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Wie wir gut zusammen leben

Wie wir gut zusammen leben

Titel: Wie wir gut zusammen leben
Autoren: Juergen Manemann
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erweitert worden. Aus diesem Grund ist Deutschland ein »demokratischer und sozialer Bundesstaat« (GG Art. 20,1). Ohne einen »sozialen Rechtsstaat« (GG Art. 28) gibt es keine Chancengleichheit.
    Wenn Wirtschaftspolitik dominiert, wird Politik dem Konsumismus und Ökonomismus ausgeliefert. Dann avancieren Werte, die in der Wirtschaft gelten – Leistung, Erfolg, Konkurrenz –, zu Primärwerten zwischenmenschlicher Interaktionen. Hier sei an Einsichten von Adam Smith (1723–1790), dem »Vater« der Marktwirtschaft, erinnert. Er formulierte in seiner »Theorie der ethischen Gefühle« 1759:
    »Mag man den Menschen für noch so egoistisch halten, es liegen doch offenbar gewisse Prinzipien in seiner Natur, die ihn dazu bestimmen, an dem Schicksal anderer Anteil zu nehmen, und die ihm selbst die Glückseligkeit d ieser anderen zum Bedürfnis machen, obgleich er keinen anderen Vorteil daraus zieht, als das Vergnügen, Zeuge davon zu sein. Ein Prinzip dieser Art ist das Erbarmen oder das Mitleid, das Gefühl, das wir für das Elend anderer empfinden, sobald wir dieses entweder selbst sehen, oder sobald es uns so lebhaft geschildert wird, dass wir es nachfühlen können. Dass wir oft darum Kummer empfinden, weil andere Menschen von Kummer erfüllt sind, das ist eine Tatsache, die zu augenfällig ist, als dass es irgendwelcher Beispiele bedürfte, um sie zu beweisen; denn diese Empfindung ist wie alle anderen ursprünglichen Affekte des Menschen keineswegs auf die Tugendhaften und human Empfindenden beschränkt, obgleich diese sie vielleicht mit der höchsten Feinfühligkeit erleben mögen, sondern selbst der ärgste Rohling, der verhärtetste Verächter der Gemeinschaftsgesetze ist nicht vollständig dieses Gefühles bar.«
    Die Bürgergesellschaft beruht sowohl auf einer sympathischen, also das Gemeinsame, als auch auf einer empathischen, also das Unterscheidende anerkennenden Solidarität zwischen Bürgern.
    Politik ist keine Klientelpolitik. Das Leitbild eines demokratischen Politikers ist das des Volksvertreters. Das Leitprinzip politischen Handelns lautet: Der Politiker ist zuallererst dem Gemeinwohl verpflichtet. Das Gemeinwohl verpflichtet darauf, dass nicht Einzelinteressen oder Gruppeninteressen, auch nicht Parteiinteressen das Gesamtinteresse unterminieren. Als Leitsatz gilt: Der Politiker muss unabhängig sein. Seine Urteils-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit darf nicht eingeschränkt werden. Ein Politiker darf nicht nur nicht korrupt sein, er muss sogar den Anschein der Korruption vermeiden. Jegliche persönliche Vorteilnahme ist zu unterbinden. Der Politiker muss sein Handeln nach politischen Werten ausrichten, als da sind Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Toleranz … Nichtpolitische Wertvorstellungen, die etwa private Lebensvorstellungen betreffen, gehören allerdings nicht dazu.
    Aus diesen Leitperspektiven ergeben sich konkrete Handlungsmaximen: Der Politiker muss gesetzestreu sein, sein Vermögen und seine Funktionen öffentlich machen, Geschenke sind zu unterlassen, Spenden offenzulegen. Entscheidungen dürfen keinen eigenen finanziellen Vorteil mit sich bringen …
    Politisches Handeln bedarf aber der Kenntnis verschiedener Interessen. Dazu muss der Politiker sich mit Interessenvertretern treffen. Hier gilt es jedoch, zwischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessenvertretungen zu unterscheiden. Gesellschaftliche Interessenvertretungen, etwa Bürgerinitiativen, bringen Politikern Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern zu Gehör. Stiftungen, die sich mit einzelnen Problemfeldern, Förderungen im Bildungsbereich, der Bekämpfung von Krankheiten etc. widmen, sensibilisieren und beraten Politikerin diesen Bereichen. Die Kirchen, auch wenn sie häufig den Eindruck vermitteln, in erster Linie ihren eigenen Vorteil zu suchen, und andere Nichtregierungsorganisationen treten nicht primär für eigene Interessen ein, sondern für die Interessen derjenigen, die keine Lobby haben. Davon zu unterscheiden sind wirtschaftliche Interessenvertretungen. Dazu zählen intermediäre Organisationen wie etwa Wirtschaftsverbände und vor allem die Lobbyisten. Lobbyisten werden dafür bezahlt, bestimmte wirtschaftliche Interessen erfolgreich durchzusetzen. Lobbyarbeit ist legal. Politiker sollten sich jedoch auch vor Lobbyismus schützen. Dazu könnte ein Lobbyregister eingeführt werden, durch das Lobbyisten gleichsam akkreditiert werden – so die Forderung von Transparency International
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