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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Elizabeth Lowell
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freundlicher Absicht. Hören Sie mich? Ich will Ihnen helfen.“
    Der Mann rührte sich nicht.
    „Sind Sie wach?“ flüsterte Janna und berührte seine nackte Schulter. Ihn leicht schüttelnd, redete sie beruhigend auf ihn ein.
    Er gab nicht zu erkennen, ob er sie hörte.
    Janna hockte sich neben den Verletzten. Die Pinonzweige schrammten an ihr entlang. Mit der Hand glitt sie über seinen Hals und suchte die Schlagader. Zuerst spürte sie nur das Glühen seiner Haut, dann bemerkte sie die kräftige Nackenmuskulatur, und schließlich tastete sie den langsamen, etwas unruhig gehenden Puls. Erstaunlich, dass er lange genug bei Bewusstsein geblieben war, um es bis hierher zu schaffen. An einer Kopfseite hatte er eine dicke Schwellung.
    „Sie können keinen Meter mehr weiter, wie?“ fragte sie sehr leise.
    Der Mann antwortete nicht.
    Vorsichtig untersuchte Janna die Kopfwunde. Die Ränder waren angeschwollen, aber am Knochen deutete nirgends eine weiche Stelle auf einen Schädelbruch hin. Auch bildete sich um den Verletzten keine rote Lache. Verbluten würde er nicht.
    Janna verlor keine Zeit mit weiteren Untersuchungen. Zwar hatte die Felswand der außergewöhnlichen Flucht des Fremden ein plötzliches Ende gesetzt, und er befand sich in einer Sackgasse, aber sein Plan war gut gewesen. Die von ihm gewählte Aufstiegsroute zum Hochplateau war so schwierig, dass Cascabels Leute nicht auf den Gedanken kommen würden, dort nach einem Verletzten zu suchen. Nun musste sie nur seinen Weg zurückverfolgen und alle restlichen Spuren des Flüchtenden tilgen. Anschließend würde sie eine falsche Fährte in die entgegengesetzte Richtung legen und wieder zu dem Fremden schleichen, um aufzupassen, dass er ruhig blieb, bis Cascabel die Verfolgung aufgab und sich in sein Lager zurückzog.
    Langsam arbeitete sich Janna bergab und verwischte sorgfältig alle noch vorhandenen Anzeichen, dass jemand diesen Weg gegangen war. Wo Blut auf Geröll getropft war, hob sie den befleckten Stein hoch und legte einen anderen von gleicher Größe an die Stelle. Wo die Füße des Verletzten den Boden aufgerissen hatten, strich sie die Erde glatt und verstreute Pflanzenreste.
    Sie kam an mehreren Stellen vorbei, wo der Fliehende die Wahl besessen hatte, sich rechts oder links, aufwärts oder abwärts zu wenden. Bei der nächsten Wahlmöglichkeit zog sie ein Messer aus der Scheide an ihrer Taille, biss die Zähne zusammen und schnitt sich in den Arm, bis Blut floss.
    Mit ihrem eigenen Blut legte Janna eine falsche Fährte, die sie nachlässig verwischte. Ein Krieger mit einem scharfen Blick würde sie leicht erspähen. Sie wählte eine gewundene Route, die vom Lager der Abtrünnigen wegführte. Wenn die Wahl zwischen verschiedenen
    Möglichkeiten bestand, übertrieb sie absichtlich ihre Versuche, die eingeschlagene Richtung zu verbergen. Je näher sie dem Mustang Canyon kam, desto schwächere Blutspuren hinterließ sie. Die Ute sollten glauben, dass ihr Opfer nicht sehr schwer verletzt war und die Wunden sich schlossen. Sie hoffte, auf diese Weise würden die Indianer keinen Verdacht schöpfen, wenn die Blutspur plötzlich abbrach.
    Janna war an der weiten Öffnung zum Mustang Canyon angelangt, als sie hinter sich Cascabels Männer hörte. Sie hatten die Fährte ihres Opfers entdeckt.

2. KAPITEL
    Die Schreie der Abtrünnigen hallten unheimlich von den hohen Wänden des Mustang Canyon zurück. Janna fühlte sich umzingelt. Sie rannte schneller und tiefer in das breite, lang gestreckte Tal. Im Lauf riss sie ihr Halstuch ab und wand es um den Arm, damit kein Blut mehr auf den Boden tropfte.
    Völlig außer Atem erreichte sie das winzige Seitental, nach dem sie gesucht hatte. Bevor sie in die Felsspalte trat, die vom Mustang Canyon abzweigte, verwischte sie sorgfältig jede Spur. Die Talenge war ein langer Schlauch. Das darin verlaufende Bachbett war ausgetrocknet. Nur in der Regenzeit und nach sommerlichen Wolkenbrüchen führte es Wasser.
    Der Eingang am oberen Mustang Canyon war keine zwei Meter breit. Dahinter führte die abzweigende Felsspalte dreihundert Meter tief in das Bergmassiv. Nur wenn die Sonne direkt über dem schmalen Canyon stand, fiel Licht hinein. An den Seitenwänden hatte das Hochwasser früherer Zeiten bis in eine Höhe von einhundert Metern seine Spuren hinterlassen - Büsche und kleine Bäume, die in Felsspalten wurzelten, Wasserflecken an den Wänden und angespülte Geröllreste auf Mauervorsprüngen. Das Bachbett senkte sich
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