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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut
Autoren: Rebecca Brandewyne
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und erschauderte und einen Schrei ausstieß – einen Schrei, so süß und durchdringend wie der eines einsamen Tieres in der Prärie. Und er, ihr Gefährte – jetzt und in Ewigkeit – antwortete, wirbelte mit der Wut einer Windhose in die weiche, allesumschlingende, feuchte Grotte, schneller, immer schneller, bis er sich mit einem leisen, triumphierenden Stöhnen in sie ergoß.
    Mit einem langen Seufzer ließ er sich auf sie fallen. Sein Herz trommelte wie Regen gegen ihr eigenes. Ihr Keuchen wurde eins in der Nacht, während sie sich langsam, ganz langsam von dem kleinen Stück Himmel, das sie erfahren hatten, entfernten und die Erde sie wieder in ihren Schoß aufnahm. Er lächelte hinunter zu ihr, dann strich er eine feuchte Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Ihre Blicke begegneten sich, trunken gesättigt. Sein Mund streifte über den ihren, dann löste er sich zögernd von ihr, zog sie grob, besitzergreifend in seine Arme, als wolle er sie nie wieder loslassen, und legte ihren Kopf an seine Schulter. Er schloß die Augen und seufzte voller Zufriedenheit.
    Der Mann sagte nichts, er träumte. Und Rachel, die sich längst an sein launisches Schweigen gewöhnt hatte, ruhte heiter in seiner Umarmung, lauschte seinem Atem, wie er sanft und rhythmisch wurde, bis er einschlief. Der Anblick seines Schlummers erregte sie wie sein Liebesspiel vorher, wenn auch auf andere Art. Daß er nackt und schutzlos und doch so friedlich neben ihr schlief, sagte mehr als alle Worte der Liebe und des Vertrauens. Ihr Herz jubilierte.
    Rachel küßte ihn zärtlich, dann wand sie sich behutsam aus seinen Armen, um ihre Kleider einzusammeln, die sie vorher achtlos im Gras verstreut hatte. Während sie sich anzog, erfreute sie sich ohne jede Scham am Anblick ihres schlafenden Mannes. Er ist wie ein Gott, dachte sie, groß und muskulös. Die Haut, von der Sonne gebräunt, schimmerte im Mond, hart wie Horn, glatt wie Leder, bis auf die Stellen, wo die Narben, Zeugen seines starken Überlebenswillens, im Lauf der Jahre verblaßt waren. Aber zu ihr war er in der Maske des Teufels gekommen, aus dem Wind und den Schatten. Vor lauter Angst – und einem anderen, dunklen, wilden Gefühl, das sie nie zuvor empfunden hatte, aber das, einmal in ihrem Innersten entfesselt, nicht mehr bezähmt werden konnte, war sie erstarrt. Wie ein Höllenhund hatte dieser Mann sie verfolgt und sie für alle Zeit zur Seinen gemacht; am Ende hatte sie ihm mit Freuden ihren jungfräulichen Körper hingegeben. In ihren wildesten Träumen hatte sie es sich nie so vorgestellt.
    Sie würde ihn bald wecken. Dann würden sie Hand in Hand zum Farmhaus zurückgehen, über das silberne Band des Mondlichts, das sich durch die Prärie wand. Aber jetzt, für einen Augenblick, im Sog der Erinnerungen, kehrten die Gedanken Rachels zurück.
    Plötzlich meinte sie in der Ferne den leise rollenden Donner zu hören, das Plätschern des Regens und das Klirren eines Zaumzeugs. Und als ihr Blick den Horizont streifte, erschien vor ihren Augen ein Reiter, der die flache Hutkrempe tief in sein schönes Gesicht gezogen hatte und dessen langer schwarzer Staubmantel bis zum Hals zugeknöpft war. Wie in Zeitlupe galoppierte er wie ein Geisterreiter auf sie zu. Das Pferd, das er ritt, trug den Namen Glück, und der Name des Mannes war Schicksal …

I. BUCH
D ER V AGABUND

1. KAPITEL
In der Prärie, Kansas, 1874
    Es war ein hartes Land, ein wildes Land. Ein Land, in dem die Sonne am grenzenlosen azurblauen Himmel zu heiß brannte, auf das der Regen mit ungeheurer Kraft aus den dunklen, wirbelnden Wolken barst, die innerhalb weniger Minuten am Horizont aufziehen konnten, wo der Wind ständig blies und ungehindert über die weiten, leeren Ebenen fegte, die sich in jede Richtung meilenweit hinzogen und deren Leere nur gelegentlich von einigen Pappelwäldern durchbrochen war. Es war ein Land, das einige gedeihen ließ – und viel zu viele vernichtete. Und ebenso wie die zahllosen Männer und Frauen vor ihr, so hatte es nach langem, hartem Kampf endlich auch India Beecham besiegt.
    Die Heuschrecken hatten ihr den Rest gegeben. Im August des Jahres 1874 (das deshalb für alle Zeiten das »Heuschreckenjahr« hieß) waren sie in Scharen gekommen. Es war ein Anblick, wie sie ihn noch nie erlebt hatte, diese mächtige, glänzende, weißlich grüne Wolke, die Millionen und Abermillionen gräßlicher, zirpender Insekten, die vom Himmel regneten wie Hagel im Sturm. Dicht wie eine zehn Zentimeter dicke Schicht
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