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Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Wie man einen verdammt guten Roman schreibt

Titel: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt
Autoren: James N. Frey
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schreiben in einer bestimmten Tradition, und es wäre sehr gut, wenn Sie viele Roma-ne in dieser Tradition gelesen haben und mit ihren Konventionen völlig vertraut sind. Ein etablierter Schriftsteller kann von der Konvention abweichen, und seine Leser werden ihm diese Abweichung verzeihen, aber einem Anfänger wird dieses Privileg nicht zugestanden, und er tut daher gut daran, die akzeptierten Grenzen des Genres nicht zu verlassen.
             Nehmen wir an, Sie haben sich dazu entschieden, über einen professionellen Detektiv zu schreiben, weil es Ihnen Spaß macht, Erle Stanley Gardner, Ed McBain, Ross MacDonald, John Dickson Carr und Robert B. Parker zu lesen. Der Profi-Detektiv ist Ihr Lieblingsdetektiv. Aber Sie haben keine Ahnung, was für ein Mensch Ihr Profi ist. Am besten fangen Sie damit an, sich einen Namen zu überlegen, der Ihnen ein bestimmtes Bild vermittelt.
             Geben Sie ihm keinen typischen Detektiv-Namen wie Rockford, Harper, Archer oder Marlowe. Sie wollen etwas anderes und Unverbrauchtes, aber nichts Abwegiges. Kein Stempski Scyzakzk, der Ihre Leser vergraulen würde. Es kommt darauf an, innerhalb der akzeptierten Form kreativ zu sein, wie ein Architekt, der die Ecken, die Säulen, die Neigung des Dachs verändert, ohne auf die Schlaf-, Badezimmer und Toiletten zu verzichten, die seine Auftraggeber erwarten vorzufinden.

        Lassen wir den Namen Ihres Detektivs ein wenig undetektivisch klingen, nennen wir ihn Boyer, Boyer Mitchell, wie finden Sie das? Nicht schlecht, oder? Wenn Ihnen kein Name einfällt, das Telefonbuch ist voll davon.
    Eine Menge Detektive sind im mittleren Alter, harte Burschen mit grauen Haaren und viel Erfahrung. Wir wollen Boyer der Abwechslung wegen jung und unerfahren sein lassen. Auch physisch sollte er kein typischer Detektiv sein. Detektive in Romanen sind oft groß, auf eine rauhe Weise gutaussehend und aufdringlich. Boyer soll schmächtig, zart und mittelgroß sein, intelligent aussehen, und wir wollen ihm große, dunkle, scharfsinnige Augen und runde Schultern geben. Er bewegt sich ziemlich bedächtig, kleidet sich gut, um den besten Eindruck zu machen, sieht auch sonst gepflegt aus und hat große strahlende Zähne. Er hat ein angenehmes Auftreten - ruhig und nachdenklich. Die meisten würden ihn für einen Akademiker halten. Er ist 26 und ein Single.

        Woher stammt dieses Bild von Boyer Mitchell? Der Autor, dessen Buch Sie gerade lesen, hat es völlig aus der Luft gegriffen, als er dieses Buch entwarf, indem er Eigenschaften auswählte, die zu denen der meisten Detektiv-Figuren in krassem Gegensatz stehen - Eigenschaften, die zu Stereotypen geworden sind. Boyer könnte genauso gut alt, fett und Alkoholiker sein. Was die charakteristischen Eigenschaften Ihrer Figur betrifft, sollten Ihre Auswahlprinzipien so aussehen: Vermeidung von Stereotypen und gute Orchestrierung.

        Gute Orchestrierung ist Lajos Egri zufolge die Kunst, kontrastierende Figuren zu schaffen, damit sie »Instrumente sind, die so zusammenspielen, daß sie eine gut orchestrierte Komposition wiedergeben können«. Mit anderen Worten: Machen Sie nicht alle Ihre Figuren gierig oder ehrgeizig. Figuren sollten einander als Folie dienen. Falls eine außergewöhnlich fleißig ist, sollte eine andere ungewöhnlich faul sein. Hamlet war unentschlossen und willensschwach, neigte eher zum Denken als zum Handeln. Er brütete vor sich hin, war depressiv und schwelgte in Selbstmitleid. Seine Kontrastfigur, Laertes, war ein Mann der Aktion.
             Eine weitere Überlegung beim Erschaffen von Figuren ist, daß Sie, der Autor, eine lange Zeit die Welt mit den Augen Ihrer Figuren sehen müssen. Sie sollten sich fragen, ob Sie wirklich mit ihnen arbeiten wollen. Finden Sie diese Figuren interessant? Vielleicht wollten Sie mit Boyer Mitchell nicht arbeiten, wenn er alt, fett und Alkoholiker wäre, und das allein ist der Grund, warum Sie ihn jung, schlank und intelligent haben wollen. Das ist In Ordnung, es ist Ihr Buch. Wenn Sie von Ihren Figuren fasziniert sind und sie mögen, ist es wahrscheinlicher, daß Ihre Leser auch so empfinden.
    Bis jetzt haben wir einige von Boyers physiologischen Dimensionen festgelegt und einen Hinweis auf seine soziologische Dimension. Wir sind dabei, ein Bild von ihm zu bekommen, aber es ist immer noch nebulös. Wir müssen seinen Charakter durchschauen und ihn wirklich kennenlernen, weil er der Star dieses Romans werden soll.
        Weil er
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