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Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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nickte. »Dann versuche ich, es zu erklären. Brillengläser korrigieren Sehfehler. Mit der verschriebenen Gläserstärke sehen Sie wieder korrekt. Die Hörhilfe verstärkt lediglich, was Jennifer überhaupt akustisch wahrnimmt.
Einmal angenommen, Sie schalten das Radio ein, vernehmen aber nur ein statisches Rauschen. Stellen Sie lauter, hören Sie nicht deutlicher, sondern nur ein lauteres Rauschen. Leuchtet Ihnen das ein?«
    Mit dem Daumennagel tippte er sich auf die makellos weißen Zähne unter dem Schnurrbart. »Mmh, verstehe, was Sie meinen.«
    »Ich möchte Jennifers Wortschatz erweitern. Wenn ich sie mit in den Park nehmen und ihr das Verb laufen demonstrieren würde, würde sie es lernen und begreifen, was Laufen bedeutet, aber nur in diesem einen Kontext. Ich möchte aber auch, dass sie die Zusammensetzungen dieses Verbs versteht, wie beispielsweise aus dem Ruder laufen , zu Höchstform auflaufen oder Sturm laufen .«
    »Und Sie meinen, das kann sie alles lernen?«
    »Nur, wenn wir es ihr beibringen, Drake. Wir müssen ständig mit ihr kommunizieren – das heißt in der Gebärdensprache  –, wie andere Kinder sich auch mit ihren Eltern austauschen. Meine Schwester Ellen kann von den Lippen ablesen und artikuliert sich vergleichsweise mühelos, so dass sie sich nur noch in Ausnahmefällen der Taubstummensprache bedient.«
    »Dann ist Jennifer irgendwann auch in der Lage zu sprechen?«
    »Nicht so wie wir«, betonte sie. »Sie wird niemals so hören wie wir und sich deshalb auch nicht wie wir artikulieren können. Als Schauspieler ist es Ihnen bestimmt schon passiert, dass Sie zwar Ihren Text kannten, ihn aber partout nicht über die Lippen brachten. Weil Sie eine Sprachblockade hatten oder Ähnliches.«
    »Ja.«
    »So ist das bei Taubstummen ständig. Jedes Wort ist ein Kampf. Aber mit viel Übung und Geduld klappt das schon. Erwarten Sie nicht zu viel, dann sind Sie nachher auch nicht enttäuscht.«
    Er spähte auf seine Hände, die er auf dem Tischtuch gefaltet hatte. Lauri hätte sie am liebsten tröstend gedrückt und ihm Mut gemacht. Irgendwie musste sie ihn moralisch aufbauen. »Jennifer kann schon meinen Namen sagen.«
    Spontan sah er sie an und grinste stolz. »Doktor Norwood erzählte mir, dass Sie sich blendend mit meiner Tochter verstehen.«
    Im Stillen musste Lauri zugeben, dass sie das kleine Mädchen bereits ins Herz geschlossen hatte. Es berührte sie jedes Mal, wenn sie Jennifer besuchte und das Kind sie dann verschüchtert anlächelte. So wie jetzt, da sie in Drakes tiefgrüne Augen schaute, die verräterisch feucht schimmerten. Schwierig, in einer solchen Situation objektiv zu bleiben. Was sie vor eine äußerst heikle Entscheidung stellte, fand die junge Lehrerin.

3
    A uf dem Weg vom Tisch bis ins Taxi, das der Restaurantchef persönlich für sie bestellt hatte, steuerten nacheinander drei weibliche Fans auf Drake zu und baten um Autogramme.
    Es faszinierte Lauri, wie schnell und überzeugend er sich auf eine veränderte Situation einzustellen vermochte. Von einem Augenblick auf den anderen entpuppte sich der zweifelnde, besorgte Vater als selbstbewusster, gefeierter Fernsehstar. Absolut kontrolliert und ganz in seinem Element, beglückte er seine glühenden Bewunderinnen mit einem strahlenden Lächeln, plauderte charmant mit jeder einzelnen.
    Das privat Vertrauliche gab vermutlich jeder Frau das Gefühl, dass er sich speziell für sie interessierte. War er wirklich so, oder spielte er nur eine Rolle? Eine brisante Vermutung, die Lauri lieber gleich verdrängte.
    »Wird das nicht irgendwann lästig?« Sie deutete auf eine entrückt blickende Frau am Straßenrand, die eine Serviette mit Drakes Autogramm an ihren Busen presste.
    »Doch, schon. Aber ich versuche so gut wie möglich, das Starsyndrom herunterzuspielen und geduldig-verständig auf die Damen einzugehen. Dabei stelle ich mir die Frage: »Was wäre ich ohne sie? Das hilft.«
    Lauri hatte ihn gebeten, sie vor der Schule abzusetzen. Sie wollte dort noch einige Unterlagen abholen, bevor sie in ihr nahe gelegenes Apartment zurückkehrte.
    »Gut«, sagte Drake. »Ich möchte Jennifer ohnehin noch kurz besuchen.«
    Lauri warf einen kurzen Blick auf ihre goldene Armbanduhr. »Aber es ist nach neun. Sie schläft sicher schon.«
    »Dann müssen wir sie eben wecken«, erklärte er ungerührt.
    »Sie scheren sich wohl nie um irgendwelche Regeln und Vorschriften, Mr. Rivington?«
    Er lachte. »Doch, im Allgemeinen schon. Doktor Norwood
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