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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
Autoren: F. Paul Wilson
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Väter im Stich lassen können. Sie kommen ihn nicht einmal besuchen.«
    Andererseits konnte sie aber auch verstehen, warum sie nicht kamen: Sie fühlten sich schuldig. Die Töchter lebten in kleinen Häusern, in denen für Papa kein Platz war. Man musste rund um die Uhr ein Auge auf ihn haben, falls er wieder zusammenbrach. Sie brachten es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass er nicht zu ihnen ziehen konnte, daher gingen sie ihm aus dem Weg. Carol begegnete diesem Verhalten immer wieder. Aber auch wenn sie es verstehen konnte, wurde es dadurch nicht leichter, es zu akzeptieren.
    Also, wenn ich meine Eltern noch hätte, würde ich sie niemals vernachlässigen.
    Musste man seine Familie verlieren, um zu wissen, was man an ihr hatte?
    Vielleicht. Aber das war jetzt nicht von Belang. Es war jetzt Carols und Kays Aufgabe, für Mr Dodd einen Platz in einem Pflegeheim zu finden. Das Problem dabei war, dass er sich keinen leisten konnte, also mussten sie zuerst dafür sorgen, dass er Sozialhilfe erhielt, und dann darauf warten, dass irgendwo eines der wenigen verfügbaren Betten frei wurde.
    Der ganze Papierkram, das unablässige Anrennen gegen die Mühlen der Bürokratie, war der zeitintensivste Teil ihrer Arbeit. Das nationale Gesundheitssystem gab es erst seit drei Jahren, aber es war schon jetzt ein gewaltiges bürokratisches Monstrum. Und deswegen belegte Mr Dodd ein Krankenhausbett, das damit vielleicht gerade jemandem mit einer akuten Erkrankung nicht zur Verfügung stand, der es wirklich nötig hatte.
    »Am liebsten würde ich ihn mit nach Hause nehmen. Er braucht doch nur jemanden, der nach ihm sieht.«
    Kay lachte. »Carol, Liebes, du bist unbezahlbar!« Sie hielt ihr einen Stapel Papiere hin. »Da. Wenn du dich schon um die Leute kümmern willst, dann kannst du den auf seine Verlegung vorbereiten.«
    Carol wurde es schwer ums Herz, als sie sah, dass es sich um ein Kind handelte. »Wohin geht es?«
    »Ins Sloan-Kettering-Krebszentrum. Leukämie.«
    »Oh.«
    Auf dem Weg in die Kinderklinik versuchte Carol, sich für die Begegnung zu wappnen.
    Zwanzig Minuten später saß sie auf der Kante von Danny Jacobis Bett und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, während sie mit seiner Mutter das weitere Vorgehen besprach. Ob er wohl weiß, dass er sterben wird?
    Danny war ein ausgesprochen magerer siebenjähriger Junge mit strähnigem, flachsblondem Haar, der auf dem Fußboden hockte und mit Saugnäpfen versehene Pfeile auf einen ferngesteuerten Dinosaurier namens King Zor schoss. Seine beiden oberen Schneidezähne fehlten und die neuen Zähne waren noch nicht nachgewachsen, sodass er etwas lispelte. Dunkle Ringe hatten sich unter den tief in den Höhlen liegenden blauen Augen in seinem ausgezehrten Gesicht gebildet; große, ähnlich dunkle Blutergüsse waren auf seinen Armen und den spindeldürren Beinen sichtbar.
    Er war nicht misshandelt worden, das wusste sie. Es war der Krebs. Seine weißen Blutkörperchen vermehrten sich in seinem Knochenmark wie verrückt und verdrängten dabei die roten Zellen zusammen mit den Blutplättchen, die nötig waren, um das Blut zur Gerinnung zu bringen. Der geringste Stoß, selbst das Hocken auf dem Fußboden jetzt, führte sofort zu Blutergüssen.
    »Können Sie die Behandlung nicht hier weiterführen?«, fragte Mrs Jacobi. »Die Sloan-Kettering-Klinik ist mitten in der Stadt.«
    »Dr. Martin meint, er hat dort bessere Heilungschancen.«
    Mrs Jacobi blickte zu ihrem Sohn hinüber. »Wenn es für Danny das Beste ist.«
    Carol zeigte ihr, wo sie die Transportpapiere und die Aufnahmeformulare für das Krebszentrum unterschreiben musste, dann saßen sie nebeneinander und sahen dem Jungen beim Spielen zu. Er beendete seine abenteuerliche Dinosaurierjagd und wandte sich einem Micky-Maus-Puzzle zu.
    Carol überlegte, was wohl schlimmer war: Nie ein Kind zu haben, oder ein Kind zu haben und es an etwas so gemeines, hinterhältiges und unberechenbares wie Leukämie zu verlieren.
    Sie überlegte nur kurz, denn eigentlich wusste sie genau, wie ihre Antwort lauten würde: Es war besser, ein Kind zu haben. Um so vieles besser.
    Sie betete im Stillen, dass sie in der Lage war, ein Kind zu bekommen. Schon bald.
    Sie und Jimmy wollten eine Familie. Sie konnte nur hoffen, dass sie imstande sein würde, ihren Teil dazu beizutragen.
    Ihre Mutter hatte Probleme mit der Empfängnis gehabt und es hatte lange gedauert, bis sie endlich schwanger geworden war. Und obwohl sie es noch viele Jahre nach Carols
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