Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
Vom Netzwerk:
Weise kann man dich auch mit einem Hauptkommissar vergleichen. Welchen Beruf hat deine Frau?«
    »Zurzeit Verkäuferin.«
    »Und meine?«
    »Aber Karl, wie soll ich das wissen!«
    »Dann sag’ ich’s dir: Verwaltungsangestellte in der Porzellanindustrie«, ereiferte er sich, »und so oder so ähnlich ist das auch bei meinen Kollegen.«
    Kral war gerade dabei, eine komplizierte These zu formulieren, entschied sich dann aber für die banale Feststellung »Helden braucht das Land!«, denn ihm war klar, dass ihm die beiden Polizisten eine akademisch angehauchte Belehrung mit Sicherheit übel nehmen würden. Eine kritische Anmerkung konnte er sich allerdings nicht verkneifen: »Du musst allerdings zugeben, Karl, dass du auch Kollegen hast, die fleißig an der Supermann-Legende stricken und wie James Bond daherkommen.« Sofort merkte er, dass er einen Fehler gemacht hatte: James Bond trägt Anzüge und Schuster neigte früher auch dazu, im Business-Look aufzutreten, eine Marotte, die er allerdings schon lange aufgegeben hatte.
    Der Hauptkommissar ließ sich nicht anmerken, ob er die Spitze bemerkt hatte und lachte nur: »Recht hast du, aber eins sage ich dir: Wenn da jemand strickt, dann sind es meistens die Partnerinnen.«
    Brückner zeigte deutlich, dass ihn das Thema wenig interessierte. Das mochte daran liegen, dass dem Tschechen diese Bauchschmerzen eines deutschen Beamten kleinkariert und eben auch zu deutsch-lastig erschienen. Klar dann auch die anschließende Ansage: »Wenn du dich ausgeweint hast, können wir vielleicht zum Thema zurückkommen: Ob du jetzt mit dem Staatssekretär direkt sprichst oder das über deinen Vorgesetzten machst, ist mir eigentlich egal. Was Sache ist, habe ich dir gesagt. Basta!«
    Schulterzucken und Kopfnicken zugleich: Schuster zeigte, dass er verstanden hatte.
    Irgendetwas stimmte mit Brückner nicht! Klar, sein Bastagehabe kannte man, aber Kral hatte doch erwartet, dass er auf Schusters Ergüsse zumindest mit der einen oder anderen launigen Bemerkung reagieren würde. Und dann die Art, wie er Schuster niedergebügelt hatte, komisch! Eine Vermutung hatte er: Aneta! Also anschleichen.
    »Warum hast du eigentlich Aneta nicht mitgebracht?«, fragte er.
    Zunächst keine Antwort, nur ein leerer Blick! Dann folgte der heftige Ausbruch: »Verarschen kann ich mich selbst, Jan! Du weißt ganz genau, was mit ihr los ist. Bei dir hat sie sich schließlich schon ausgeweint.«
    Schuster war irritiert: »Könnte mich vielleicht mal jemand aufklären, was …«
    »Meine beste Polizistin hat festgestellt, dass sie erst auf einen Täter schießt, wenn der sie bereits erschossen hat«, unterbrach er den Hauptkommissar sarkastisch, »und das nach über zehn Jahren Polizeidienst! So sieht das aus, mein lieber Karl. Jetzt bist du dran!«
    »Psychologischer Dienst!«, warf Schuster unsicher ein.
    »Geh mir doch weg mit diesen Seelenklempnern! Das Mädchen will die Klamotten hinschmeißen. Und wenn die so was sagt, dann macht die das auch. Da hilft uns auch kein Psychologe. Ihr kennt doch Aneta!«
    Betretenes Schweigen! Selten hatte Kral den tschechischen Polizisten so betroffen gesehen: Er hatte sich zurückgelehnt und eine Hand vor die Augen gelegt. Es schien, als wolle, ja könne er nicht mehr weitersprechen. Nach einer Weile erhob er sich. An der Tür richtete er sich noch einmal an Schuster: »Du regelst das mit der Pressekonferenz!« Dann der der knappe Abschied: »Weiteres demnächst! Ahoij!«
     Am Samstag lag Kral die förmliche Einladung zur Pressekonferenz am folgenden Montag vor. Um 14 Uhr sollte die Veranstaltung in der Selber »Roland-Dorschner-Halle« beginnen. Die teilnehmenden Polizeikräfte wurden gebeten, sich ab 13 Uhr für eine Vorbesprechung bereitzuhalten. In einem Telefongespräch hatte ihm Schuster gesteckt, dass Dr. Wohlfahrt hektische Aktivitäten entwickelt hatte, um die Sache in Hof über die Bühne gehen zu lassen.
    Die Tschechen hätten sich allerdings nicht von Selb abbringen lassen. Außerdem habe er sich hinter vorgehaltener Hand heftig über die Teilnahme Brückners ausgelassen: »Dieser ungehobelte Kerl« habe nun mal keine Manieren und passe auch von seinem Äußeren nicht in eine solche Veranstaltung.
    »Aber bitte, gib das nicht weiter!«, hatte ihn Schuster gebeten, »das gibt ja doch wieder nur Zoff und der fällt ja dann wieder nur auf mich zurück.«
     
    Roland-Dorschner-Halle,
Montag, 15. März 1998, 13.10 Uhr
     
    Die Mehrzweckhalle war ausgesucht worden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher