüne Mappe glitt, war eine leichte Blässe über sein Gesicht gezogen. Er hatte ausgerechnet die Urkunde vergessen. Vor Peinlichkeit stotternd versprach er Hornbach, ihm die Urkunde umgehend mit der Post zu schicken.
    Es klingelte erneut, diesmal dreimal hintereinander. Hornbach schüttelte den Kopf. Herr Krüger, der grauhaarige, ältere Postbote war eigentlich die Gelassenheit in Person. Sollte er krank sein? In dem Augenblick, als er lautes Klopfen vernahm, riss Hornbach mit einem beherzten Griff die Haustür auf. Vor ihm standen zwei Männer mittleren Alters und drahtiger Figur und blickten ihn streng an. Im Hintergrund sah er den Nachbarn neben dem Auto stehen. Mit dem Schwamm in der Hand winkte er herüber.
    »Guten Morgen, was gibt es denn so Dringendes?«
    »Ich bin Kriminalhauptkommissar Seifert, dies ist mein Kollege, Kriminaloberkommissar Jahn«, sie hielten Udo Hornbach mehr beiläufig ihre Dienstausweise hin, »sind Sie Herr Udo Hornbach?«
    Udo Hornbach zögerte einen kurzen Moment. Bei dem Gedanken, dass Manuela mit den Kindern im Auto unterwegs war, wurden ihm die Knie weich.
    »Ja … ja, das bin ich. Ist etwas mit meiner Frau oder den Kindern passiert?«
    Hornbach spürte kalten Schweiß auf der Stirn. Die gewohnte Fähigkeit, analytisch zu denken, ließ ihn im Stich. Bei einem Verkehrsunfall würde wohl kaum die Kripo erscheinen.
    »Herr Hornbach, Sie sind vorläufig festgenommen. Sie stehen in dringendem Tatverdacht, den Polizisten Klaus Dahlmann ermordet zu haben. Bitte machen Sie keine Schwierigkeiten und begleiten Sie uns.«
    Udo Hornbach wankte. Mit dem ausgestreckten rechten Arm hielt er sich am Türrahmen fest, während Seifert ihn über seine Rechte aufklärte. Danach zog der Polizist Hornbach am Arm nach draußen. Udo Hornbach wähnte sich in einem Albtraum. War das irgendeine ›Versteckte Kamera oder Verstehen Sie Spaß‹-Geschichte? Falls ja, fehlte ihm der nötige Humor dafür.
    »Das muss ein Irrtum sein. Sie müssen sich in der Adresse geirrt haben.«
    Hornbach merkte, wie hilflos er sich anhörte.
    »Das glaube ich kaum«, raunzte Jahn ihm zu.
     
     

2
    Die Hauptkommissare des Düsseldorfer Landeskriminalamtes, Karin Seitz und Joshua Trempe, schrieben Abschlussberichte. Zwei Jahre hatte der Familienvater die Bahn AG erpresst, immer wieder Anschläge vorbereitet. Als der Lokführer eines vollbesetzten ICEs kurz hinter Wesel in letzter Sekunde durch eine Vollbremsung die Katastrophe hatte verhindern können, übergab man dem LKA den Fall. Nach drei Monaten konnten sie den Täter während einer fingierten Geldübergabe stellen. Der ehemalige Mitarbeiter eines Landmaschinenherstellers aus dem niederrheinischen Alpen hatte sich nach seinem Rausschmiss hoffnungslos überschuldet.
    Ihr Kollege Daniel van Bloom hatte einen Tag Urlaub eingereicht, er wollte seiner Freundin helfen, den Umzug vorzubereiten. Gegen 10 Uhr betrat Staatsanwalt Bornmeier das Büro der Polizisten. Joshua begrüßte ihn verwundert. Es kam selten vor, dass ihr Boss sie persönlich aufsuchte. Im Schnelldurchlauf ging Joshua noch einmal die Ermittlungen im Bahnerpresserfall durch. Hatten sie einen Fehler gemacht?
    Bornmeier räusperte sich, er wirkte ernst und angespannt.
    »Ich komme wegen der Ermittlungen im Fall Dahlmann«, begann er mit ungewohnt leiser Stimme. Karin und Joshua tauschten einen kurzen Blick. Leitende Behörde in diesem Mordfall war das KK 11. Joshua kannte dessen Leiter Elmar Seifert als zuverlässigen, erfahrenen Kollegen.
    »Ich denke, Sie haben den Täter?«, antwortete Karin.
    Bornmeier nickte wortlos. Der ernste Ausdruck seiner Augen widersprach dieser Geste. Die Atmosphäre im Büro war beklemmend, glich einem bevorstehenden Unwetter.
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