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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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Fenster getröpfelt war, war alles komplett durchnässt, verschimmelt und vieles auch nicht mehr zu gebrauchen. Aber ich wollte doch noch selber entscheiden, welcher meiner Schätze im Müll landete! Jetzt hieß das Kommando erst mal: Mission Mülltrennung. Einer nach dem anderen, der blonde große Gerrit, der bärtige Andi und Max mit der braunen Adidas-Jacke entschuldigten sich jetzt murmelnd bei mir.
    » Echt, Jonas meinte, der Keller wäre so eine Art Sondermülllager, wo ihr euren Kram aufbewahrt, bevor ihr ihn wegwerft«, sagte Gerrit, und die beiden anderen nickten zustimmend.
    Ich wischte mir noch eine letzte Träne aus dem Gesicht, schniefte und sagte: » Na gut, Jungs. Aber einer von euch muss jetzt da rein und meine Sachen wieder rausholen. Und zwar DU!« Ich zeigte auf Jonas. » Du bist klein, und du bist schuld, also holst du meine Sachen wieder raus!«
    Jonas wollte etwas sagen, öffnete wie ein Fisch den Mund und klappte ihn wieder zu. Damit hatte er nicht gerechnet. Als eine der Zuschauerinnen am Fenster mir zu Hilfe kam und rief: » Ja, sie hat Recht!«, ergab er sich. Sportlich schwang Jonas sich auf den Müllcontainer. Wow, das hatte er jedenfalls gut drauf. Ich war plötzlich neben aller Wut auch ein bisschen stolz auf meinen Mann.
    Aus der Zuschauermenge kamen nun laute Rufe: » Igitt!«, » Das kann sie doch nicht machen!« und » Tu’s nicht!«, aber Jonas seufzte noch einmal und schob sich dann mit den Füßen zuerst– zum Glück war er ja schmal und wie gesagt klein– durch die Müllöffnung in den Container. Zum Schluss sah man noch seinen Kopf, schließlich war auch der verschwunden. Als Nächstes flog mein grünes T-Shirt mit dem Schmetterling aus Strasssteinchen auf den Bürgersteig, dann mein Trägertop mit den Erdbeeren drauf, danach mein braunes enges Shirt mit der Aufschrift » Hollywood« und noch einige andere Tops und Shirts. Ich war zufrieden. Natürlich würde ich die Sachen dennoch nicht mehr tragen, aber so sollte es sein. Ich konnte sie mir ja an die Wand hängen, nachdem ich sie gewaschen hatte. Ich liebte sie einfach zu sehr, um sie zu entsorgen. Manche Sachen hatte man eben einfach nur, um sie zu haben, nicht um sie zu tragen, aber das verstanden Männer nicht.
    Einer der Zuschauer fing an zu klatschen, schließlich applaudierten alle Anwesenden, und als Jonas seinen hochroten Kopf wieder aus dem Container schob, jubelte die Menge. Es war ein Riesenspaß, eine kleine Erheiterung der breiten Masse, ganz umsonst und sicher spannender als Fernsehen.
    Die Menge löste sich langsam wieder auf, und die Gardinen an den Fenstern wurden ebenfalls wieder zugezogen. Jonas stank nach Windeln und Fisch, und ich schickte ihn erst mal duschen und sich umziehen. Wieder mit der Welt versöhnt, sah ich ihm hinterher, wie er nach oben stapfte. Einen Kuss würde er von mir erst wieder bekommen, wenn er sich gewaschen hatte, so viel war mal klar. Meine Wut war verflogen, wir hatten ja alles retten können.
    Nachdem ich all meine stinkenden, nassen und verschimmelten Klamotten in Plastiktüten gepackt und gut verschnürt in den Wagen geworfen hatte, ging es um Schadensbegrenzung. Der Keller war komplett vollgelaufen, und wir hatten es monatelang nicht gemerkt. Jonas telefonierte kurz mit seiner Versicherung, dann mit dem Vermieter; es gab keine Probleme, da wir gegen Sturmschäden versichert waren. Jonas ist da, wie soll ich sagen, etwas versicherungsfanatisch, doch diesmal zahlte es sich aus. Es hätte uns in diesem Falle nämlich Kopf und Kragen gekostet, hätten wir die Wasserschadenzusatzversicherung nicht abgeschlossen. Vielleicht hatte auch das Leben mit mir erst einen solchen Versicherungsfan aus Jonas gemacht, das weiß ich nicht– wenn ich wieder mit ihm spreche, muss ich ihn mal fragen.
    Schnell packten wir die restlichen durchnässten Kartons ein, warfen allerdings meine Sachen aus dem Germanistik-Studium in den Müll (die würde ich ja im Leben nicht noch mal brauchen) und trugen schließlich noch aus dem vierten Stock die gepackten Kartons und auseinandergebauten Möbel nach unten. Dann nichts wie weg nach Pinneberg– nach uns die Sintflut.
    Durch die Verzögerung kamen wir erst abends im Haus an, und die Lampen funktionierten nicht, so dass wir mit Kerzen, Feuerzeugen und Taschenlampen hantieren mussten. Eigentlich war das auch nicht so schlimm, so sah Jonas, der ein paar Tage nicht im Haus gewesen war, nicht so deutlich, dass ich jedes Zimmer in einer anderen Farbe gestrichen
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