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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
Autoren: Will McIntosh
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Einsatz verdammt hoch.
    Ich machte einen Spaziergang an den Schienen entlang und rief Sophia an. Sie sagte, sie könne nicht sprechen. Also war ihr Mann zu Hause.
    » Kannst du nicht kurz rausgehen? Ich muss mit dir reden.«
    Sophia schwieg lange. Ich wusste, dass sie meiner Sprechweise, meiner verstopften Nase anhörte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
    » Ich weiß, was du sagen willst. Aber ich will es nicht hören.«
    » Es tut mir leid«, sagte ich. » Es tut mir so leid.«
    Ich hörte, wie sie die Haustür schloss. » Bitte nicht«, flüsterte sie. Sie weinte, und ich musste noch heftiger weinen. » Du bist das Einzige in meinem Leben, was mich glücklich macht.«
    Wir redeten stundenlang. Ich fragte sie, welchen Sinn unsere Beziehung hatte, wenn sie ihn niemals verlassen würde– seinen Namen konnte ich nicht aussprechen, ich nannte ihn einfach » er«. Sophia erwiderte, das wisse sie nicht, aber sie brauche keinen Sinn, sie müsse nur jeden Tag meine Stimme hören. Ich erklärte ihr, dass wir uns nur quälten.
    Zum Schluss meinte sie, sie könne mich zwar verstehen, aber sie wolle trotzdem nicht, dass ich mich von ihr trenne. Ungefähr fünfzig Mal sagten wir uns abwechselnd » Ich liebe dich«. Dann herrschte im Hörer Totenstille.
    Nach einer Trennung ist man nicht ganz zurechnungsfähig. Das weiß man auch, man weiß, dass man nicht klar denken und seinem Verstand nicht trauen kann, aber man kann nichts dagegen unternehmen, sondern muss einfach abwarten. Ich habe gelernt, dass man während dieser Phase am besten keine wichtigen Entscheidungen trifft, denn meistens stellt sich später heraus, dass sie falsch waren.
    Also folgte ich meiner Sippe und setzte einfach einen Fuß vor den anderen. Ich war untröstlich, und Schuldgefühle quälten mich, weil ich Sophia solchen Kummer bereitete. Dabei wusste ich, dass ich sie bloß anzurufen brauchte, um ihr Leiden zu beenden. Ich brauchte mich nur zu entschuldigen und zu sagen, ich wünschte mir alles wieder so, wie es vorher gewesen war.
    Wir bewegten uns auf Vidalia zu. An den Flüssen unterwegs arbeiteten wir mit unseren Wasserkraft-Kollektoren, an den Straßen mit unseren Windmühlen, und wenn wir haltmachten und die Sonne schien, breiteten wir unsere Solardecken aus.
    » Nietzsche hat mal gesagt: › Was mich nicht umbringt, macht mich stärker‹«, bemerkte Jim, während wir uns durch den Müll am Straßenrand vorwärtskämpften.
    » Ja, genau«, sagte ich. » Und wie ist das mit radioaktiver Strahlung?«
    Aus dem kleinen Radio, das Cortez trug, ertönte Bob Marleys Stimme. Ich ging zu Cortez hinüber und schaltete das Gerät aus, denn mich überkam eine schmerzhafte Traurigkeit. Marley war einer von Sophias Lieblingssängern. Cortez sah mich seltsam an, sagte aber nichts. Sie behandelten mich alle ungeheuer nachsichtig.
    Schon lange, bevor ich Sophia kennenlernte, hatte ich Bob Marley geliebt. In der Highschool-Zeit hatten wir ihn gehört, wenn wir Poker spielten. Meine Eltern fielen mir ein, die immer unsere lauten Pokerabende im Keller hatten ertragen müssen. Sie waren bei den Wasserunruhen in Arizona ums Leben gekommen. Ich schaltete das Radio wieder ein. Nein, ich wollte Bob Marley nicht Sophia überlassen.
    In der Ferne krachten Schüsse, eine Polizeisirene heulte. Oder vielleicht war es ein Krankenwagen? Mir wurde klar, dass ich die beiden Sirenen nicht auseinanderhalten konnte. Ich schaute mich nach Colin um, denn wir näherten uns einem Supermarkt, einem Winn Dixie. Also befasste ich mich nicht weiter mit den Feinheiten von unterschiedlichem Sirenengeheul.
    Im Winn Dixie war es fast leer. Cortez, Jim und ich gingen hinein– die Wahrscheinlichkeit, dass sie unser Angebot ablehnten, war kleiner, wenn wir nur wenige waren. Nur eine Kasse war besetzt, und die Kassiererin wirkte nervös, als wir die Automatik-Türen aufschoben, sagte aber nichts. Wir begannen mit unserem Einkauf.
    » Hey, wie wär’s denn damit?« Cortez hielt eine Packung Oreos hoch.
    » Wir sollten uns an die Liste halten«, sagte Jim. Er schloss beim Sprechen die Augen– einer seiner typischen Manierismen. » Wir können es uns nicht leisten, leere Kalorien zu kaufen.«
    Ärgerlich packte Cortez die Kekse wieder ins Regal. » Wir müssen das Leben doch auch ein bisschen genießen, sonst können wir uns ja gleich aufhängen.«
    Vom Kassenbereich her hörten wir ein schrilles Kreischen. Wir rannten den Gang entlang nach vorn, um zu sehen, was da los war.
    Die Kassiererin warf
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