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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman
Autoren: Jessica Stirling
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jetzt schon wieder?«, wollte Betsy wissen.
    »Er segelt am Freitag nach Kingston ab«, sagte Henry. »Er hat vor einer Stunde einen Brief von seinem Agenten mit den Anweisungen für die Einschiffung bekommen.«
    »Behauptet er zumindest«, brummte Agnes.
    Sie nahmen das Abendessen früh ein. Die Unterhaltung am Tisch war sehr gedämpft, und bald nachdem die Teller abgeräumt waren, ging Betsy schlafen.
    Das Bett kam ihr riesig und ungemütlich vor ohne Janet an ihrer Seite. Betsy wälzte sich eine Stunde oder länger hin und her und grübelte darüber nach, wie sie sich angesichts von Toms Abreise wirklich fühlte. Er hatte klargestellt, bei seinem Abschied kein Weinen und Wimmern zu dulden, und betont, dass er nicht die Absicht habe, irgendwelche seiner Freunde aufzusuchen, um ihnen rührselig Lebewohl zu sagen. Er wollte, wie er mit Nachdruck erklärt hatte, auch nicht, dass seine Mutter oder Henry in Greenock auftauchten, um ihm zum Abschied zu winken. Nein, er wollte in Würde aufbrechen, wie es sich für einen Mann geziemte, der von allen, denen er vertraute, verraten worden war – eine Bemerkung, über die Henry verächtlich geschnaubt und Agnes missbilligend den Kopf geschüttelt hatte.
    Hinter Toms Flucht steckt mehr als nur verletzter Stolz, überlegte Betsy, auch wenn sie sich unwillkürlich fragte, ob ihre Zurückweisung vielleicht der Tropfen gewesen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Wenn schon eine mittellose Magd ihn abwies, welche Hoffnung gab es für ihn dann noch in Hayes? Doch sie verspürte keine Schuldgefühle und kein Mitleid mit dem gut aussehenden Tom Brodie, der sie so herzlos behandelt hatte. Wenn er nicht davon ausgegangen wäre, dass sie von seiner sexuellen Aufmerksamkeit geschmeichelt sein würde, dann hätte sie der verblassten, fernen Sehnsucht, die Ehefrau des Pächters von Hawkshill zu werden, vielleicht nachgegeben. Und wenn er, der großartige Tom Brodie, auch nur halb so schlau gewesen wäre, wie er zu sein glaubte, hätte er vielleicht bemerkt, dass sie sich in seinen Bruder verliebt hatte, während er damit beschäftigt gewesen war, zu leiden und sich selbst zu bedauern.
    Als Betsy endlich einschlief, waren ihre Gedanken nicht bei Tom, sondern bei Henry.
    Es war noch stockdunkel und sehr kalt, als sie wach wurde. Sie wäre überhaupt nicht aufgewacht, wenn Tom ihr nicht eine Hand auf den Mund gelegt, sich über sie gebeugt und ihren Namen geflüstert hätte.
    Sie schlug die Augen auf. Einen Augenblick lang dachte sie schon, er würde sie wieder nehmen, aber dann raunte er:
    »Ich gehe jetzt, Betsy. Ich vertraue dir, dass du die anderen nicht weckst. Ich stehle mich lieber davon, ohne viel Aufhebens oder Getue.«
    Betsy nickte, und als er seine Hand fortnahm, sagte sie nichts.
    »Dich werde ich vermissen«, fuhr er leise fort. »Wenn ich an zu Hause denke, wenn ich an Hawkshill im Sommersonnenlicht denke, dann werde ich dich vor Augen haben, Betsy McBride. Dich werde ich am allermeisten vermissen.« Er strich ihr mit der Hand übers Haar. »Vergiss jetzt nicht: kein Wort bis zum Morgen.«
    Dann küsste er sie rasch und war verschwunden.
    »Ist er dort oben?«, rief Agnes Brodie. »Liegt er noch im Bett?«
    »Nein«, sagte Henry. »Da hat er nicht geschlafen.«
    »In der Scheune, ist er nicht in der Scheune? Dort wird er gewiss sein.«
    »Nein, Mammy, er ist fort, mit allem Gepäck – fort.« Henry kletterte halb angezogen die Leiter vom Dachboden herunter.
    Ein Schultertuch über das Nachthemd geworfen, die Schlafmütze schief auf dem Kopf, stieß seine Mutter einen schrillen Schrei aus, der eher Zorn als Schmerz verriet. »Dieser kleine Halunke!«, rief sie. »Er hat es nicht einmal über sich gebracht, sich von mir zu verabschieden.« Sie stellte beide Füße auf den Boden und stemmte sich hoch. »Hast du nicht gehört, wie er gegangen ist, Henry?«
    »Keinen Ton«, sagte er. »Er hat sich einfach ... einfach davongestohlen.«
    »Davongestohlen?« Agnes ließ sich auf die Knie fallen, zog die Kasse unter dem Bett hervor und riss den Deckel auf, dann blähte sie die Wangen und hockte sich auf die Fersen. »Es ist noch da, Gott sei Dank, das Geld für die Pacht ist noch da.«
    »Wenigstens das hat er uns dagelassen«, murmelte Henry.
    »Und den ganzen anderen Dreck«, sagte Agnes. Sie schloss die Kasse und schob sie wieder unter das Bett.
    Betsy öffnete vorsichtig die Schlafzimmertür und spähte in die Küche. »Was ist los?«
    »Tom hat uns verlassen.« Henry
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