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Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
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können, wenn’s doch schiefgehen sollte? Umgekehrt steht jetzt das Problem ja deutlich im Raum. Zu Hause schaffe ich es wahrscheinlich eh’ wieder nicht, es ihr zu sagen. Dann ziehe ich mich wieder schweigend zurück, und der Knatsch beginnt von vorne.« Er gibt sich sichtlich einen Ruck und beginnt über das zu sprechen, was ihn bewegt.
    Nicht auf alte Verhaltensmuster zurückzugreifen, sondern bewusst etwas Neues auszuprobieren, gleicht oft dem Sprung ins kalte Wasser. Auch wenn ich mit dem, wie ich esbisher gemacht habe, nicht zufrieden bin, so weiß ich doch wenigstens, was daraufhin passieren wird. Und das gibt eine gewisse Sicherheit. Wenn ich mich anders als üblich verhalte, kann ich die Reaktion meiner Partnerin viel schlechter einschätzen, und das kann sehr verunsichernd wirken. Der Rahmen, den das Kommunikationstraining setzt, erleichtert diese Veränderung. Die Einhaltung der Regeln schützt beide vor Verletzungen. Auf diese Weise sammeln beide positive Erfahrungen mit ihrem neuen Gesprächsverhalten.
    Er: »Ja also, es fällt mir jetzt ziemlich schwer, darüber zu sprechen, aber ich probier’ es. Also, oft brauche ich einfach ein bisschen Abstand, dann möchte ich am liebsten allein sein. Einfach für ’ne kurze Zeit nichts hören und nichts sehen und nur abspannen.«
    Sie: »Ja, da verstehe ich dich gut. Aber hast du denn nicht eh’ schon mehr als genug Zeit für dich allein?«
     
    Dieser im ersten Moment harmlos wirkende Satz steckt voller wichtiger Äußerungen und Anspielungen, die leider in Kommunikationsfehler verpackt und deshalb sehr indirekt und für das ungeschulte Ohr nur schwer erkennbar sind. Formulierungen wie »das verstehe ich«, »das ist natürlich verständlich« usw. sind häufig nur Phrasen, die vorhandene Meinungsverschiedenheiten schnell unter den Tisch kehren sollen. Außerdem kann der jeweilige Sprecher nach solch einer Entgegnung noch nicht einmal sicher sein, ob er wenigstens akustisch richtig verstanden wurde. Viel nützlicher für das Gespräch ist deshalb ein kurzes Zusammenfassen des Gesagten. Das ist zum einen die beste Möglichkeit zu überprüfen, ob ich den Sprecher auch wirklich richtig verstanden habe; zum anderen verlangsamt sich dadurch das Gespräch, sodass beide Zeit zum Nachdenken und »Nachfühlen«bekommen (der Sprecher z.   B., ob das, was er gesagt hat, und das, was er empfindet, auch wirklich übereinstimmt; der Zuhörer z.   B., was das eben Gehörte wirklich in ihm auslöst); und zum dritten signalisiert das Zusammenfassen dem Sprecher die Bereitschaft des Zuhörers, ihm aufmerksam zuzuhören und seine Aussagen auf ihn wirken zu lassen. Dass die Formulierung »Ja, da verstehe ich dich gut« auch in unserem Gesprächsbeispiel nur eine Konflikt vermeidende Phrase und keine echte Überzeugung war, zeigt gleich der nächste Satz. Er beginnt mit dem Wort »aber«. Dieses »aber« stellt den Inhalt des vorausgehenden Satzes wieder in Frage, oder es widerlegt ihn sogar.
    Und gleich die nächste Formulierung macht deutlich, dass die Zuhörerin Clementia ganz anderer Meinung ist als ihr Sprecher Friedemann. Sie nimmt eine eindeutige Wertung vor (»mehr als genug Zeit für dich allein«), die besagt, dass ihr Partner nach ihrem Gefühl viel zu wenig Zeit mit ihr zusammen verbringt.
    Zusätzlich wird die ganze Aussage noch in eine Suggestivfrage verpackt (»hast du denn nicht eh’ schon   …?«), die suggerieren soll, dass Clementia sich an ihre Zuhörerrolle hält. Inhaltlich drängt diese Frage, die in Wirklichkeit gar keine ist, Friedemann als Sprecher allerdings gehörig in die Ecke, weil dieser Typ von Fragen die einzig erwünschte Antwort bereits vorgibt, es sei denn, Friedemann wagt es, sich massiv gegen diese Form der Beeinflussung zu wehren.
    Für einen positiven Verlauf des Gespräches ist es besser, wenn Clementia, nachdem sie die Aussagen ihres Friedemanns zusammengefasst hat, noch weitere Zuhörerregeln zur Anwendung bringt.
    Sie könnte beispielsweise rückmelden, was das Gesagte in ihr auslöst. Sie könnte dabei etwa ihre Überraschung,ihre Enttäuschung, ihre Besorgnis usw. darüber zum Ausdruck bringen. Sie könnte auch Friedemann für seinen Mut, sich offen zu äußern, positive Rückmeldung geben. Und sie könnte Friedemann noch Fragen, diesmal allerdings »offene Fragen«, stellen; z.   B. ob er insgesamt mehr Zeit für sich möchte, oder ob er dies nur in ganz bestimmten Situationen und wenn ja, welchen, möchte. Zudem sollte an
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