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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
Autoren: Thomas Fricke
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durchaus ein gesellschaftlicher Mehrwert entstehen.
    Um das beantworten zu können, ist es wichtig, noch einmal nachzusehen, was jene großen Vordenker eigentlich versprochen hatten, die teils schon in den 60er Jahren ganz laut danach gerufen hatten,die Finanzmärkte zu deregulieren, wo immer es geht – und denen Reagan, Thatcher und andere mit der gigantischen Finanzglobalisierung eine Art Traumwelt geschaffen haben.
    Der Traum von den hilfreichen Spekulanten
    Als Ronald Reagan begann, die Finanzmärkte zu liberalisieren, sei es vor allem darum gegangen, den angeschlagenen Sparkassen einen Gefallen zu tun, schreibt Nobelpreisträger Paul Krugman. Dank freierer Kreditvergabe ließ sich de facto mehr Geld schöpfen, mit dem die Schulden scheinbar gedeckt waren. Als Margaret Thatcher den »Big Bang« plante, hatte sie wiederum die Lobby der City zu Besuch an der Downing Street, die Schlimmstes prophezeite, wenn London nicht der Wallstreet folge. Da half die Eiserne Lady gern. Genauso wie später eine rot-grüne Bundesregierung, die dem Lamento des Finanzplatzes Frankfurt erlag, wonach die arme deutsche Börse von jener in London und von der Wallstreet abgehängt werden würde. Weshalb wir unbesehen alles machen mussten wie die. Damals ein Totschlagargument.
    In Wirklichkeit habe Reagans Einsatz den Sparkassen wenig geholfen, unkt Krugman. Im Gegenteil: Die Institute nutzten die neuen Möglichkeiten, um riskantere Geschäfte einzugehen. Um Kunden mit möglichst hohen Zinsen auf Einlagen anzuwerben, warf manche Sparkasse sich jetzt in jene waghalsigeren Geschäfte, die dank der Deregulierung möglich geworden waren. Was in der großen Sparkassenkrise Ende der 80er Jahre endete – eines der ersten Desaster der schönen neuen Finanzzeit.
    Neben den schnöden Lobby-Motiven wirkte allerdings noch etwas viel Tiefergreifendes: ein neues Paradigma, das die Denker der Ökonomie seit den 70er Jahren kollektiv in eine neue Richtung zog – und bei dem das Leitmotiv plötzlich hieß: je freier, desto besser; je weniger Eingriffe, desto mehr Wohlstand und Stabilität. Basta.
    Genau das versprachen die Ökonomen um den legendären Milton Friedman, die als Monetaristen bekannt wurden. Und nirgendwoschien das Versprechen so einleuchtend zu sein wie auf den bis dahin so gegängelten Finanzmärkten. Nirgendwo ließ sich fortan so schnell kaufen und verkaufen, sprich: darauf reagieren, dass andere plötzlich günstiger anbieten oder ihr Angebot verbessern; oder dass es irgendwo ein Schnäppchen oder ein tieferes Problem gibt. Nirgendwo lässt sich so schnell so viel Information über jedes Zucken am Markt einholen wie an den Rechnern der Händler, die ständig »real time« das Geschehen verfolgen. Auf diesem Weg sollte der Markt das beste Urteil finden – über den Wert eines Unternehmens oder die Solidität ganzer Volkswirtschaften und wirtschaftspolitischer Programme, wie sie in den Kursen von Währungen und Staatsanleihen zum Ausdruck kommen. Kurz: der Markt als ideales Kontrollding, als Ersatz für schlechte Politik.
    Auch Friedman räumte ein, dass es an Finanzmärkten zu Übertreibungen kommen kann, dass Aktien- oder Devisenkurse mal überschießen. Nur würde dies nie lang dauern, womit wir bei der Mutter der monetaristischen Grundannahmen sind: dem Vertrauen auf die stabilisierende Spekulation, mit der die Effizienz freier Märkte steht und fällt. Wenn eine Gruppe von Investoren den Kurs einer Aktie oder Staatsanleihe (versehentlich) so hoch schießt, dass es dafür fundamental immer weniger Grund gibt, werde es unter den endlos vielen Anlegern genug geben, die das erkennen und dann in weiser Voraussicht darauf spekulieren, dass der Kurs früher oder später wieder fallen muss.
    Was grandioserweise auch noch selbsterfüllend wirke: Wenn die erwähnten Spekulanten in ebenso weiser Voraussicht ihre Papiere verkaufen, tragen sie – Simsalabim! – gleich dazu bei, dass die Kurse wieder Richtung vernünftigerer Niveaus sinken: weil bei sinkender Nachfrage der Preis sinkt. Schon ist der Ausreißer behoben. Märchenhaft: der Spekulant als erster und bester Garant automatischer Stabilisierung des Systems.
    Friedman ging sogar noch weiter und argumentierte, dass Spekulanten per Definition gar nicht destabilisierend wirken können. Denn: Würden sie bei übermäßig steigenden Kursen kaufen, würden sie am Ende verlieren – weil ja per Definition die Kurse irgendwann wieder in Richtung des (annahmegemäß einzig
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