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Nur mit dir sind wir eine Familie

Nur mit dir sind wir eine Familie

Titel: Nur mit dir sind wir eine Familie
Autoren: Nikki Benjamin
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1. KAPITEL
    Charlotte Fagan kauerte fröstelnd in ihrem kleinen Sportwagen, die Finger vor Nervosität ineinander gekrallt. Sie saß schon eine ganze Weile so da und starrte hinaus in die Dunkelheit. Der eisige Januarregen prasselte erbarmungslos auf das Verdeck über ihrem Kopf und strömte über die Windschutzscheibe, doch der Sturm da draußen war nur ein Witz im Vergleich zu jenem, der in ihrem Innern tobte.
    Charlotte hatte keine Ahnung, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, als sie vor drei Stunden nach New Orleans aufgebrochen war. Der Anblick des großen alten Stadthauses vor ihr beruhigte sie leider auch kein bisschen.
    Vor nicht allzu langer Zeit hätte sie keine Sekunde gezögert, ihren Mann um einen Gefallen zu bitten. Damals hatte sie ihm blindlings vertraut und in der beruhigenden Gewissheit gelebt, dass er ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen würde.
    Inzwischen jedoch war eine solche Bitte eine fast unüberwindliche Hürde für sie. Seit sechs Monaten hatten sie nämlich nur noch telefonisch Kontakt, weshalb ihre Chancen, ihn jetzt von ihrem Anliegen zu überzeugen, vermutlich bei null lagen.
    Sean wusste nicht, dass die Erfüllung ihres lang gehegten Traums und damit ihr ganzes Glück in seiner Hand lagen. Sie brauchte seine Hilfe – dringend sogar. Doch zum ersten Mal seit jenem Sommer vor zehn Jahren, als er gelobt hatte, sie für immer zu lieben und zu ehren, bezweifelte Charlotte, dass er ihr diese Hilfe gewähren würde.
    Sein roter Wagen parkte vor dem Haus, durch dessen Fensterläden Licht drang. Sean war da.
    Aber war er auch allein?
    Er hatte Charlotte zwar nie eine Veranlassung gegeben, an seiner Treue zu zweifeln, aber nun hatten sie sich schon so lange nicht mehr gesehen …
    Die verkrampften Hände lösend, griff sie nach dem dicken braunen Briefumschlag, den sie vorhin hastig auf den Beifahrersitz geworfen hatte. Nachdenklich ließ sie den Zeigefinger über die Absenderadresse gleiten.
    Nachdem sie den Umschlag aus dem Briefkasten am Fuß ihrer Einfahrt gezogen und den Inhalt überflogen hatte, hatte sie ihren Wagen sofort gewendet. Sie war viel zu glücklich und aufgeregt gewesen, um die Kieseinfahrt zu ihrem Zuhause hochzufahren, einem alten Plantagenhaus, das sie und Sean zu Beginn ihrer Ehe liebevoll restauriert hatten. Trotz der späten Stunde und des erbarmungslosen Regens hatte sie sich direkt auf den Weg zum zweispurigen Highway Richtung Autobahn nach New Orleans gemacht.
    Unterwegs jedoch waren ihr Zweifel gekommen. Mehr als einmal hatte sie mit dem Gedanken gespielt, wieder umzukehren und nach Hause zurückzufahren, zumal der Sturm immer heftiger geworden war. Mit Schaudern dachte sie an die Verwüstungen zurück, die der Hurrikan Katrina vor einigen Jahren in New Orleans angerichtet hatte.
    Außerdem hatte Charlotte sich nach dem Abklingen ihrer ersten Euphorie eingestehen müssen, dass die Unterlagen und die kleine Fotografie in dem Umschlag kein Zaubermittel waren, um ihre kaputte Ehe zu retten. Aber zumindest versprachen sie die Erfüllung eines lang gehegten Traums.
    Um Charlottes Wagen pfiff der Wind, das Licht einer Straßenlaterne flackerte unheilvoll. In dem kleinen Auto fühlte sie sich zunehmend ungeschützt, und ihr war eiskalt. Jetzt wieder umzukehren, war ausgeschlossen. Sie würde einfach aussteigen, Sean kurz die Fakten mitteilen, ihn um seine Unterstützung bitten und das Beste hoffen.
    Entschlossen steckte Charlotte den Umschlag in ihre Handtasche und griff nach dem kleinen Regenschirm, der unter ihrem Autositz lag. Innerlich versuchte sie, sich auf Seans Reaktion einzustellen, musste sich jedoch eingestehen, dass sie nach dem halben Jahr Trennung keine Ahnung hatte, womit sie bei ihrem Mann zu rechnen hatte.
    Der Regenschirm erwies sich in dem Sturm als völlig nutzlos. Dank Charlottes Wollmantel und ihrer Cordhose blieb sie zwar einigermaßen trocken, aber ihre schwarzen Pumps waren schon nach wenigen Schritten völlig durchnässt.
    Nachdem sie die Straße überquert hatte, stieg sie die Steinstufen zur Tür des Stadthauses hoch. Ihre Hände waren so nass und steif gefroren, dass sie kaum noch den Schirm halten konnte. Zu blöd, dass sie nicht daran gedacht hatte, ihre Handschuhe mitzunehmen. Oder sich zumindest ein Kopftuch umzubinden. Sie sah bestimmt aus wie eine Irre, aber daran ließ sich jetzt leider nichts mehr ändern.
    Mit zitternden Fingern drückte sie auf den Klingelknopf und versuchte sich damit zu beruhigen, dass ihr Aussehen
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