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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
Autoren: F. Paul Wilson
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sie zu finden. So lange musste er eben mit den Ablehnungen leben. Er wusste, das gehörte zum Leben eines Schriftstellers am Anfang seiner Laufbahn dazu. Nicht gewusst hatte er jedoch, wie sehr die Ablehnungen schmerzten.
    Er klappte seine Nachschlagewerke über Satanismus und Hexenlehre zu und stand auf. Zeit für eine Pause. Vielleicht würden ihm eine Dusche und eine Rasur guttun. Unter der Dusche hatte er einige seiner besten Ideen.
    Beim Aufstehen hörte er das Klappern des Briefschlitzes und machte einen Umweg zum Briefkasten. Als er durchs Wohnzimmer kam, stellte er den Plattenspieler an. »The Rolling Stones Now!« drehte sich auf dem Teller und »Down the Road Apiece« wummerte durch den Raum. Das Mobiliar stammte alles noch aus der Zeit, als Carols Familie hier gelebt hatte – spartanische Sofas, Stühle mit schmalen Füßen, Nierentische, viel Plastik – Fünfzigerjahre-Moderne. Er schwor sich, wenn sie mal etwas Geld hätten, würde er Möbel kaufen, die für menschliche Wesen gemacht worden waren. Oder vielleicht doch eher eine Stereoanlage. Aber alle seine Platten waren mono. Also stand vielleicht doch eher das Mobiliar auf der Wunschliste.
    Er raffte die Post vom Boden auf. Nichts Besonderes bis auf seinen Honorarscheck vom Monroe Express – der diesmal sogar beachtlich war, weil die Zeitung jetzt endlich seine Artikel-Serie zur ›Gott ist tot‹-Kontroverse bezahlt hatte.
    Klasse. Damit konnte er Carol heute Abend zum Essen einladen.
    Aber jetzt doch endlich ins Bad. »Hallo Wolfsmensch«, sagte er zu dem Gesicht im Spiegel.
    Mit dem dunkelbraunen Haar, das ihm über die buschigen Augenbrauen reichte, den breiten Koteletten, die fast bis zum Kiefer hinunterreichten, und Büscheln stoppeligen Haares, die sich unter dem Kragen seines Unterhemdes hervordrängten, und so als Rahmen für dunkle Stoppeln dienten, für die ein Durchschnittsmann drei Tage brauchen würde, schien sein alter Spitzname vom Footballteam der Monroe High so passend wie eh und je. Natürlich waren die Haare auf seinen Handinnenflächen der absolute Hammer gewesen. Stevens der Wolfsmensch – der Rammbock des Teams, der Spiel um Spiel gnadenlos durch die Verteidigungslinien des Gegners pflügte. Bis auf ein paar unglückliche Unfälle (die andere erlitten hatten) waren seine Jahre als Footballspieler erfolgreich gewesen. Hervorragende Jahre.
    Er trug jetzt die Haare lang, wie es gerade Mode war. Damit wurden die Spitzen seiner Ohren verdeckt, die immer etwas weiter abgestanden hatten, als es ihm lieb war.
    Als er die borstigen Stoppeln in seinem Gesicht einseifte, überlegte er, dass es sehr praktisch wäre, wenn jemand eine Creme oder so etwas entwickeln würde, die den Bartwuchs für eine Woche oder noch länger unterdrückte. Für so ein Produkt würde er fast jeden Preis zahlen. Es war schon eine Qual, dass er sich jeden Tag diesem Ritual unterziehen musste, manchmal sogar zweimal am Tag.
    Er kratzte mit dem Gilletterasierer in verschiedenen Richtungen über sein Gesicht und seinen Hals, bis die Haut einigermaßen glatt war, dann schabte er sich schnell die Handflächen ab. Als er das heiße Wasser in der Dusche aufdrehen wollte, hörte er eine vertraute Stimme aus dem Wohnzimmer.
    »Jimmy? Bist du da, Jimmy?«
    Ein schwerer, nasaler Südstaaten-Akzent.
    »Ja, Ma. Ich bin hier.«
    »Ich bin nur gekommen, um etwas vorbeizubringen.«
    Jim fand sie in der Küche, wo sie gerade einen frischen Apfelkuchen auf der Spüle abstellte.
    »Was ist das für eine grauenhafte Musik? Davon tun einem ja die Ohren weh.«
    »Das sind die Stones, Ma.«
    »Du wirst in vier Jahren dreißig. Bist du für so einen Krach nicht ein bisschen zu alt?«
    »Nee. Brian Jones ist in meinem Alter. Und Watts und Wyman sind noch älter.«
    »Wer ist denn das?«
    »Ach, vergiss es.«
    Er ging ins Wohnzimmer und stellte den Plattenspieler ab. Als er wieder in die Küche kam, hatte sie ihren schweren Wollmantel ausgezogen und ihn über die Lehne der Sitzecke gehängt.
    Emma Stevens war eine kleine, adrette Frau Ende Vierzig mit sehr weiblicher Figur. Trotz des leichten grauen Schimmers in ihrem braunen Haar starrten ihr auch junge Männer noch hinterher. Sie trug ein wenig mehr Make-up und hatte ein Faible für engere Kleider als Jim sie an einer Frau sehen wollte, die er Ma nannte – so wie heute den roten Pullover über der grauen Baumwollhose –, aber er wusste auch, dass sie eigentlich ein Hausmütterchen war, das sich am wohlsten fühlte, wenn es backen
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