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Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Titel: Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
Autoren: Petra Foede
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dreißig Jahren in New York an der Spanischen Grippe starb.
    Zurück zum eigentlichen Thema, dem Reuben-Sandwich, das nach Darstellung der Familie identisch ist mit dem erwähnten »Reuben Special«. Die Erinnerung des Erfinders lässt im Hinblick auf die Zutaten zu wünschen übrig, was nach zwanzig Jahren durchaus verständlich wäre – wenn er es seitdem nicht täglich zubereiten würde! 1950 wird er in einer Zeitschrift allerdings konkreter und nennt Putenfleisch, Schinken, Schweizer Käse, Krautsalat, Tomate, Zwiebeln und Russian Dressing; genau diese Zutaten werden in einem New Yorker Gastroführer aus dem Jahr 1930 auch als Belag eines Sandwiches in Reubens Deli erwähnt. Tomate und Zwiebeln ließ er einige Zeit später offenbar weg, weil sie ständig aus dem Brot rutschten. Noch in den 1960er Jahren stand das »Reuben’s Special« mit diesem Belag auf seiner Speisekarte – und das bedeutet, es ist nicht identisch mit dem bekannten Reuben-Sandwich, denn Schinken ist kein Corned Beef und Krautsalat kein Sauerkraut.
    Also doch Omaha? Hier ist man davon überzeugt, dass der Kaufmann Reuben Kulakofsky (1873–1960) das Sandwich Mitte der 1920er Jahre spontan bei einer nächtlichen Pokerrunde im Blackstone-Hotel erfunden hat, als die Teilnehmer Hunger bekamen, aber keine Lust hatten, ihr Kartenspiel zu unterbrechen. Einer der Spieler war der Hotelbesitzer Charles Schimmel (1872–1938), der das üppig belegte Brot einige Zeit später auf die Speisekarte eines Hotelrestaurants setzen ließ, als Reuben-Sandwich. Die Story erinnert zu stark an die Anekdote, die zur Erfindung desSandwiches im 18. Jahrhundert in England erzählt wird, um glaubwürdig zu sein, und man könnte sie leichthin als Märchen abtun, wäre nicht eine Speisekarte des Cornhusker-Hotels in Lincoln (Nebraska) aus dem Jahr 1937 aufgetaucht, auf dem das ominöse Sandwich mit genau den richtigen Zutaten steht – und dieses Hotel gehörte ebenfalls der Familie Schimmel! In den 1940er Jahren wurde das Reuben auch im Restaurants »Plush Horse« im Blackstone-Hotel serviert. Fern Snider, die den erwähnten Wettbewerb gewann, soll irgendwann mal als Kellnerin dort gearbeitet haben.
    Rätsel gelöst? Nein! Es wird jetzt erst richtig kompliziert. Sowohl Schimmel als auch Reuben Kulakofsky gehörten nämlich dem jüdischen Glauben an, wobei Letzterer offensichtlich aus einer orthodoxen Familie stammte und die Synagoge besuchte – und der Belag des ominösen Sandwiches ist nicht koscher, weil er Fleisch und Käse kombiniert, was nach den jüdischen Speisegesetzen verboten ist: »Fleischiges« und »Milchiges« dürfen nie zusammen während einer Mahlzeit verzehrt werden. Deshalb ist auszuschließen, dass Kulakofsky ein Brot mit Corned Beef und mit Käse belegt hat; Reuben’s Deli in New York war dagegen bekanntermaßen nicht koscher. (Quelle: www.rowlandweb.com , aufgerufen am 16. Mai 2012) Somit bliebe Charles Schimmel als möglicher Erfinder übrig – wenn die Story über jene Pokerrunde mit Kulakovsky nicht ausgerechnet von seinen Söhnen verbreitet worden wäre. Allerdings offenbar erst in den 1960er Jahren, als die Protagonisten der Geschichte sich dazu nicht mehr äußern konnten. Aber warum sollten sie eine derart erfolgreiche Idee ihres Vaters einem anderen unterschieben?
    Ein schwieriger Fall. Wenn das Sandwich aus dem Blackstone-Hotel nichts mit dem strenggläubigen Kulakovsky zu tun hat – warum heißt es dann Reuben? Niemand aus der Familie Schimmel kommt als Namensgeber in Frage. Weil bisher noch niemand den Knoten lösen konnte, biete ich mutig eine eigene Erklärung an: Ich vermute, dass Charles Schimmel die üppig belegten Sandwiches aus Arnold Reubens Deli am Broadway in den 1920er Jahren kennen gelernt hat, sich davon inspirieren ließ und seine eigene Variante mit Corned Beef und Sauerkraut unvorsichtigerweise unter dem Namen auf die Karte setzte, unter dem die Doppeldecker in New York bekannt waren, nämlich als »Reuben Sandwich«. Die Frage nach dem Urheber tauchte erst Jahrzehnte später durch Fern Sniders Sieg beim nationalen Sandwich-Wettbewerb auf, und der Lokalpatriotismus verlangte es, einen Erfinder aus Omaha aus dem Hut zu zaubern, der Reuben hieß, wenigstens mit Vornamen. Wie gesagt, das ist nur eine Theorie, aber für sie spricht, dass die Puzzleteile so tatsächlich ein Bild ergeben.

Marjorie Rambeau (Foto: Fred Hartsook)

Rezept Reuben-Sandwich
    Zutaten: 2 Scheiben Roggenbrot, Butter, 3 Scheiben frisches Corned Beef,
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