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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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Fremden sah. Sie schwenkte nach links und folgte ihnen. In welcher der zahllosen Schluchten, Höhlen oder Felsgrotten am Fuße des Hochplateaus mochte er Unterschlupf gesucht haben? Nicht, dass ihm sein Versteck viel nützen würde. Er hatte sich bemüht, keine Spuren zu hinterlassen, blutete aber zu stark. In regelmäßigen Abständen wiesen leuchtend rote Blutflecken den Weg.
    Janna lief langsamer und bedeckte die verräterischen Farbflecken mit Sand, Erde oder Zweigen. Die Blutspur führt aufwärts, stellte sie anerkennend fest. Der Fremde hatte die ersten möglichen Verstecke, die Cascabels Abtrünnige mit Sicherheit absuchen würden, hinter sich gelassen. Obwohl er verletzt war und wusste, dass er verfolgt wurde, hatte er die Nerven behalten. Wie der schwer fassbare Hengst Lucifer verließ der Fremde sich im Überlebenskampf auf seinen wachen Verstand und auf seine starken Muskeln.
    Vor allem beeindruckte Janna seine Entschlossenheit, während sie ihm auf seinem gewundenen Anstieg über die steile, steinige Bergflanke folgte. Der Fremde versteckte sich auf höchst unerwartete Weise. Der nördliche Weg auf das Plateau war schwierig. Cascabels Krieger würden kaum vermuten, dass ihr verletztes Opfer diesen Weg wählte. Sicher suchten sie zuerst die einfacheren Fluchtwege ab und verloren dabei viel Zeit, so dass vielleicht die Dunkelheit hereinbrechen würde, bevor sie den Fremden fanden.
    Die Chance war klein, aber eine andere besaß er nicht. Er war klug und zäh genug, sie zu nutzen.
    Janna verdoppelte ihre Anstrengungen, dem Fremden zu helfen, die Verfolger abzuschütteln. Sie arbeitete sich rasch voran, auf ihrem Weg jede seiner Spuren verwischend. Dabei war ihr klar, die Krieger würden ihre Suche nach ihm nicht so bald aufgeben. Je höher sie kam, desto mehr bewunderte sie die Zähigkeit und Ausdauer des Flüchtlings. In ihr keimte die Hoffnung, dass er den alten Fußweg oben auf dem Black Plateau kannte. Früher hatten Indianer den Pfad benutzt, heute liefen dort nur noch Wildpferde entlang.
    Mit jedem Meter wuchs ihre Hoffnung, dass der Fremde den Aufstieg geschafft hätte. Auf dem Hochplateau gab es Wasser, Deckung und Wild: alles, was ein Mensch zum Überleben brauchte. Oben konnte sie den Fremden leicht verstecken, seine Wunden versorgen und ihn notfalls gesund pflegen.
    Hoffnungsvoll stemmte sich Janna über einen Felssturz. Vor ihr ragte eine steile Wand auf, die den weiteren Aufstieg versperrte und einem jede Fluchtmöglichkeit nahm. Am Fuß wuchsen kleine Pinonkiefern, und überall lagen Steine.
    Sonst war nichts zu sehen.
    Das enge, zerklüftete Seitental ließ sich nur über den Weg verlassen, den sie gekommen war. Außer einem Kaninchen hatte sie kein Leben bemerkt, das sich regte. Der Fremde musste irgendwo zwischen den Pinonkiefern sein. Es sei denn, er hätte sich auf Geisterflügeln wie ein Schamane in die Lüfte erhoben.
    Bei dem Gedanken überlief Janna ein Frösteln. Diesem Fremden traute sie zu, wie ein heidnischer Gott zu fliegen. Er hatte Schläge ausgehalten, die ein anderer Mann kaum überlebt hätte. Anschließend war er über fünf Kilometer gerannt und hatte sich zwischen steilen, zerklüfteten Felsen nach oben gearbeitet, durch ein Gelände, das auch für sie als geübte Kletterin schwierig war.
    Sei nicht albern. Er ist ein Mensch wie du. Auf den letzten zwei Kilometern hast du genug Blut gesehen, das seine Sterblichkeit beweist.
    Angestrengt suchte Janna das Gelände ab. Trotz ihrer scharfen Augen musste sie zwei Mal in die Runde blicken, dann erst sah sie den Fremden. Er lag mit dem Gesicht nach unten zwischen niedrig hängenden, halb vertrockneten Pinonzweigen. Vorsichtig näherte sie sich ihm. Sie rief ihm nichts zu, weil sie jedes unnötige Geräusch vermeiden wollte. Möglich, dass er nur hilflos tat und mit seinen starken Händen auf die Verfolger lauerte. Er musste damit rechnen, dass Cascabels mordlustige Indianer ihm hier hinauf nachkommen würden. Auf eine Frau war er gewiss nicht gefasst.
    Sie beobachtete den Fremden einige Minuten stumm. Dann war sie überzeugt, dass er sich nicht verstellte. Er blieb zu lange und zu ruhig liegen. Janna fürchtete bereits, er könnte tot sein. Die Glieder waren seltsam verrenkt und überall mit Blut und Dreck verschmiert, und er verharrte vollkommen reglos. Nur das aus den Wunden sickernde Blut zeigte ihr, dass er noch lebte. Sie kroch unter den Pinonästen nah genug heran, bis sie den Mund an sein Ohr legen konnte.
    „Ich komme in
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