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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle
Autoren: Martin Kordić
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die Seitenklappen gucken. Ein Lkw kommt uns entgegen und hupt und der Fotograf schafft es gerade noch so abzubremsen.
    Um uns herum sind nur Felsen und der Himmel. Wir fahren viele Kurven. Wir kommen durch ein paar Dörfer. Da sind überall noch zwei oder drei Häuser. Manche haben keine Dächer mehr. In einem Haus kann ich einen Storch erkennen. Dahinter bei den abgebrannten Ställen sehe ich drei Elefanten, die einen Garten umgraben. Das glaubst du mir nicht? Aber das ist die Wahrheit. Da stehen drei Elefanten und graben einen Garten um und die kümmern sich überhaupt nicht um den Storch, der sie beobachtet.
    Ich kann mich gerade noch so auf der Pritsche halten, ohne runterzufallen bei der Raserei und den vielen Kurven. Dem Hund fällt die Schnur mit dem Luftballon aus dem Maul. Der steht auf allen vieren und bellt einem Berg entgegen. Auf dem Gipfel steht ein großes Kreuz. Das ist das Kreuz von Jesus Christus. Wir fahren auf den Berg zu. Ich klopfe an die Rückscheibe. Wir halten an. Wir verabschieden uns. Der Fotograf macht Bilder. Er macht Fotos von mir, dem Hund und dem Brautpaar. Der Fotograf kriecht auf dem Boden rum, damit der Gipfel und das Jesuskreuz auch auf dem Bild sind.
    Der Pfad zum Gipfel geht im Zickzack und ich brauche ziemlich lang, bis ich oben bin. Mit dem Auto kann keiner diesen Pfad fahren. Da sind zu viele Steine. Zehn Schritte, links, zehn Schritte, rechts. Jeden Meter, den wir uns auf den Gipfel zubewegen, bellt der Hund noch lauter. Das Paket ist mir zu schwer. Ich stelle das Paket auf den Rücken von dem Hund und halte mit einer Hand dagegen. Ich denke nur noch ans Gehen und gucke auf den Boden oder auf das Paket.
    Wir stehen unter dem Kreuz. Wir schauen in den Himmel. Das Kreuz ist so hoch wie ein Hochhaus. Ich gucke runter ins Tal. Mitten durch das Tal fließt ein grüner Fluss. Drumherum liegt die Stadt. Das ist die Stadt der Brücken. Es ist lange her, dass ich zum letzten Mal in dieser Stadt bin. Keins von den Häusern ist in einer Reihe zum anderen gebaut. Nur der Fluss ist eine Linie.
    Der Hund jault auf. Ich stelle das Paket ab. Ich setze mich neben den Hund auf den Boden. Ich streichle das Tier zwischen den Ohren. Es legt seine Schnauze in meinen Schoß. Wir blicken in das Tal, bis erste Wolken aufziehen und die Sonne untergeht. Kein Licht brennt in der Stadt. Es ist finster. Am Himmel kann ich den Mond nicht sehen, auch keine Sterne.
ANLEITUNG ZUM BACKEN
VON TEIGSCHNECKEN
    Du nimmst einen dünnen Teig und irgendwas, das du in den Teig einrollen willst. Außerdem benötigst du viel Öl von den Oliven am Berg. Damit streichst du alles ein: die Hände, das Blech, den Teig (bevor du die Füllung drauflegst) und noch mal den Teig (nachdem du die Füllung einrollst). Aus der langen Wurst, die jetzt vor dir liegt, formst du eine Schnecke. Dazu legst du ein Ende genau in die Mitte vom Tisch und stellst einen Salzstreuer drauf oder ein Glas mit Honig. Mit dem anderen Ende in der Hand läufst du jetzt um unseren Tisch rum, bis kein Teig mehr übrig ist. Die Schnecke ist fertig und du trägst sie aufs Blech. Das ist der gefährliche Moment beim Backen von Teigschnecken. Auch Teigschneckenbäckern, die schon jahrhundertelang Teigschnecken backen, fällt an dieser Stelle manchmal der Teig auseinander. Wenn du das ganze Blech mit Teigschnecken volllegst, schiebst du alles in den Ofen und wartest, bis das Öl anfängt zu knistern und der Teig schon etwas braun ist. Wenn du jetzt eine Schnecke rausnimmst und in der Hand hältst, kannst du testen, ob die Teigschnecke gut ist. Du drückst die zusammen und guckst, ob hinten Öl raustropft. Wenn das so ist, machst du alles richtig.

DER LETZTE TAG
    Der Boden fängt an zu vibrieren. Ein immer lauter werdendes Dröhnen pumpt sich in seine Ohren. Zuerst hält der Junge es für einen Teil seines Traums. Aber dann landet eine Menge Dreck und Staub in seinem Gesicht. Der Hund neben ihm bellt laut auf. Der Junge muss schrecklich husten, fuchtelt mit den Armen herum und spuckt aus. Als er wieder halbwegs zu Atem kommt, sieht er, wie ein Fahrzeug an ihm vorbeizieht. Neben den Reifen sind elektrische Besen montiert, die den Dreck der Straße aufwirbeln. Zwei orange gekleidete Männer gehen mit Kehrschaufeln hinterher.
    »Zigeuner«, sagt einer von ihnen, als er den Jungen sieht, und der guckt ihn einfach nur an und sagt gar nichts. Seine Augen sind noch müde vom Schlaf. Er greift nach einer Plastiktüte neben sich und bindet sie an sein Handgelenk. Dann
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