Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
Vom Netzwerk:
eine Mischung von beidem waren. Auf jeden Fall gefielen ihr die auffallend dichten, langen Wimpern, wenn er die Augen zusammenkniff. »Das entscheiden Sie.« Er lachte.
    »Also, am Donnerstag muss ich zu den Cheerleadern, weil wir am Freitag eine Veranstaltung haben.« So ein Schwachsinn! Er weiß doch genau, wann die Aufwärmspiele
sind. »Und dienstags habe ich Klavierunterricht.« Das interessiert ihn nicht die Bohne, Shelley! »Schätze, Montag und Mittwoch wären am besten.«
    »Prima«, lachte er. »Puh, ist das kalt hier draußen. Kommen Sie, gehen wir rein.«
    Um ein Haar wäre sie über ihre eigenen Füße gestolpert, da er sie unvermittelt am Ellbogen fasste und zur Eingangstür bugsierte. Sobald die schwere Eisenkonstruktion scheppernd hinter ihnen ins Schloss fiel, war sie einer Ohnmacht nahe. Ihr Arm brannte von seiner Berührung. Allerdings hatte sie ihren Freundinnen nie davon erzählt, sondern den Zwischenfall wie ein kostbares Geheimnis gehütet.
    Ab da bestimmten die Nachmittage, die sie mit ihm im Klassenzimmer verbrachte, ihr Leben. Sie quälte sich durch den Unterricht und fieberte regelrecht den Stunden entgegen, in denen sie für ihn tätig war. Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und ertappte sich dennoch dabei, wie sie durch die leeren Flure zu seinem Klassenraum rannte, wo sie völlig außer Puste ankam. Bisweilen war er gar nicht da, sondern hatte ihr einen Stapel Unterlagen mit seinen Anweisungen bereitgelegt. Dann ging sie die Arbeiten ihrer Klassenkameradinnen mit einer Sorgfalt durch, die sie selbst sich nie zugetraut hätte. Wenn er kam, brachte er ihr häufig eine Limonade mit.
    Einmal, als sie Fragebögen mit dem roten Filzschreiber korrigierte, den er ihr gegeben hatte, stand er von seinem Schreibtisch auf, wo er sich durch eine kaum leserliche Klausur quälte. Er hob die Arme und zog sich den Pullover
mit dem V-Ausschnitt über den Kopf. »Wenn Sie mich fragen, ist es hier drin viel zu heiß. Diese Schule sollte ruhig auch einen kleinen Beitrag zum Energiesparen leisten.«
    Seinerzeit konnte sie ihn in seinem Umweltbewusstsein nicht einmal bestärken – sie war schlichtweg sprachlos gewesen. Er verschränkte die Finger, drehte die Handflächen nach außen und dehnte sich mit hochgereckten Armen. Fasziniert beobachtete sie das Muskelspiel unter seinem weichen Baumwoll-Shirt. Er atmete tief durch, ließ die Arme wieder sinken und rollte lockernd die Schulterblätter.
    Shelley fiel vor Schreck der Stift aus der Hand. Sie hatte das Gefühl, dahinzuschmelzen wie Eiskristalle in der Sonne. Ihr war plötzlich glutheiß, und das lag bestimmt nicht an dem überhitzten Raum.
    An diesem Tag hatte sie das Klassenzimmer ziemlich überstürzt verlassen. Einerseits war sie gern mit ihm zusammen, andererseits signalisierten ihre sämtlichen Instinkte Flucht. Trotzdem konnte sie dem Tumult ihrer Gefühle, der in ihr tobte, nicht entfliehen. Es war alles so neu und verwirrend und völlig anders als sämtliche Flirterfahrungen, die sie bis dahin gesammelt hatte. Sie konnte es sich selber nicht erklären. Erst Jahre später, älter und reifer geworden, begriff sie, was sie an jenem Nachmittag empfunden haben musste: Begehren.
    Während jener Zeit im Spätherbst hatte er sich ihr gegenüber immer freundlich und zuvorkommend verhalten. Wenn ihr Freund sie nach dem Fussballtraining abholte, um
sie mit seinem schrottreifen Cougar nach Hause zu fahren, rief Mr. Chapman ihnen aufgeräumt nach: »Viel Spaß noch, ihr beiden!«
    »Vor der nächsten Veranstaltung möchte ich Sie bitten, die ersten drei Kapitel im Lehrbuch durchzulesen. Es ist zwar todlangweilig, ich weiß, aber es liefert Ihnen gute Hintergrundinformationen.«
    Chapmans Anmerkung riss Shelley aus ihrer Träumerei. Eine Hüfte lässig an die Pultkante gelehnt, wirkte er verdammt sexy. Shelley war sich darüber im Klaren, dass die anderen Studentinnen seine erotische Ausstrahlung genauso wahrnahmen wie sie. Eine Frau musste schon blind sein oder Tomaten auf den Augen haben, wenn sie so etwas nicht mitbekam. Und richtig, als sie heimlich den Blick schweifen ließ, sah sie keine, für die das auch nur annähernd zugetroffen hätte.
    Stattdessen bemerkte sie, dass ihre Kommilitoninnen höchstens Anfang zwanzig waren. Registrierte hohe, spitze Brüste, die aufreizend ungebändigt unter T-Shirts wippten, und schlanke, wohlgeformte Schenkel in knallengen Designer-Jeans. Betont nachlässig frisierte Mähnen in allen erdenklichen Braun-,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher