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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos
Autoren: Erwin Kohl
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verschwand der Glanz aus den Augen der Gastgeberin. Der Blick wurde kühl, die Haut spannte sich über schmale Wangenknochen. Sie wirkte auf Karin wie ein Tier, das in eine Falle getappt war. Vorsichtig schüttete sie Tee nach. Es kostete sie große Mühe.
    »Udo hat gesagt, ich soll nicht darüber reden, es würde ihn nur noch tiefer reinreiten.«
    Die Möglichkeit bestand natürlich, überlegte Karin. Sie konnte von der Frau nicht verlangen, ihren Mann zu belasten. Karin kam sich vor, als säße sie zwischen zwei Stühlen, die langsam auseinandergezogen wurden. Sie stellte sich vor, welche Möglichkeiten Udo Hornbach noch blieben, da fiel ihr eine waghalsige Strategie ein, die sein Verteidiger durchaus in Erwägung ziehen könnte. Ihr war vollkommen bewusst, dass sie Frau Hornbach nicht darauf hinweisen durfte. Noch einmal sah sie in das Gesicht der Frau, das vermutlich irgendwann einmal fröhlich gewesen war.
    »Möglicherweise aber auch nicht. Nehmen wir an, er kannte Klaus Dahlmann. Mehr noch, er hatte sich mit ihm verabredet. Er findet ihn tot neben seinem Auto, gerät unter Schock und nimmt die Tatwaffe mit. Vielleicht hatte er sie zur Polizei bringen wollen. Dazu kommt er aber nicht mehr. Können Sie mir folgen?«
    »Ja. Aber so war es nicht. Udo kann sich nicht daran erinnern. Er ist sicher, ihm schon einmal begegnet zu sein, weiß aber nicht mehr wo und wann.«
    Karin seufzte. Es war so etwas wie eine goldene Brücke, die der Ermittlerin mächtigen Ärger einbringen konnte. Hornbachs Anwalt würde früher oder später auch auf diese Möglichkeit stoßen, wenn er es nicht bereits war. Das Ehepaar Hornbach war viel zu ehrlich. Sie hatten absolutes Vertrauen in die Justiz. Karin wusste aus ihrer langen Berufserfahrung, dass dies nicht immer angebracht war. Noch etwas wurde der Polizistin bewusst: Bornmeiers Ahnung war nicht unbegründet. Sie zog ein Foto der Tatwaffe hervor und zeigte es Frau Hornbach.
    »Könnte dieses Messer aus Ihrem Haushalt stammen?«
    Manuela Hornbach sah sich das Bild genau an. Das Messer hatte eine Gesamtlänge von 42 Zentimetern.
    »Nein, ein solches Messer besitzen wir nicht.«
     

7
    Joshua hatte sich von den Kollegen der Wache zum LKA bringen lassen. Karins Anruf erreichte ihn im Büro. Sie wollte zum Schulamt fahren, sich ein Bild von Hornbachs Arbeitsumfeld machen. Joshua wollte sich in die Ermittlungsakten einlesen. Er berichtete Karin vom Ergebnis der KT. Die ermittelnden Kollegen hatten mehrere Dutzend Spuren, hauptsächlich Haare, die von der Kleidung des Opfers stammten, dem rechtsmedizinischen Institut zur Untersuchung übergeben. Mit einem Resultat sei frühestens in zwei Tagen zu rechnen, meinten die Kriminaltechniker. Rechtsmediziner Eugen Strietzel wollte versuchen, früher ein Ergebnis abzugeben.
    Joshua ging die Asservatenliste durch. Der Begriff ›Liste‹ war eigentlich unzutreffend, es handelte sich vielmehr um mehrere Schnellhefter. Bis auf die Tatwaffe befand sich auf den ersten Blick kein Beweisstück darunter. Das KK 11 hatte gründliche Arbeit geleistet. Alles, was nur im Entferntesten brauchbar sein könnte, hatten sie konfisziert.
    Joshua machte es sich bequem, die Beine auf den Schreibtisch gelegt, nahm er sich den obersten Ordner vom Schreibtisch. Dabei rutschte ein Bund zusammengehefteter Blätter aus dünnem Papier auf seinen Schoß. Es handelte sich um eine Auflistung aller auf Hornbachs Computern befindlichen Dateien. Joshua überflog die Liste. Das Betriebssystem, Software zur Fotobearbeitung, ein Officepaket, nichts Aufregendes. Eine Partition hatte Hornbach unter dem Titel Buchhaltung angelegt. Der Fahnder fragte sich, wozu ein Beamter der Schulbehörde Buchhaltung benötigte.
    Hornbach hatte nicht nur das Übliche wie Sparverträge, Hausfinanzierung, Einkünfte und dergleichen aufgelistet, sondern eine komplette Bilanzbuchhaltung für den Haushalt erstellt. Jede Rolle Toilettenpapier war dort aufgeführt. Vermutlich wurde jedes abgerissene Blatt umgehend in die Bilanz aufgenommen.
    Joshua konnte nicht einmal genau sagen, wie hoch sein derzeitiges Einkommen war. Das Geld floss aufs Konto und wurde bei Bedarf abgehoben. Sollte nichts mehr übrig bleiben am Monatsende, musste gespart werden, so einfach war das Leben. Es kam ihm zumindest so vor, obwohl er genau wusste, dass Janine die Kontrolle über alles hatte. Finanzen waren noch nie seine Stärke gewesen. Bevor er Janine kannte, war er nie klargekommen, obwohl er gut verdiente. Er erfüllte
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