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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
Autoren: Thomas Fricke
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Kurven von Kursgewinnen nur nach oben gingen – und alte weise Herren wie André Kostolany erklärten uns, wir müssten nur Aktien kaufen, dann zur Apotheke gehen, Schlafmittel holen und ein paar Jahrespäter wieder aufwachen, um die Gewinne zu holen. Gott, lass all die noch ein bisschen schlafen, die, sagen wir, Anfang 2001 bei Bank und Apotheke waren. Ende 2012 lag der DAX fünf Prozent tiefer als damals. Maschsee statt Südsee.
    ***
    Vom Ende einer rauschenden Party
    Deutscher Aktienindex Dax* in Punkten

    * bis 1988 Vorläuferindex
    Quelle: Thomson Datastream
    Als Ende der 90er Jahre die erste globale Finanzkrise tobte, weil der Hype um die Schwellenländer plötzlich geplatzt war und in zwei Jahren von Thailand über Russland bis nach Brasilien ein Land nach dem anderen erfasst wurde, lautete die Standarderklärung der Gralshüter beim Internationalen Währungsfonds: Wenn es kriselt, liegt das weniger an den Märkten als daran, dass den Anlegern Informationen fehlten, dass sie in die Irre geleitet wurden. Sonst hätten sie natürlich nie so verrückt reagiert.
    Motto: Freie Finanzmärkte sind nach wie vor die beste Instanz, um Geld zu steuern. Es muss nur hier und da etwas nachgebessert werden. Ähnlich war die erste Reaktion auf die Krise 2007. Da waren mal einzelne Notenbanker schuld, weil sie zu billig Geld verliehen hatten – was sich durch Austausch von Führungskräften beheben ließe. Mal waren es Regierungen wie die US-amerikanische, die einfach fahrlässig die Vergabe von Immobilienkrediten an Arme gefördert habe. Botschaft: menschliches Einzelversagen. Abwählen. Fertig.
    In Talkshows hat sich derweil eine Deutung festgesetzt, wonach die Krise im Kern ein moralisches Problem (einiger) gieriger Banker ist – die manchmal kriminell sind. Mit dem gelegentlichen Zusatz, dass sich »99,9 Prozent korrekt verhalten«, wie es der CDU-Politiker Michael Fuchs noch 2012 formulierte. Es gibt halt schwarze Schafe, wie überall, und da braucht es im Zweifel Obergrenzen für Bankgehälter, ordentliche Strafen und – als nachträgliches Ordnungsgeld – noch eine Bankenabgabe. Sozusagen als Bearbeitungsgebühr für die Krise. Und alles wird gut.
    Wirklich? Mit jedem neuen Jahr Finanznachbeben wachsen die Zweifel. Reicht es, hier und da ein bisschen zu regulieren, mehr Transparenz zu fordern, die Bankenchefs sorgsamer auszuwählen und die eine oder andere Gehaltsobergrenze einzuführen? Selbstwenn all das mittlerweile mit größerem Eifer betrieben wird? Hilft größere Transparenz, wenn die Finanzmärkte selbst bei Ländern von einem Tag auf den anderen ihr Urteil ändern, die nichts verheimlicht haben – und bei denen sich über Nacht nichts verändert hat? Wussten Anleger nicht, dass die US-Immobilienpreise schon seit Jahren stiegen? 2
    Alle Anstrengungen, die Banken nach der Asien- und der New-Economy-Krise zu mehr Offenheit zu zwingen, haben nicht verhindert, dass es 2007 zu einer noch größeren Krise gekommen ist. Schlimm genug. Manche Regulierung hat nach 2007 sogar noch fatal krisenverstärkend gewirkt, weil Banken in der akuten Not plötzlich mehr Eigenkapital vorweisen mussten. Willkommen Rezession.
    Was helfen Bonusobergrenzen, wenn die Geldhäuser trotzdem aus dem Nichts Milliarden machen können und Hedgefonds in Sekunden absurde Gewinne generieren – und so gefährliche Vermögensblasen entstehen? Da sind hohe Boni eher Symptom des Problems. Das Absurdere scheint ja, dass Einzelne überhaupt virtuell so viel Geld machen können, was andere Berufsstände nie könnten – was auch erklärt, warum sich bei Bäckern und Journalisten die Boni-Frage in der Regel gar nicht stellt. Das Geldzaubern verschwindet ja nicht, wenn die Gehälter bei Bankern gedeckelt sind oder Investmentmanager ihre Gewinne mal für arme Leute spenden, so schön das für die wäre.
    Das Problem muss tiefer liegen. Seit in den 70er und 80er Jahren die große Freiheit an den Finanzmärkten einzog, scheint es Dutzende Bankenkrisen, Immobilien- und Aktienblasen und Finanzcrashs gegeben zu haben: von der Eskalation der US-Sparkassenkrise über den Aktiencrash 1987 und Japans Immobilienblase bis hin zur Bankenkrise in Europas Nordländern in den 90er Jahren, der Mexiko-Krise, der Asien-Krise, dem Platzen der New Economy – und der jüngsten und schlimmsten Finanzkrise seit dem Rekordhalterdrama der 30er Jahre.
    Nach Auswertungen von US-Historikern sind seit Beginn der Finanzglobalisierungswelle durchweg zwischen einem Drittel und 70
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