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Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Titel: Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
Autoren: Petra Foede
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Drink oder zwei oder drei … und dazu einen kleinen Snack. »Harry’s Bar« hatte jahrzehntelang keine gedruckte Speisekarte und servierte nur Salate, Sandwiches und kleine warme Gerichte, die Ciprianis Frau zubereitete. Carpaccio war so gesehen eine ideale Ergänzung des Angebots. Das oft als Vorbild genannte carne cruda all’ Albese , eine Spezialität aus Alba im Piemont, wurde allerdings früher nicht in Scheiben geschnitten, sondern wie Tatar klein gehackt und mit Olivenöl, Zitronensaft, Parmesan und Trüffelscheiben angerichtet. »Das echte Carpaccio, das mein Vater erfunden hat, besteht aus hauchdünnen Scheiben von rohem Rindfleisch, die auf einem Teller ausgebreitet und à la Kandinsky mit unserer Universalsauce garniert sind«, schreibt Arrigo Cipriani in seinem Buch. Die »Universalsauce« ist eine Mayonnaise und wurde nicht speziell für das Carpaccio erfunden, sondern in »Harry’s Bar« schon vorher für verschiedene Gerichte verwendet.
    Bei der Datierung der Erfindung auf das Jahr 1950 sind Zweifel angebracht: Weder in diesem Jahr noch in den folgenden fand eine große Carpaccio-Ausstellung in Venedig statt. Die gab es erst 1963 im Dogenpalast. Zu dieser Zeit leitete jedoch schon Cipriani junior die Bar, während sein Vater sich um sein 1958 erworbenes Hotel kümmerte. Vielleicht muss die Geschichte des Carpaccio überhaupt umgeschrieben werden. Bei meiner Recherche stieß ich nämlich auf einen höchst interessanten Artikel des US-Magazins The New Yorker aus dem Jahr 1972, das über Giuseppe Cipriani schreibt: »Er wandelte ein Gericht ab, das in Venedig als filetto Carpaccio bekannt ist – etwas Ähnliches wie Steak Tatar – indem er das Rindfleisch leicht anbriet, den äußeren durchgegarten Teil entfernte, den inneren rohen Teil in papierdünne Scheiben schnitt und mit Mayonnaise servierte. Und die Mayonnaise war speziell. ›Amerikaner mögen den Geruch italienischer Mayonnaise nicht‹, erklärte er kürzlich. ›Das Öl, das die Italiener verwenden, ist zu schwer. Das ist wie mit dem Geruch von Hammel in England … Die Italiener meinen dagegen, meine Mayonnaise hat keinen Geschmack.‹« Das war also seine eigentliche Erfindung: eine Sauce für die amerikanischen Touristen, die in Scharen in »Harry’s Bar« strömten, weil hier Schriftsteller wie Ernest Hemingway und Hollywoodstars verkehrten. Als Spezialität Ciprianis galten damals neben Sandwiches vor allem Scampi mit Mayonnaise. Gebraten natürlich. Und wer hat nun den Aufschnitt aus rohem Fleisch wirklich erfunden? Falls ich es jemals herausfinden sollte, werde ich es verraten.
    Was man heute in vielen Restaurants als Carpaccio bekommt, ist meistens eine Kombination aus dem, was unter der Leitung von Cipriani junior in »Harry’s Bar« serviert wird, und dem carne all’ Albese , denn es wird meistens nicht mit einer Mayonnaise angerichtet, der »Universalsauce«, sondern mit Öl und Parmesan.

Ernest Hemingway in Harry’s Bar (Collection of the John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston)

Rezept Carpaccio
    aus Harry’s Bar
    Zutaten für 6 Personen: 650 g gut pariertes Contrefilet, Salz. Für die Sauce (200 ml): 1 Eigelb, 1 TL Weiß- oder Rotweinessig, 1/8 TL Senfpulver, frisch gemahlener weißer Pfeffer, Salz, 200 ml mildes Olivenöl, frisch gepresster Zitronensaft, 1–2 TL Worcestershiresauce, 2–3 EL Milch. Zubereitung: Alle Zutaten für die Mayonnaise müssen Raumtemperatur haben. Eigelb, Essig, Senfpulver sowie etwas Salz und Pfeffer in eine Schüssel geben und mit einem Rührbesen oder einem Handrührgerät auf mittlerer Stufe verrühren. Etwa ein Drittel des Öls tropfenweise zufügen, anschließend das restliche Öl in dünnem Strahl einrühren bis eine feste Emulsion entsteht. Danach die Mayonnaise mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Worcestershiresauce abschmecken und mit etwas Milch verdünnen. Das Fleisch muss sehr sorgfältig pariert und gut gekühlt werden, darf aber nicht gefroren sein. Mit einem sehr scharfen Messer das Fleisch in hauchdünne Scheiben schneiden. Sechs flache Teller mit den Fleischscheiben auslegen, leicht salzen und 5 Minuten in den Kühlschrank stellen. Danach die Sauce mit einem Löffel in einem unregelmäßigen Gittermuster über das Fleisch träufeln und sofort servieren.
    Quelle: Arrigo Cipriani, Harry’s Bar Kochbuch. Die schönsten Rezepte aus dem legendären Restaurant in Venedig , München 1993

Rezept Insalata di carne cruda
    (Salat aus rohem Fleisch)
    »Die Piemontesen
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