Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie angelt man sich einen Earl

Wie angelt man sich einen Earl

Titel: Wie angelt man sich einen Earl
Autoren: Caitlin Crews
Vom Netzwerk:
die kluge Frau daraus radikal ihre Konsequenzen.
    Das war eine Erkenntnis, die Angel einleuchtete, Chantelle ihr aber nicht unbedingt vorgelebt hatte. Doch hier und jetzt ging es nur noch ums reine Überleben. Sie hatte sich bereits lächerlich und zur Zielscheibe von Rafes vernichtendem Sarkasmus gemacht. Jetzt galt es, den Rest ihrer Würde und ihres angekratzten Stolzes zusammenzukehren und den Ort ihrer Niederlage zu verlassen.
    Angel fischte eine kleine Reisetasche aus ihrem Schrank und stopfte nur das Notwendigste hinein. Einmal Garderobe zum Wechseln und ein paar Toilettenartikel. Dazu den Laptop und ihr Handy. Anstatt sich wie ein Dieb in der Nacht die Treppe hinunterzuschleichen und lautlos zu verschwinden, marschierte sie hocherhobenen Hauptes in die Küche. Dort fragte sie sich bis zu Rafes privatem Chauffeur durch und bat ihn, sie in die nächste Stadt zu fahren. Als die schwere Luxuslimousine die lange Auffahrt entlangrollte, schaute Angel nicht zurück. Stattdessen starrte sie stur geradeaus und redete sich ein, dass alles bestens war. Wieder und wieder, wie ein beschwörendes Mantra. Aber hatte sie denn überhaupt eine andere Chance?
    Sie würde überleben, schließlich war ihr das bisher immer gelungen.
    Lange nachdem das Motorengeräusch der Limousine verklungen war, in der Angel aus Pembroke Manor und aus seinem Leben verschwand, stand Rafe noch in ihrem leeren Zimmer. Sonderbar, bisher war es für ihn in Gedanken immer noch die Suite der Countess gewesen. Als hätte er seine Frau unbewusst in gebührendem Abstand von ihrem Titel halten wollen.
    Und von sich selbst, wie er sich widerstrebend eingestand.
    Es störte ihn, dass sie so viele ihrer Sachen zurückgelassen hatte. Sogar die meisten, wie er nach einer kurzen Inspektion feststellte. Augenblicklich meldete sich seine dunkle Seite und unterstellte ihr, dass sie es absichtlich getan hatte, um ihn zu quälen. Das burgunderrote Kleid hatte sie einfach auf dem Bett liegen lassen. Als Rafe es aufhob, hüllte ihn eine berauschende Duftwolke ein. Weich und blumig, mit einer zarten frischen Zitrusnote.
    Anstatt es gereizt auf den Boden zu werfen, was sein erster Impuls gewesen war, presste er es an sein Gesicht und sog tief das betörende Aroma ein. Und wie durch Zauberhand schwanden Wut und Gereiztheit. Zurück blieben ein dumpfer Schmerz und brennende Sehnsucht. Aber auch die würden irgendwann verschwinden, wie alles andere. Ihr Duft, die Erinnerungen … Angel .
    Rafe trat an das hohe Fenster, durch das man die neuen Mauern sehen konnte, die sich aus der verbrannten Ruine des Ostflügels erhoben. Obwohl es längst dunkel war und auch der Mond nicht schien, konnte er sogar die massive Balkenlage erkennen, die der Bautrupp heute in Höhe des ersten Stocks aufgelegt hatte. Es ging voran, und sie lagen gut in der Zeit. Bald würde Pembroke Manor wieder im alten Glanz erstrahlen.
    Was ihn selbst betraf, war Rafe sich da längst nicht so sicher.
    Mit einem unbewussten Seufzer drehte er sich um und starrte quer durch den eleganten Raum auf das große Ölgemälde an der gegenüberliegenden Wand. Es war das im klassischen Stil gemalte Porträt einer Frau mit langem dunklem Haar und mysteriösen Augen. Den Kopf hielt sie leicht geneigt, und sie schaute dem Betrachter ernst entgegen.
    Um seinen Mund lag ein bitterer Zug, während Rafe angespannt das ovale Gesicht der Frau studierte. Wollte man ihr gerecht werden, musste man sie vermutlich als attraktiv, wahrscheinlich sogar als schön bezeichnen. Er selbst versuchte, nur das junge Mädchen in ihr zu sehen, das sie gewesen war, als das Porträt gemalt wurde. Etwas über zwanzig, wenn er sich nicht verschätzte.
    Von der grausamen und desaströsen Zukunft, die sie erwartete, war in dem gelassenen Blick noch nichts zu ahnen. Kein Anzeichen des Monsters, das damals möglicherweise schon in ihr schlummerte.
    „Die Wände in diesem Haus sind ja förmlich zugepflastert mit deiner Verwandtschaft“, hatte Angel in ihrer wenig respektvollen Art festgestellt, die ihn so häufig zum Schmunzeln reizte. Dabei lag sie nach einem vormittäglichen Liebesintermezzo quer über seiner Brust, wobei ihr raspelkurzer platinblonder Schopf ihn an der Nase kitzelte. Beide waren noch etwas benommen, wohlig erschöpft und absolut befriedigt. „Es ist wie eine familiäre Wiedersehensfeier in der Dauerschleife. Wie hältst du das nur aus?“
    Zu dem Zeitpunkt hatte er sich weit mehr für die Optik ihrer reizvollen Kehrseite als für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher