Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
Autoren: Will McIntosh
Vom Netzwerk:
bisschen wie eine Elfe. Würde mich nicht wundern, wenn sie spitze Ohren hätte.«
    » Ich geb ja zu, dass sie mir sofort aufgefallen ist. Hab richtig Herzklopfen gekriegt.« Ein Bild von Sophia mit ihrem breiten Lächeln schoss mir durch den Kopf.
    » Sprich sie doch an. Verabrede dich mit ihr zu irgendwas.«
    » Vielleicht mache ich das.«
    Aber zu was verabredet man sich mit einer Frau, wenn man kein Auto hat, kein Dach über dem Kopf und auch kein Geld fürs Kino, selbst wenn man irgendwie dort hinkäme? Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Aber vielleicht gab es auch gar keine Verhaltensregeln, vielleicht schufen wir uns erst langsam neue.
    Cortez schlug vor, die andere Sippe zu fragen, ob sie irgendeinen Energiespeicher besaßen und ob sie auch andere Dinge als Drogen tauschten. Ich bot mich als Kundschafter an. Ange meinte, ihnen ein bisschen Gras abzuhandeln würde unsere Stimmung heben; vor acht Jahren, mit fünfzehn, hatte sie wegen Koks ein Jahr in einer Entziehungsanstalt verbracht. Aber die Mehrheit war dagegen.
    Die Sippe konnte keine Energie speichern, das war also Fehlanzeige, aber ich nutzte die Chance und ging zu Phoebe hinüber, plauderte mit ihr und nahm dann meinen ganzen Mut zusammen.
    » Hey«, fragte ich sie, als sei mir gerade eine Idee gekommen, » hast du Lust, nachher mal in die Stadt zu gehen? Vielleicht einen Schokoriegel kaufen und ein bisschen durch die City bummeln?« Ich kam mir immer blöd vor, wenn ich mich mit einer Frau verabredete, so als würde ich versuchen, sie irgendwie zu überlisten. Natürlich hatte ich auch ganz bestimmte Absichten, gar keine Frage.
    » Okay«, antwortete sie schlicht.
    » Super.« Ich versuchte ihr zu zeigen, dass ich mich freute, gleichzeitig aber zu verbergen, wie überrascht ich war. » Dann komm ich einfach etwas später wieder?« Ein Satz wie » Dann hol ich dich so um sieben ab?« wäre eindeutiger gewesen, aber wir hatten beide keine Uhr, und ich besaß auch kein Fahrzeug, mit dem ich sie hätte abholen können.
    Ohne Wasser, nur mit einem Klecks von unserer Sippenzahnpasta putzte ich mir die Zähne, dann unterhielt ich mich noch eine Weile mit den anderen. Dabei hatte ich die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen Sophia gegenüber. Auch die Regeln für diese Beziehung waren mir nicht klar. Durfte ich mich mit anderen Frauen treffen? Immerhin war sie verheiratet, und wir schliefen nicht miteinander. Aber noch entscheidender war wohl die Frage: Wollte ich mich mit anderen Frauen treffen? Im Moment ja. Ich wollte zur Abwechslung mal etwas Normales tun. Also schlenderte ich wieder zurück, um Phoebe abzuholen.
    Sie hatte Lippenstift und Eyeliner aufgelegt und sich reichlich mit Parfum besprüht. Dafür war ich ihr dankbar: Sie hatte sich für unser Date hübsch gemacht.
    » Wollen wir los?«, fragte ich.
    Sie nickte, und wir brachen auf, kletterten den Bahndamm hinauf und spazierten in Richtung Metter.
    Als Erstes gingen wir die üblichen » Wo kommst du her?«- und » Was hast du früher gemacht?«-Fragen durch. Phoebe hatte einen Master in Englischer Literatur– noch eine Unglückselige, die ihrem Herzen gefolgt war. Dann sprachen wir über Musik und Filme. Sie strahlte ein unbefangenes Selbstvertrauen aus, und statt mir zu signalisieren, dass ich nicht ihre Kragenweite war, vermittelte sie mir ebenfalls Selbstvertrauen. Ich mochte sie gern und freute mich, dass ich für eine andere Frau als Sophia etwas empfinden konnte.
    Doch das veranlasste mich, über Sophia nachzudenken. Noch lieber hätte ich mit ihr gelacht, und unterwegs schweiften meine Gedanken immer wieder zu ihr ab und kehrten nur ungern wieder zu Phoebe zurück.
    Im Tankstellen-Shop teilten wir uns einen Burrito aus der Mikrowelle, und zum Nachtisch gönnten wir uns jeweils einen Schokoriegel. Als Phoebe in ihre Handtasche griff, um Geld herauszuholen, bot ich ihr an zu bezahlen, aber sie meinte, sie würde die Rechnung gern teilen.
    Draußen setzten wir uns zwischen Zigarettenkippen auf den Randstein des Parkplatzes, direkt beim Druckluftschlauch für die Reifen, aber möglichst weit weg vom Gestank der Zapfsäulen.
    Ein magerer kleiner Chihuahua kam hinter einem grünen Müllcontainer hervor und verbellte mich. Bei jedem Bellen hopste er ein Stückchen zurück, wie von einem Rückstoß. Er war halb verhungert und schien empört zu sein, dass niemand ihn fütterte. Als ich ein Stück von meinem Schokoriegel abbrach und ihm hinwarf, verschlang er es sofort. Dann fing er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher