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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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versucht, ihrer ei- genen Natur zu entfliehen.
    Doch Miriam freute sich auf ihre Mahlzeiten. Sie genoss es, Beute zu reißen, besonders wenn es zu einem interessanten Kampf kam. Jedes Mal wenn Miriam dicht bei Paul stand, zog sich in Sarah alles zusammen, und sie erwartete, dass dies das Ende sein würde. Sah Miri nicht, was er war – eine geladene Waffe, eine Falle, die augen- blicklich zuschnappen konnte?
    Irgendwann mussten Sarah und Miriam wieder Blut zu sich nehmen, doch nichts, was sie sagte, konnte Miriam davon überzeugen, Paul Ward zu ihrer Mahlzeit zu machen.
    Also taten sie es im Veils. Paul durfte davon auf keinen Fall etwas er- fahren. Wenigstens in diesem Punkt hatte Miriam ihr zugestimmt. Bis- lang hatte sie ihm nicht gestattet, wieder in den Club zu gehen. Zumin- dest bedeutete das, dass sie noch nicht komplett dem Wahnsinn an- heim gefallen war.
    Sie ließen Leo bei ihm zurück. Sarah wies sie heimlich an, immer die Waffe dabei zu haben und niemals näher als fünf Meter an ihn heran- zugehen. Wenn sie den leisesten Hinweis auf einen Fluchtversuch be- merken oder er versuchen sollte, ihr zu nahe zu kommen oder sogar nur zu telefonieren, sollte sie ihm das Hirn wegblasen.
    Sarah hoffte, dass irgendetwas in der Art geschehen würde. Mit Mi- riams anschließendem Wutausbruch würden sie schon zurechtkom- men. Doch Miriam drohte Leo: Wenn du ihn tötest, töte ich dich. Schieße ihn an, wenn es sein muss, aber bringe ihn nicht um. Als sie heimkehrten – sie hatten zwei koreanische Geschäftsleute verspeist –, mussten sie sich sofort schlafen legen.
    Sarah trug Leo auf: »Wenn er versucht, in unser Schlafzimmer einzu- dringen, bringst du ihn um. Egal was sie sagt.«
    »Aber –«
    »Ich kümmere mich schon um sie! Dir droht keine Gefahr.« »Sarah, wüsstest du einen Grund, warum man ihn nichtumbringen sollte?«
    »Nein.«
    »Und weil Miri ihn liebt?«
    »Sie ist im Augenblick nicht ganz bei Verstand – und ihr Name ist Mi- riam, nicht Miri.«

»Du nennst sie doch auch so.«
    »Ja. Aber du nicht.«
    Trotz der vielen Spannungen liefen die Dinge im Haus allmählich wieder in gewohnten Bahnen, zumindest oberflächlich betrachtet. Sarah und Leo kümmerten sich um das Veils. Miriam ging gelegent- lich hin. Paul bat sie jedes Mal darum, mitkommen zu dürfen, und Miri war jedes Mal ein wenig mehr versucht, es ihm zu gestatten, während Sarah ihm jedes Mal noch weniger traute.
    Sie und Miri spielten ihre klassischen Musikstücke. Miri begann, Leo Klavier beizubringen und machte sie über Nacht zu der Schülerin, die Sarah immer gerne gewesen wäre, aber nie hatte sein dürfen. Leo begann eine klassische Hüter-Ausbildung zu erhalten. Es fing mit Ennear aus Ra an, der hochrangigsten Berühmtheit im ägyptischen Pantheon der Götter. Sie begann, gesprochenes Prime zu lernen. Sa- rah glaubte nicht, dass Leo auch die Schriftsprache meistern würde, aber Miriam zeigte sich zuversichtlich.
    Es überraschte Sarah, dass Leo eine so gelehrige Schülerin war. Wenn Miri ein unbeschriebenes Blatt gewollt hatte, das keiner Umer- ziehung bedurfte, weil es von nichts eine Ahnung hatte, dann hatte sie eine gute Wahl getroffen. Was Sarah jedoch verblüffte, war, dass Leo sich als ein so schneller Lerner erwies. Sie war – zugegeben – hochin- telligent.
    Miriam hatte sie eines Nachts im Club mit einem einzigen raschen Blick ausgewählt. Sie hatten jemanden für eine weitere Blutübertra- gung gesucht. Sie brauchten einen vertrauenswürdigen neuen Mitar- beiter für die Geschäftsleitung, und Sarah hatte angenommen, dass sie einen Mann nehmen würden. Dann aber hatte Miriam, fast wie als Nachgedanke, gesagt: »Diese da.« Leo hatte mit einigen Bekannten im Japanischen Garten gesessen und sich von Rudi mit diversen Dro- gen-Cocktails verwöhnen lassen.
    Nach einer Weile hatte Leo ihr altes Leben hinter sich gelassen. Das Einzige, was davon heute noch übrig war, war ein gelegentlicher, ner- vöser Besuch bei ihren Eltern, und auch das würde bald aufhören. Sarah wusste, dass Leo auf irgendetwas vorbereitet wurde, und sie gelangte zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich mit ihrer, Sarahs, nahenden Absetzung zu tun hatte.
    Und so wartete Sarah auf Leos Amtsübernahme. Außerdem wartete sie darauf, dass Paul seinen wie auch immer gearteten Plan in die Tat umsetzte. Mit anderen Worten: Sie wartete auf das Ende ihrer Welt.

Als sie mit Eumenes zusammen gewesen war, hatte Miriam aufgrund ihrer Jugend noch nicht begriffen, dass
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