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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman
Autoren: Katri Dietz
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unser Leben als Familie.

45

    Zu Hause– das ist jetzt hier in Pinneberg. Zwar klein– im Flur kann ich mit ausgestreckten Armen beide Seitenwände gleichzeitig erreichen– aber mein. Im Garten hängt unsere Wäsche zum Trocknen, die Sonne scheint, Schneeglöckchen und Krokusse schauen neugierig aus dem Rasen, und wir sind endlich angekommen.
    Die Renovierung und der Umzug hatten in der letzten Woche ganz schön für Wirbel gesorgt. Ich war täglich zwischen Hamburg und Pinneberg hin- und hergependelt, hatte alle Zimmer in bunten Farben gestrichen, Maja war tagsüber bei meinen Schwiegereltern nebenan eingezogen, und wir hatten uns per Klopfzeichen verständigt: Zweimal klopfen hieß: » Wie geht es Maja?«, einmal lang und zweimal kurz war die Antwort und hieß: » Alles okay«, an der Tür klingeln mit dem Kind auf dem Arm dagegen hieß: » Bitte nimm sie wieder, sie weint, und wir wissen nicht, warum.«
    Jonas musste im Theater wegen bevorstehender Festspiele Überstunden machen, so dass er lediglich am Umzugstag, dem dritten März, die Kartons mit in die beiden gemieteten Transporter hieven konnte. Leider hatten wir beide komplett vergessen, dass ja auch noch der Keller zur Wohnung gehörte, und um den hatten wir uns noch gar nicht gekümmert. Würde aber schon nicht so schlimm werden, da waren wir uns beide einig.
    Am Umzugsmorgen stellten wir uns den Wecker auf 5 . 30 Uhr, Jonas wollte schon in aller Frühe damit anfangen, die Kartons und alten Krempel aus dem Keller in einem der Transporter zu verstauen. Die Sachen durchsehen und uns entscheiden, was wegzuwerfen war, konnten wir ja immer noch, im neuen Haus war ja auch viel mehr Platz. Ich stand also um sechs Uhr morgens oben in der Wohnung, schmierte Käsebrötchen und kochte Kaffee für Gerrit, Max und Andi, drei seiner Kollegen, die sich völlig verkatert im Wohnzimmer versammelt hatten und gar nicht daran dachten, meinem Mann unten zu helfen.
    Da kam Jonas total genervt in die Wohnung gestürmt. » Sophie!«, fuhr er mich streng an, und seine Augen funkelten. » Warum steht unten alles unter Wasser, kannst du mir das erklären?« Ui. Unter Wasser? Im Keller? Keine Ahnung. Oh, da fiel mir etwas ein. » Äh, kann sein, dass ich mal das Fenster offen gelassen habe, als ich ein paar Sachen in Größe achtunddreißig runtergebracht habe. Ich wollte nicht, dass sie so muffig werden, weil ich sie doch bestimmt bald wieder anziehen kann… Vielleicht hat’s da reingeregnet?« Das musste so kurz nach Majas Geburt gewesen sein. Jetzt– ein Jahr später– hatte ich immer noch Größe zweiundvierzig und die Klamotten ganz vergessen. Majas Babysachen, die ich zwischendurch mal aussortiert hatte, hatte ich tütenweise auf den großen Haufen geworfen, und weil die Deckenbeleuchtung kaputt war, war mir anscheinend nicht aufgefallen, dass das Fenster immer noch offen stand. Meine Begründung schien ihm nicht wirklich einzuleuchten.
    An seine Kollegen gewandt, sagte er: » So, Jungs, lasst uns mal erst im Keller anfangen. Wasserschaden!« Noch ein funkelnder Blick in meine Richtung, dann stampften und trampelten die Männer durchs Treppenhaus nach unten. Ihnen zuzurufen, dass sie etwas leiser sein sollten, hätte jetzt wohl keinen Sinn gemacht. Erstens hätten sie es nicht gehört, zweitens sich nicht dran gehalten und drittens war es eh egal, da es unser letzter Tag im alten Haus war. Die rothaarigen Zwillinge hatte ich übrigens lange nicht mehr hinuntertrampeln gehört. Ich schätze, Majas Elektrospielzeug hat ihr Stampfen wohl übertönt. Moment mal, Wasserschaden? In unserem Keller? Ich beschloss, die letzten Taschen und Tüten mit Proviant (für die halbstündige Fahrt nach Pinneberg) später zu packen, und folgte meinem Mann und seinen Helfern nach unten; Maja verbrachte den großen Umzugstag bei ihren Großeltern.
    Die ersten Überreste meiner Frühjahrskollektion 2002 sah ich schon, als ich noch nicht ganz unten war. Jonas, Andi, Gerrit und Max machten sich gar nicht erst die Mühe, meine geliebten Kleidungsstücke von Esprit, Donna Karan, Mango und Zara auszuwringen oder beiseitezulegen, sie wollten sie einfach in den Müll werfen! Das konnte, das durfte einfach nicht wahr sein!
    » Halt!«, schrie ich, auf einmal ganz rot im Gesicht, und warf mich vor die Tür zu den Müllcontainern, beide Arme weit ausgestreckt, um den Schändern Einhalt zu gebieten. » Nur über meine Leiche!« Jetzt weiß ich, woher der Ausdruck kommt: » Jemand sieht rot.« Ich hatte
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