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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme
Autoren: Jane Feather
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eigenen Tier grob die Fersen in die Flanken und trabte weiter auf das Haus zu, wobei er das reiterlose Pferd mit sich zog.
    Juliana drehte sich im Sattel um, um einen Blick auf die Gestalt zu werfen, die hinter ihnen immer kleiner wurde. »Wir sollten ihn ins Haus tragen.«
    »Das kann jemand anderer tun. Und jetzt halt den Mund!« Er riß mit heftigem Nachdruck an ihrem Haar, und sie fiel wieder in Schweigen. Sie hatte immer gewußt, daß George ein ungehobelter, gewalttätiger Flegel war, aber erst jetzt fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, wie unmenschlich er sein konnte.
    Vor dem Haus sprang George von seinem Pferd und zerrte Juliana mit sich. Er hielt sie am Haar und im Nacken fest, als er sie vor sich her die Stufen zur Eingangstür hinaufschob, wo er derart erbittert mit dem Türklopfer hämmerte, daß es klang, als ob die Trompeten des Jüngsten Gerichts ertönten. Ein Lakai machte auf in rechtschaffener Empörung über solch ein unzivilisiertes Benehmen. Er starrte Juliana an, als traute er seinen Augen nicht. »Miss Juliana? Was um alles in der Welt… ?«
    George drängte sich an ihm vorbei und schob Juliana vor sich her. »Wo ist der Herr?«
    »In der Bibliothek… aber…«
    George ignorierte den Lakaien, während er Juliana auf die Bibliothek zuschubste. Bevor er jedoch den Raum erreicht hatte, schwang die Tür auf, und Sir Brian erschien. Er betrachtete George und sein Opfer mit einem Ausdruck äußersten Abscheus.
    »Sie haben sie gefunden, wie ich sehe.« Seine Stimme drückte erhebliche Missbilligung aus.
    »Ja… und ich werde sie vor dem Gefängnis von Winchester auf dem Scheiterhaufen brennen sehen«, schnarrte George, als er Juliana in die Bibliothek schob. Er hielt sie noch immer im Nacken fest und funkelte Sir Brian triumphierend an. »Und Sie, Sir, und Ihre Frau Gemahlin werden sie noch heute vor einem Richter identifizieren.«
    »Du lieber Himmel, was ist das für ein Lärm? Was geht hier vor?« Amelias gereizte Stimme ertönte von der Tür her. »Juliana, wo kommst du denn her?«
    »Glauben Sie mir, ich bin nicht aus freiem Willen hier, Ma'am«, erwiderte Juliana, die in dieser unveränderten, vertrauten Umgebung wieder etwas von ihrem alten Mut zurückgewann. »In der Auffahrt liegt ein schwerverletzter Mann. Würden Sie ein paar Leute hinausschicken, um ihn ins Haus zu holen?«
    Amelia ließ ihren Blick zwischen dem verschwitzten, finster dreinblickenden, triumphierenden George und seiner bleichen Gefangenen hin- und herschweifen. »Du hast uns nie etwas anderes als Schwierigkeiten bereitet«, erklärte sie. »Erstens bringst du diesen Trottel in mein Haus… und jetzt verlangst du von mir, daß ich irgendein Unfallopfer aufnehme. Wer ist er?«
    »Mein Ehemann, Ma'am. Viscount Edgecombe.« Juliana fühlte, wie hysterisches Gelächter in ihrer Brust aufsteigen wollte. Es war geradezu grotesk, daß sie sich ihr gegenüber immer noch so ungeduldig und beleidigt benahm, wie sie es während ihrer Kindheit gehalten hatte. Sie war im Begriff, unter Mordanklage gestellt zu werden; halbnackt, schmutzig, zerzaust und von Blutergüssen übersät, in den Klauen eines brutalen Widerlings stand sie vor ihnen, ihr Ehemann lag halb tot in einer Pfütze in der Auffahrt: Da warfen dieser ehemalige Vormund und seine brave Gattin ihr vor, ihren häuslichen Frieden gestört zu haben, als hätte sie Dreckklumpen ins Haus getragen oder ein kostbares Stück Kristall wäre in Gefahr.
    Amelia seufzte und wandte sich wieder an den Lakaien.
    »Dawkins, nehmen Sie ein paar Gehilfen mit und kümmern Sie sich darum, ja?«
    »Jawohl, Mylady.«
    »Und schicken Sie jemanden zum nächsten Richter«, verlangte George kriegerisch. »Sagen Sie ihm, daß es um eine Mordsache geht, und er soll augenblicklich herkommen.«
    Dawkins sah seinen Herrn entsetzt an. Sir Brian sagte nur schroff: »Sie können die Anweisung ignorieren, Dawkins. Wenn Sir George einen Richter finden will, dann muß er sich gefälligst selbst auf die Suche nach einem machen… und seine Gefangene mitnehmen«, fügte er kalt hinzu.
    »Sie würden die Rechtsfindung behindern, Sir?« Georges schweißglänzendes Gesicht lief rot an vor Zorn. »Ich sage es Ihnen klipp und klar, Sir, ich werde Anzeige gegen Sie erstatten wegen Behinderung des bevorstehenden Prozesses…«
    »Ach, halten Sie den Mund, Mann«, unterbrach Amelia ihn scharf. »Glauben Sie, wir haben Lust, uns Ihr dummes Gerede anzuhören? Wenn Sie einen Groll gegen Juliana hegen, dann können Sie
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