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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken
Autoren: Lene Kaaberbol
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vielleicht etwas voreilig gewesen.
    »Clara.« Shanaia sah mich mit einem merkwürdig intensiven Blick an. »Du musst mir helfen. Du bist die Einzige, die das kann.«
    »Ich??«
    »Ja. Deshalb habe ich dir den Turmfalken geschickt.«
    »Aber … wobei soll ich dir denn helfen?«
    »Vestmark zurückzuholen.«
    »Aber das kann ich nicht!« Alleine der Gedanke, mich freiwillig in Chimäras Nähe zu begeben … »Wie kommst du auf die Idee, ich könnte das?«
    »Weil kaltes Eisen dir nichts anhaben kann. Weil die Sklaventiere dir nichts tun. Aber vor allem … weil Chimära Angst vor dir hat.«
    » Was??? « Sie ist krank, redete ich mir ein. Sie weiß nicht, was sie sagt. Das war die absurdeste Behauptung, die ich je gehört hatte. Chimära könnte mich zum Frühstück verspeisen. Ohne sich auch nur ein bisschen anstrengen zu müssen. Sie musste nur noch entscheiden, ob lieber mit oder lieber ohne Milch. Zu glauben, sie könnte auf irgendeine Weise Angst vor mir haben … Nein. Unmöglich. Absurd. Lächerlich.
    »Du musst!«, sagte Shanaia heiser und griff nach dem Saum meines Rocks, was der einzige Teil von mir war, den sie im Augenblick erreichen konnte. »Es gibt niemanden sonst, der mir helfen kann. Oder will.«
    Ich starrte auf ihre schneeweißen Finger, die sich um den groben Jeansstoff klammerten.
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, flüsterte ich.
    »Clara hat noch nicht genug gelernt«, wandte Tante Isa ein. »Chimära ist viel zu gefährlich für sie …«
    Wem sagte sie das.
    »Also, ich kann das wirklich nicht«, sagte ich und versuchte, diese verzweifelte Hand und Katers glühenden Blick zu ignorieren, den er aus irgendeinem Grund auch auf mich geheftet hatte. »Es tut mir wahnsinnig leid für dich, das mit Vestmark, aber … nein.«
    Langsam lösten sich Shanaias Finger, und ihre Hand sackte auf den Boden, als hätte sie keine Kraft mehr, sie anzuheben.
    »Dann gibt es niemanden«, flüsterte sie und schloss die Augen.
    Oscar warf mir einen seltsamen Blick zu, flehend, wie mir schien. Und ich kam mir vor wie eine winzig kleine, feige Laus. Aber was sollte ich tun? Es gab nichts, was ich gegen eine Monsterhexe wie Chimära ausrichten konnte. Absolut nichts.

6   ERINNERE VIRIDIAN

    In der Wohnung in der Merkurgade brannte noch Licht, obwohl es fast ein Uhr nachts war.
    »Kommst du noch mit rauf?«, fragte ich Tante Isa und versuchte, nicht zu verzweifelt zu klingen. Es wäre nur einfach so viel leichter, wenn sie Mama alles erklären würde.
    Sie lächelte mich schief an.
    »Das sollte ich wohl«, sagte sie. »Aber ich kann nicht lange bleiben. Shanaia braucht mich.«
    Tu-Tu erhob sich mit einem lautlosen Flügelschlag von ihrer Schulter und verschwand in der Dunkelheit über den Straßenlaternen. Die Mäuse der Merkurgade sollten sich jetzt besser in Acht nehmen.
    Ohne Tu-Tu sah Tante Isa nur einen Hauch alltäglicher aus. Vielleicht war es ganz gut, dass es so spät war und die meisten Nachbarn schon im Bett.
    Eine Zehntelsekunde bevor meine Finger den Schalter berührten, ging das Licht im Treppenhaus an. Ich schaute hoch und war nicht die Spur überrascht, meine Mutter in der Wohnungstür stehen zu sehen. Sie hatte schon immer heraushören können, ob ich es war, die gerade kam. Mir schoss plötzlich durch den Kopf, dass sie womöglich so eine Art Wildsinn hatte, was mich betraf – ein bisschen so, wie ein Tier, das immer weiß, wo seine Jungen sind. Sie sagte kein Wort, verschwand in der Wohnung und ließ nur die Tür offen stehen. Erst als wir alle zusammen reingekommen waren – auch Oscar und Luffe –, ging sie zum Angriff über. Aber sie attackierte nicht mich, jedenfalls noch nicht, sondern ihre große Schwester.
    »Was fällt dir ein?«, sagte sie ganz leise und verbissen.
    »Milla …«, sagte Tante Isa und machte eine beschwichtigende Geste. Aber meine Mutter war nicht in der Stimmung, sich beschwichtigen zu lassen.
    »Nein. Das ist einfach nicht in Ordnung. Du kannst nicht in mein Leben – in Claras Leben – marschieren und sie mitnehmen, als würde sie dir gehören. Ohne zu fragen. Ohne anzurufen. Ohne … ohne mich . Du hast ganz einfach kein Recht dazu!«
    »Ich habe dir eine SMS geschickt«, sagte ich kleinlaut.
    Mama warf mir einen einzigen zornigen Blick zu, der verhieß, dass ich später auch noch an die Reihe kommen würde. Dann drehte sie sich wieder zu Tante Isa um.
    »Ich musste Claras Vater anlügen. Und Oscars Mutter. Du hast mich dazu gezwungen. Ist das fair?«
    »Es tut
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