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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
Autoren: James N. Frey
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nicht der typische Detektiv zu sein scheint, können wir mit der Frage beginnen, warum Boyer auf diesen Beruf verfallen ist. Vielleicht ist er auf dieselbe Weise darauf gekommen wie viele andere junge Männer: indem er den Fußstapfen seines Vaters gefolgt ist. Hier können Sie Ihre Phantasie spielen lassen. Nehmen wir an, sein Vater war der berühmte »Big Jake« Mitchell, das Mo-dell für Dashiell Hammetts Figur Sam Spade. Big Jake war hart, grausam und scharfsinnig: ihn würde nichts davon abhalten, die Interessen seines Klienten zu schützen. Mehr als einmal hat er einen Kiefer gebrochen im Dienste, wie er es nannte, der »höheren Gerechtigkeit«. Boyer sah in seinem Vater eine Art Schläger, aber er hat ihn bewundert. Er glaubt ebenso fest wie sein Vater an die Gerechtigkeit, aber er glaubt auch, daß die Zivilisation auf der Achtung vor dem Gesetz beruht.

        Indem man Boyer einen solchen Vater gibt, fordert man ihn dazu heraus, sich an Big Jakes Maßstäben zu orientieren. Die Leute werden ihn immer an seinem Vater messen. Alte Feinde werden versuchen, ihre Rechnung mit dem Vater zu begleichen, indem sie es dem Sohn heimzahlen. Big Jake wird, auch nach seinem Tod, ein Kreuz sein, das Boyer zu tragen hat. Wenn man die Biographie einer Figur schreibt, muß man nach Dingen Ausschau halten, die die Emotionen der Figur und ihr Verhalten in der Geschichte beeinflussen. Abgerundete Figuren haben eine Vergangenheit, und sie werden sie, wie wirkliche Menschen, mit sich herumtragen müssen.
    Wir haben bis jetzt nur eine rohe Skizze von Boyer Mitchell. Wir müssen ihm Substanz verleihen. Das können wir tun, indem wir eine vollständige Biographie von ihm schreiben, in der dritten oder in der ersten Person. Eine Biographie wie die folgende ist keine Geschichte. Sie kann, wie diese hier, ein wenig abschweifen, kurze Einblicke in Beziehungen gewähren, die nicht erläutert werden, auf nicht weiter behandelte Ereignisse anspielen usw. Solche Biographien sind nicht als umfassende Charakterstudien gedacht. Die Biographie einer Figur ist ein kurzer Abriß ihres Lebens, der es dem Autor ermöglichen soll, sie besser zu verstehen. Nur für ihn selbst. Hier ist Boyers Lebenslauf, geschrieben in der ersten Person:
        Ich bin am 1. Januar als Boyer Bennington Mitchell geboren worden. Ich bin 26 Jahre alt. Ich bin nicht nur jung, ich sehe auch jung aus. Das macht es schwer für mich, in meinem Beruf respektiert zu werden, aber ich habe gelernt, damit zu leben.
             Was für mich zählt, ist, meinen Job ordentlich zu machen. Das ist eine Sache, die ich von meinem Vater gelernt habe. Wenn du das Geld von jemandem nimmst, mußt du dein Bestes geben.
             Mein Vater war »Big Jake« Mitchell. Das ist ein anderes Problem für mich. Es ist nicht leicht, einer Legende nachzuleben.

        Meiner Mutter verdanke ich die Namen »Boyer Bennington«. Sie stammte aus einer Ober-schicht-Familie - eine Bennington von den Benningtons aus Vermont. Eine sehr alte Neueng-land-Familie. 1955 ist einer ihrer Onkel hier in San Francisco ermordet worden, und die Polizei konnte das Verbrechen nicht aufklären. Big Jake als Retter in der Not. Er schnappte den Mörder innerhalb von 24 Stunden und heiratete meine Mutter 24 Stunden später. Rannte sie über den Haufen. Die Frauen fraßen ihm aus der Hand. Damals flogen sie auf diesen Macho-Typ. Meine Mutter jedenfalls, sagt man. Natürlich war die Ehe meiner Eltern so glücklich wie das Leben in einem Knast in Kalkutta.
    Der Hauptgrund für ihr ganzes Unglück war der Umstand, daß Big Jake darauf bestand, daß sie von seinen Einkünften lebten, obwohl sie genug Geld hatte, um das Fürstentum Monaco zu kaufen. Big Jake verdiente gar nicht schlecht, aber was heißt schon nicht schlecht verdienen, wenn man an Rolls Royces gewöhnt ist und daran, den Winter auf den Bahamas zu verbringen. Was für ein Leben hatte ich als Junge! Meine Mutter wollte, daß ich Geige spielte, obwohl ich kein Gefühl für Rhythmus und die Fingerfertigkeit eines Salzherings hatte und außerdem völlig unmusikalisch war. Ich hatte neun verschiedene Geigenlehrer. Meine Mutter gab immer ihnen die Schuld für mein Versagen. Aber ich wollte kein Musiker werden. Als ich 15 war, gab sie die Idee mit der Musik schließlich auf. Dann wollte sie, daß ich Banker würde. Aber davon wollte ich nichts hören. Nein, seit ich alt genug war, um zu wissen, wo vorne und hinten ist, wollte ich Privatdetektiv werden. Und
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