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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
Autoren: James N. Frey
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hat Freytag sich intensiv mit den Gesetzen der Dramaturgie beschäftigt und aus dem Studium der dramatischen Weltliteratur »einige Handwerksregeln in anspruchsloser Form« destilliert, die er »jüngeren Kunstgenossen « »überliefern« will: Die Technik des Dramas. Ich empfehle diese Schrift seit über zwanzig Jahren meinen Studenten, nicht etwa, damit sie nun selbst kunstvolle Römer- oder Staufertragödien schreiben, sondern weil Freytag im Gefolge des Aristoteles hier Naturgesetze der dramatischen Handlung beschreibt, die in Kraft treten, sobald man eine geschlossene Handlung in eine zeitlich begrenzte Theateraktion umsetzt, sei es nun der König Ödipus oder die einhundertsiebenundsechzigste Derrick-Folge. Umso mehr Freude hat es mir bereitet, daß diese Freytagschen Gesetze im Schriftstellerstudium in den USA - denn dort gibt es das, es nennt sich creative writing - offensichtlich noch heute genau für das gebraucht werden, wofür Freytag sie einst konzipierte: zu lehren, wie man ein verdammt gutes Drama schreibt.
    James N. Frey greift wiederholt auf sie zurück; denn es geht ihm um den dramatischen Roman - um nicht mehr. Den Experimentalroman, den unsere Kritiker fast ausschließlich besprechen, schließt er ausdrücklich aus. Es geht eben nur um den gut komponierten und exzellent geschriebenen Roman, dessen Lektüre schlicht und ungebrochen Spaß macht, ohne einen schalen Nachgeschmack zu hinterlassen - und das ist, wenn wir an unsere Leseerfahrungen denken, vielleicht gar nicht so wenig. In der deutschen Literatur haben wir nicht viele davon - vielleicht, weil wir keine Schulen haben, wo man lernt, wie man einen verdammt guten Roman schreibt.
    Volker Neuhaus

    EINLEITUNG

    Ein »verdammt guter Roman« ist eindringlich, und das kann er nur sein, wenn er spannend ist. Zu einem spannenden Roman gehören die folgenden Merkmale: im Mittelpunkt steht eine Hauptfigur, der Protagonist, der mit einem Dilemma konfrontiert wird; das Dilemma weitet sich zu einem Konflikt aus; der Konflikt verdichtet sich aufgrund einer Reihe von Komplikationen zu einem Höhepunkt; auf dem Höhepunkt wird der Konflikt gelöst. Romane wie beispielsweise Ernest Hemingways Der alte Mann und das Meer, John Le Carres Der Spion der aus der Kälte kam, Ken Keseys Einer flog über das Kuckucksnest, Vladimir Nabokovs Lolita, Mario Puzos Der Pate, Charles Dickens’ Ein Weibnachtslied in Prosa und Gustave Flauberts Madame Bovary erfüllen alle diese Merkmale für einen spannenden Roman, und es sind verdammt gute Romane.
    Virginia Woolfs Mrs. Dalloway ist ein klassischer Roman, ein handwerklich ausgefeiltes Kunstwerk und sehr lesenswert. Es hat jedoch nicht die Form eines spannenden Romans. Das gilt auch für James Joyce’ Ulysses, einen Meilenstein in der englischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Wenn Sie wie James Joyce und Virginia Woolf schreiben und experimentelle, symbolische, philosophische oder psychologische Romane hervorbringen wollen, die die Form des spannenden Romans bewußt meiden, dann ist dieses Buch nicht das Richtige für Sie. Auch dann nicht, wenn Sie nach einer literaturwissenschaftlichen Abhandlung über den herkömmlichen spannenden Roman suchen. Dieses Buch ist einfach eine Anleitung, wie man einen spannenden Roman schreibt, und mehr will es auch nicht sein.

    1 WORAUF ALLES ANKOMMT IST »WER«

    WAS BEDEUTET DAS WER?

    Wenn Sie keine Figuren erschaffen können, die in der Phantasie des Lesers lebendig werden, können Sie keinen verdammt guten Roman schreiben. Figuren sind für den Romancier, was Holz für den Schreiner ist und was Ziegelsteine für den Maurer sind. Figuren sind der Stoff, aus dem ein Roman gemacht wird.

        Fiktionale Figuren homo fictus sind jedoch nicht identisch mit Menschen aus Fleisch und Blut homo sapiens. Ein Grund dafür ist, daß Leser lieber vom Außergewöhnlichen lesen als vom Alltäglichen. Leser verlangen, daß homo fictus schöner oder häßlicher, rüder oder vornehmer, rachsüchtiger oder barmherziger, tapferer oder feiger usw. ist als wirkliche Menschen. Seine Gefühle sind leidenschaftlicher, seine Wut ist kälter, er reist mehr, kämpft mehr, liebt mehr, zieht sich häufiger um, hat mehr Sex. Viel mehr Sex. Homo fictus hat von allem mehr. Selbst wenn er einfältig, blaß und langweilig ist, ist er in seiner Einfalt, Blässe und Langweiligkeit außergewöhnlicher als seine Kollegen im wirklichen Leben.

        Wirkliche Menschen sind wankelmütig, widersprüchlich, verbohrt -
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