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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos
Autoren: Erwin Kohl
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ihrer Mitmenschen ausgeliefert. Sie zog den Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn der Frau dicht vors Gesicht.
    »Wir werden etwas unternehmen, verlassen Sie sich darauf. Ich werde mich darum bemühen, unschuldige Menschen vor Schandmäulern wie Ihnen zu schützen. Und jetzt lassen Sie mich gefälligst durch, bevor ich mich vergesse.«
    Die Frau schluckte. Über ihre gepressten Lippen zog ein leichtes Zittern. Der junge Mann neben ihr hatte einen Notizblock in der Hand und schrieb mit. Auf dem Weg zur Haustür folgte er Karin, ohne dass sie ihn bemerkte.
    Die Tür wurde einen Spalt weit geöffnet. Karin zeigte den Dienstausweis. Frau Hornbach öffnete die Tür ganz und bat die Polizistin hinein. Sie wollte die Tür hinter Karin sofort wieder schließen, spürte einen Widerstand. Der junge Mann drückte sie wieder auf und betrat die Diele.
    »Entschuldigung. Wormann, Stadtanzeiger. Könnten die Damen mir zwei bis drei Fragen beantworten?«
    Ohne die Reaktion abzuwarten, schloss er die Haustür.
    »Muss ja nicht jeder mitbekommen.«
    Manuela Hornbach wirkte angeschlagen, sichtlich nervös. Mit dünner Stimme forderte sie den Reporter auf, das Haus zu verlassen. Karin konnte die Dreistigkeit kaum glauben. Sie drängte sich zwischen die Gastgeberin und den Redakteur.
    »Seitz, Landeskriminalamt. Ihren Personalausweis bitte.«
    »Schon gut, ich gehe ja schon«, er hob abwehrend die Hände.
    »Sie gehen nirgendwohin, bevor Sie mir nicht Ihren Ausweis gezeigt haben«, schrie Karin.
    Hektisch zog der junge Mann den Ausweis aus der Innentasche seiner Windjacke. Karin notierte sich Name und Anschrift.
    »Bitte sehr. Sie erhalten in den nächsten Tagen eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Und jetzt verschwinden Sie.«
    »Das gibt keine gute Presse«, murmelte er im Gehen.
    Sie saßen in der Küche, Manuela Hornbach umklammerte mit beiden Händen eine Teetasse. Das Haus war derart still, dass die Geräusche der Küchenuhr beklemmend wirkten.
    »Wie geht es Ihren Kindern?«
    »Die sind bei meiner Mutter in Kleve. Ich vermisse sie so sehr.«
    Zwei kleine Tränen rollten die Wangen herab. Sie war ungeschminkt, die Blässe der Haut stand in starkem Kontrast zu dem dunkelbraunen Wollkleid. Falten und Augenringe verrieten die Ängste und Sorgen, die sie vermutlich in jeder einzelnen Minute des Tages malträtierten. Karin fragte sich, wie lange die Frau noch durchhalten würde. Udo Hornbach war ein völlig unbescholtener Bürger. Zumindest bis zu diesem Tag. Seine Festnahme musste die Familie völlig aus dem Leben gerissen haben. Oder war es seine Tat?
    »Frau Hornbach, kannten Sie Klaus Dahlmann?«
    »Ich habe den Namen von meinem Mann im Gefängnis erfahren. Ich zerbreche mir seit Wochen den Kopf, wer das sein könnte.«
    »Hat Ihr Mann jemals eine Andeutung gemacht, Dahlmann zu kennen?«
    Sie schluckte die Antwort im letzten Moment herunter, zögerte, wurde eine Spur nervöser.
    »Nein.«
    Die Antwort klang scharf, sie war Karin zu eindeutig. Das kleine Zaudern davor sensibilisierte die Ermittlerin. Hornbach hatte seiner Frau gegenüber angegeben, Dahlmann zu kennen, war Karin sicher. Manuela Hornbach befand sich seit einer Woche in einem seelischen Belagerungszustand. Die einzige Vertrauensperson in ihrem Umfeld dürfte ihr Mann sein. Allen anderen brachte sie größtes Misstrauen entgegen. Karin musste das Vertrauen der Frau gewinnen, ganz vorsichtig ihre Seele öffnen. Sie beschloss, die Wahrheit zu sagen, erzählte Frau Hornbach von den leisen Bedenken des Staatsanwaltes als Grund ihrer Ermittlungen. Karin gab ihre persönliche Einschätzung aus dem Gespräch mit Udo Hornbach wieder, erwähnte allerdings auch die erdrückende Beweislast. Nach der Bemerkung, dass ihr Kollege derzeit überprüfe, ob und wie weit biologische Spuren herangezogen werden könnten, wurde Manuela Hornbach ähnlich euphorisch wie zuvor ihr Mann.
    »Sie ahnen gar nicht, welche Freude Sie uns damit machen.«
    Karin fühlte sich in die Enge getrieben. Weiterhin die Wahrheit zu sagen, würde der verzweifelten Frau den Mut nehmen, den sie gerade jetzt so dringend benötigte. Niemals hatte sie erlebt, dass ein Tatverdächtiger und seine Angehörigen derartig entschlossen an die Unschuld glaubten.
    »Frau Hornbach, ich kann Ihnen nur helfen, wenn Sie mir vertrauen.«
    Manuela Hornbachs Unsicherheit schien verflogen.
    »Ja, ich vertraue Ihnen.«
    »Ihr Mann kannte Klaus Dahlmann. Bitte sagen Sie mir, woher. Es könnte sehr wichtig sein.«
    Schlagartig
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