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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Autoren: F. Paul Wilson
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Gleiche«, sagte Cynthia.
    »Wisst ihr denn überhaupt, was ihr da sagt? Wisst ihr, was das bedeutet?«
    »Natürlich weiß ich, was das bedeutet«, erklärte Harv mit kaum verhohlener Gereiztheit. »Das ist mein Fachgebiet, wie du vielleicht weißt. Es bedeutet, dass die Erde entweder zeitweilig während der Nacht ihre Drehgeschwindigkeit verlangsamt hat oder dass sie aus ihrer Achse gekippt ist.«
    »Aber beides hätte katastrophale Auswirkungen! Der Effekt auf die Gezeitenströmungen allein würde …«
    »Sie ist aber nicht langsamer geworden. Es gibt nicht die geringste Veränderung in der Rotationsgeschwindigkeit oder der Achsenneigung. Glaub mir, ich habe es überprüft. Eigentlich müssten die Tage bis zur Sommersonnenwende im Juni kontinuierlich länger werden, aber heute war der Tag kürzer – oder zumindest fing er später an.«
    »Dann gehen die Uhren falsch!«
    »Atomuhren? Alle? Die sollen alle zur gleichen Zeit die gleiche Veränderung im radioaktiven Zerfall ihrer Teile durchmachen? Das bezweifle ich. Nein, Nick. Die Sonne ist heute Morgen später aufgegangen.«
    Nicks Fachgebiet waren Laser und Teilchenphysik. Unbestimmtheit auf subatomarer Ebene war er gewohnt, dafür hatte Heisenberg gesorgt. Aber im kosmischen Maßstab, wo die Dinge eigentlich wie ein Uhrwerk ablaufen sollten?
    »Das ist alles unmöglich!«
    Harv sah verzweifelt drein, Cynthia ängstlich.
    »Das weiß ich«, sagte er. »Als wenn ich das nicht nur zu gut wüsste.«
    Und dann fiel Nick ein Gespräch wieder ein, das er vor ein paar Monaten mit einem befreundeten Jesuiten geführt hatte.
    Es wird am Himmel beginnen …
    Nachdem er fünf Jahre lang in den Südstaaten untergetaucht war, war Pater Bill Ryan in die Stadt zurückgekommen, aber er hielt sich auch weiterhin versteckt. Nur eine Handvoll Menschen wusste, dass er wieder da war. Schließlich wurde er noch immer von der Polizei gesucht.
    Der arme Pater Bill. Die Jahre der Einsamkeit waren nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Er sah erheblich älter aus und er benahm sich merkwürdig. Er war gleichzeitig nervös, reizbar, verängstigt und wütend. Und er redete merkwürdiges Zeug. Nichts Genaues, nur kryptische Andeutungen über einen nahenden Weltuntergang. Es ging nicht um islamistische Terroristen. Etwas anderes …
    Aber über eines hatte sich Pater Bill ziemlich klar geäußert, nämlich darüber, wo alles anfangen würde.
    Es wird am Himmel beginnen.
    Er hatte Nick aufgetragen, die Augen offen zu halten und ihm Bescheid zu geben, sobald etwas Merkwürdiges am Himmel geschah, egal wie unbedeutend.
    Nun, jetzt war etwas mehr als nur Merkwürdiges passiert. Etwas, das alles andere als unbedeutend war. Etwas Unmögliches.
    Es wird am Himmel beginnen.
    Das Unbehagen in Nicks Rücken verzichtete auf den krabbelnden Anstieg und sprang ihm direkt in den Nacken, wo es sich zwischen seinen Schulterblättern ausbreitete. Er verabschiedete sich von den beiden Wissenschaftlern und ging in die Halle, um einen Anruf zu tätigen.
    Pater William Ryan, S. J.
    »Fragen Sie ihn, was mit heute Nacht ist«, instruierte Glaeken Pater Bill, der neben ihm stand. »Gehen die davon aus, dass die Sonne heute Abend vorzeitig untergehen wird?«
    Bill wandte sich wieder zum Telefon und wiederholte die Frage. Nicks Antwort klang nervös. Bill bemerkte, wie die Stimme des jüngeren Mannes zitterte.
    »Ich weiß es nicht und ich bin sicher, Harv und Cynthia wissen es ebenso wenig. Das hier ist Neuland, Bill. Es hat noch nie etwas Vergleichbares gegeben. Da ist alles möglich.«
    »Gut, Nick. Danke, dass du angerufen hast. Halt mich auf dem Laufenden, ja? Lass mich wissen, was mit dem Sonnenuntergang ist.«
    »Das war’s? Ich soll dich auf dem Laufenden halten? Worum geht es hier eigentlich? Woher hast du gewusst, dass etwas Derartiges passieren würde? Was hat das alles zu bedeuten?«
    Bill spürte die Angst, die für ihn so untypische Unsicherheit in Nick, und wünschte wirklich, er könne ihm etwas Tröstliches sagen. Aber es gab nichts Beruhigendes, was er sagen könnte.
    »Du wirst es erfahren, sobald ich etwas weiß, das verspreche ich dir. Komm heute Nacht vorbei. Ich werde auf dich warten. Bis dann.«
    Bill legte auf und wandte sich zu Glaeken, aber der alte Mann war an das Panoramafenster getreten und sah in den Park hinunter. Er tat das sehr oft.
    Glaeken sah aus wie achtzig, vielleicht neunzig, mit weißen Haaren und runzliger, olivfarbener Haut. Blaue Augen musterten die Welt über hoch
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