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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Autoren: F. Paul Wilson
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sah ihr in die blauen Augen. »Du bist dafür nicht verantwortlich.«
    Sie nickte. »Schon gut. Aber wie kann ich aufhören, wie seine Mutter zu fühlen, Bill? Sag mir, wie ich das tun soll!«
    Er sah den Schmerz in ihren Augen und widerstand der Versuchung, sie wieder in seine Arme zu ziehen.
    »Ich weiß es nicht, Carol. Aber du musst es lernen. Es macht dich verrückt, wenn du es nicht tust.« Sie sahen sich einen Augenblick lang an, dann wechselte Bill das Thema. »Wie geht es Hank? Weiß er schon Bescheid?«
    Sie schüttelte den Kopf und wandte sich zur Seite.
    »Nein. Ich habe es noch nicht über mich gebracht, es ihm zu sagen.«
    »Meinst du nicht …?«
    »Du kennst Hank. Du weißt, wie er ist.«
    Bill nickte schweigend. Er war Hank Treece ein paarmal begegnet – er war sogar einmal zum Essen eingeladen gewesen –, aber immer als Priester und als alter Freund der Familie. Hank war ein humorloser Knochen, ein Buchhalter in einer Softwarefirma. Ein Mann, der auf alle i’s einen Punkt und durch alle t’s einen Strich machte. Ein guter Mann, ein anständiger Mann, ein ordentlicher Mann. Das völlige Gegenteil von Spontanität. Bill bezweifelte, dass Hank jemals in seinem Leben etwas aus dem Bauch heraus getan hatte.
    Er war so ganz anders als Jim, Carols erster Mann. Bill konnte sich Henry Treece und Carol einfach nicht als liebendes Paar vorstellen, aber vielleicht lag das auch daran, dass er das schlicht nicht wollte. Vielleicht war Hank genau das, was sie brauchte. Nachdem das Chaos wiederholt in Carols Leben eingedrungen war, brauchte sie vielleicht die Struktur, die Stabilität, die Vorhersehbarkeit, die ein Mann wie Hank ihr bot. Wenn es sie glücklich machte und sie sich so sicher fühlte, war das nur ein Punkt mehr, der für ihn sprach.
    Aber das änderte nichts daran, dass Bill Carol begehrte.
    »Wie kann ich ihm erzählen, was wir wissen?«, fragte sie. »Er wird es niemals glauben. Er wird denken, ich habe den Verstand verloren. Er schickt mich zum Psychiater. Ich kann es ihm nicht verdenken. Wären die Rollen anders verteilt, würde ich wahrscheinlich das Gleiche tun.«
    »Aber jetzt, wo die Sonne Mätzchen macht, haben wir ein nicht wegzudiskutierendes Argument auf unserer Seite, Carol. Er muss es früher oder später erfahren. Ich meine, wenn du mit uns dagegen angehen willst …«
    »Vielleicht würde es helfen, wenn er Glaeken kennenlernt. Du weißt, wie überzeugend der ist. Vielleicht gelingt es ihm, dass Hank uns glaubt.«
    »Es ist einen Versuch wert. Ich werde mit ihm darüber reden.« Bill sah auf die Uhr. »Wann kommt Hank nach Hause?«
    »Jede Minute.«
    »Dann gehe ich besser.«
    »Nein, Bill.« Sie nahm seine Hand und drückte sie. »Bitte, bleib.«
    Die Berührung ließ ein Kribbeln wohliger Wärme an seinem Arm hochkriechen.
    »Ich kann nicht. Ich habe noch einige Besorgungen für Glaeken zu machen. Jetzt, wo Rasalom den ersten Schritt getan hat, sucht der alte Knabe nach Gegenstrategien. Er braucht mich als seinen Laufburschen.«
    Bill umarmte sie hastig und floh aus der Wohnung.
    Er hasste es, Carol anzulügen. Aber wie konnte er ihr sagen, dass er es nicht ertrug, zuzusehen, wie Henry Treece in die Wohnung kam und Carol seinen üblichen Begrüßungskuss gab? Wusste Hank eigentlich, was er da hatte? Hatte er überhaupt eine Ahnung, was Bill geben – oder tun – würde, um an seiner Stelle zu sein?
    Es gab noch einen anderen Grund zu gehen. Er hatte Angst, Carol zu nahe zu kommen, Angst, sie würde ihm zu viel bedeuten. Zuerst und ganz offensichtlich, weil sie verheiratet war. Aber was noch wichtiger war – Menschen, die ihm etwas bedeuteten, stießen für gewöhnlich schreckliche Dinge zu. Alle Beziehungen, auf die er baute, gingen in die Brüche.
    Bill machte sich auf die Suche nach einem Ort, wo er in Ruhe ein Bier trinken und allein im Dunkeln sitzen konnte.
    Handyman Jack
    Jack saß an seinem üblichen Platz bei Julio’s, mit dem Rücken zur Wand, nuckelte an einem Stella und schäumte vor Wut.
    Irgendein armseliger Penner hatte Gia heute Morgen angetatscht, während sie mit Vicky auf den Schulbus wartete. Morgens um sieben. Direkt vor Vickys Augen.
    Er bekam seine Gedanken nicht davon los. Hoffentlich würde er es morgen wieder tun. Er beabsichtigte, auf der anderen Straßenseite zu sein und die Augen offen zu halten. Er würde warten.
    Alles schien den Bach hinunterzugehen. Nach einer Zeit, in der einigermaßen Ruhe geherrscht hatte, wurde die Stadt wieder
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