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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme
Autoren: Jane Feather
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die kalten grauen Augen. Er wußte, er hatte verloren. Diesen Beschuldigungen hatte er nichts entgegenzusetzen, nichts, was er zu seiner Verteidigung vorbringen könnte. Er wußte, der Herzog würde Zeugen produzieren, die blind seine Schuld beeiden würden. Zweifellos würde er schrecklich unbeholfen vor Gericht erscheinen und sich schwerfällig ausdrücken, der Herzog und seine Anwälte konnten ihn mühelos in die Tasche stecken. Sie würden alles als unwahr abtun, was ein dergestalt Angeklagter gegen Viscountess Edgecombe, die angeheiratete Cousine des Herzogs von Redmayne, vorbrächte. Sie würden ihn hängen… ihn, wenn er Glück hatte, deportieren.
    »Sollten meine Worte nicht genügend Überzeugungskraft besitzen, gibt es natürlich noch andere Mittel«, meinte der Herzog versonnen. Die Klinge des Stockdegens bewegte sich aufwärts. George brach der kalte Schweiß aus; er öffnete den Mund zu einem Schrei der Furcht, doch es drang kein Laut über seine Lippen. »Es ist wirklich sehr verlockend«, murmelte Tarquin. »Entmannung scheint eine so passende Bestrafung, finden Sie nicht?« George fühlte, wie die Klinge die Innenseite seines Schenkels ritzte. Er konnte nicht glauben, daß es wirklich passieren würde, und dennoch traute er diesem rachsüchtigen Teufel mit den eiskalten Augen alles zu. Die Klinge bewegte sich ein Stück seitwärts, ritzte den anderen Schenkel, und George stöhnte vor Angst und Entsetzen, während bittere Galle seinen Mund füllte. Es würgte ihn gehörig.
    Tarquin trat zurück, einen angewiderten Zug um die Lippen. »Sie sind ein Narr«, sagte er verächtlich. »Oh, sicher, es wäre Ihnen vielleicht gelungen, Juliana einzuschüchtern, wenn ich sie nicht unter meine Fittiche genommen hätte. Sie ist immer noch naiv und arglos… ein Kind in mancher Hinsicht. Aber als Sie mich zum Kampf herausgefordert haben, haben Sie den größten Fehler Ihres schusseligen, dumpfen Lebens begangen. Sollten Sie es jemals wieder wagen, sich Juliana auch nur auf zehn Meilen zu nähern, dann entmanne ich Sie endgültig. Ich rate Ihnen dringend, mir das zu glauben.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ließ einen schlotternden George zurück, der kraftlos an der Wand herabsank und sein Frühstück erbrach.
    In der Halle standen Juliana und Quentin noch immer neben Lucien. Von Sir Brian und seiner Ehefrau fehlte jegliche Spur. Tarquin trat an das Sofa. Juliana hielt noch immer ihre Hand über Luciens Mund, obwohl sie nicht wußte, warum. Sie blickte zu Tarquin auf. »Es geht dem Ende zu.«
    »Er ist schon seit langem todkrank«, gab Tarquin ihr zu verstehen. »Aber wie kam es hierzu?«
    Juliana begann zu erklären und brach dann abrupt ab, als sich Luciens Lider flatternd öffneten. Er starrte zu ihnen empor, und sie wich unwillkürlich zurück von dem unverhüllten Haß in den rapide trüber werdenden Augen. »Möge Gott euch alle verrotten lassen!« zischte Lucien. Dann fiel sein Kopf schlaff auf die Seite, seine Augen starrten blicklos zur Wand.
    Juliana zog sich still zurück, da sie sich plötzlich eines unsichtbaren Bandes zwischen Tarquin und Quentin bewußt wurde. Als sie nochmals zu ihnen hinübersah, beugte sich der Herzog über Lucien und schloß die Lider über seinen starren Augen. Quentin faltete ihm die Hände auf der Brust. Sie standen schweigend da und blickten stumm auf den Toten.
    »Er ist tot«, sagte Juliana ausdruckslos, als sie die Forsettsche Bibliothek betrat.
    »Wer? Dein Ehemann oder dieser gräßliche Flegel Ridge?« fragte Sir Brian in einem Ton milder Neugier.
    »Edgecombe.«
    »Nun, ich habe den Mann nicht gekannt, aber wenn er auch nur annähernd so wie dieser primitive Ochse war, dann kann die Welt froh sein, daß sie ihn los ist«, erklärte Lady Forsett. »Aber ich halte es für eine absolute Geschmacklosigkeit, in der Halle von fremden Leuten das Zeitliche zu segnen.«
    »Niemand hat Edgecombe jemals zuviel Geschmack vorwerfen können, Ma'am«, sagte Tarquin ironisch von der Tür her. »Aber ich entschuldige mich dennoch für die Unannehmlichkeiten, die er Ihnen bereitet hat. Es war höchst gedankenlos von ihm, Ihr Haus auf eine solche Weise zu besudeln.«
    »Na ja, ich könnte mir vorstellen, daß er es nicht direkt selbst verschuldet hat«, gab Sir Brian zu. »Es war dieser Schwachkopf Ridge, der ihn hierherbrachte, wie ich gehört habe. Oder gar Juliana?«
    »Ich habe niemanden hierhergebracht«, erwiderte Juliana müde. »Gegen meinen Willen bin ich in dieses Haus
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