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Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
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haben beide schon von früh an gelernt, um ihr Recht zu kämpfen. Diese »Lehre« beeinflusst natürlich auch ihren Umgang miteinander. Jeder von beiden fürchtet, wenn er seine Bedürfnisse dem anderen gegenüber nicht mit aller Macht durchsetzt, der Verlierer zu sein.
    Auf das obige Gesprächsbeispiel bezogen, könnte das bedeuten: Viktor denkt, wenn er sich die »Schwäche« leistet,auf die Argumentation von Viktoria einzugehen, dann wird er nicht bestehen können. Deshalb beschließt er, sie gar nicht erst für voll zu nehmen. Mit dieser massiven »Abwertung« seiner Partnerin steigt er in einen ihrer zahlreichen Paarkämpfe ein, deren Markenzeichen Angriff-Gegenangriff oder Angriff-Rechtfertigung sind. Dieser Stil verletzt natürlich. Nach solchen verbalen Attacken fühlen sich beide schlecht und unglücklich. Doch trauen sie sich in der entsprechenden Situation normalerweise nicht, auch nur einen Millimeter von ihrer gewohnten Kampfstrategie abzuweichen, denn dann könnte ja der andere die Oberhand gewinnen und man selbst der Unterlegene sein.
    Im Kommunikationstraining sieht die Situation jedoch anders aus.
    Hier wird den Partnern ein geschützter Rahmen geboten. Die Trainerin oder der Trainer sorgen dafür, dass während des Paargesprächs keinerlei Verletzungen angebracht werden können. Die beiden machten in den vorausgehenden Rollenspielen die angenehme Erfahrung, dass sie sich nicht mehr sorgfältig voreinander schützen mussten, weil dies Trainerin und Trainer für sie übernahmen. Das hat zur Folge, dass sie sich zum einen weiter mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen hervorwagen, zum anderen aber auch, dass sie sich besser auf die Gesprächsregeln konzentrieren und diese folglich auch besser einhalten können. Mit dem immer häufigeren Einsatz der Regeln gehen umgekehrt die Verletzungen immer weiter zurück, sodass die beiden schließlich lernen, dass sie für ein faires Gespräch gar keinen Trainer mehr benötigen, sondern selbst kompetent genug geworden sind, partnerschaftlich miteinander zu sprechen.
    In unserem Beispiel könnte Viktor durch die aufnehmende Zuhörerrolle, die Viktoria einnimmt, soweit angeregtund ermutigt werden, einmal ganz ehrlich für sich selbst zu überlegen, was diese »Angst, auf der Strecke zu bleiben« nun eigentlich wirklich für ihn bedeutet. Er könnte zu der Einsicht kommen, dass er mit seinen heftigen Reaktionen nur versucht, sich gegen seinen dominanten Vater zur Wehr zu setzen, um nie wieder in die Gefahr zu kommen, von ihm bevormundet zu werden. Ihm würde dann vielleicht deutlich werden, dass viele seiner Attacken gegen Viktoria gar nicht wirklich ihr gelten. Wenn er es dann noch schafft, diese Einsichten seiner Viktoria mitzuteilen, dann würde diese höchstwahrscheinlich viele Parallelen zu ihrem eigenen Verhalten entdecken. Sie würde daran denken, wie schwer es auch für sie war, sich durchzusetzen und ihren eigenen Weg zu gehen. Sie würde vielleicht erkennen, dass ihr Aufbrausen oft durch Neid auf Viktors gebildetes Elternhaus bedingt ist. Und je ausführlicher und regelgerechter die beiden sich darüber austauschen, desto mehr Verständnis werden sie für ihr eigenes Verhalten und das des anderen gewinnen. Und dieses gegenseitige Verständnis ist eine wichtige Voraussetzung für einen befriedigenderen Umgang miteinander.
     
    Trotz aller Spekulationen, frommen Wünsche und auch Hoffnungen von uns EP L-Trainern , was die Paare in ihren Gesprächen alles von sich selbst und voneinander erfahren können, sollen, dürfen: Wir überlassen das getrost den Paaren selbst, in dem Wissen, dass die meisten diese Chance des partnerschaftlichen Gesprächs für sich zu nützen verstehen.
    4.3.   Möglichkeiten und Grenzen des EPL
    Unsere drei Beispielpaare sind zwar frei erfunden, allerdings haben wir zahlreiche Erfahrungen, die wir seit Jahren mit »echten« EP L-Paaren sammelten, in diese sechs Personen und ihre »typischen« Partnerschaftsstärken und -schwächen einfließen lassen. Und mindestens eines haben diese drei sonst so unterschiedlichen Paare gemeinsam: Ihre Beziehung wird trotz aller Schwierigkeiten, Meinungsverschiedenheiten und Unterschiedlichkeiten der Personen getragen von gegenseitiger Sympathie und Respekt voreinander.

    Wir sehen dies als eine Grundvoraussetzung für Paare an, die einen EP L-Kurs besuchen und von diesem für ihre Partnerschaft profitieren wollen. Nur wenn dies gegeben ist, werden beide Partner auch die nötige (Beziehungs-)Arbeit
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