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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over
Autoren: Myra Çakan
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fingen ihn auf. Vorsichtig schoben sie ihn in die Eisspalte. Es schien fast, als würde sich das Eis um ihn schließen, doch das musste wohl eine optische Täuschung sein, dachte Sunshine. Sie hoffte, dass es eine Illusion war. Denn ihr nächster Gedanke wäre zwangsläufig gewesen, dass sie Wiesel an das Ding, von dem Skadi behauptete, es sei ein Raumschiff, verfüttert hätte. Sie sah zu Garfield, der ihren besorgten Blick mit der Ernsthaftigkeit eines Kindes erwiderte. Wusste er, welche Verantwortung auf ihm lag? Wiesel hatte ihr versichert, dass der Junge mit dem Virus-Programm umgehen konnte.

    Wiesels Körperwärme meldete dem Organismus, der ein Raumschiff war, dass jemand Kontakt aufnehmen wollte, und er erwachte aus seinem Winterschlaf und antwortete auf den Kontaktversuch.
    Wiesel fühlte sich immer noch von allen Sinnen abgeschnitten, doch während er noch darüber nachdachte, ob dies wohl ein Effekt der Alien-Lernmaschine war, kamen die Eindrücke zurück. Er fühlte, wie sich das Schiff um ihn schloss, wie sich etwas nach seinem Bewusstsein ausstreckte, die Wärme, das Leben aus ihm sog. Das war nicht richtig.
    »Die Kälte«, dachte er, »so kalt darf es doch hier drinnen gar nicht sein.«
    Das Schiff verzeichnete sein Unwohlsein und erhöhte die Temperatur in dem Kokon. »Schon besser«, dachte Wiesel.
    Das Schiff initiierte sein Analyse-Programm. Wiesel hatte auf einmal einen süßlichen Geschmack auf der Zunge. »Himbeermarmelade«, dachte er, und sofort lieferte sein Gehirn das Bild einer riesengroßen stilisierten Comic-Himbeere an das Schiff. Das Schiff empfing das Bild und scannte die Oberfläche des Objekts, versuchte es in seine molekularen Bestandteile zu zerlegen. Das Schiff entschied, dass es mehr Daten brauchte.
    Das war lustig! Wiesel dachte sich einen großen Soja-Burger mit Cola und schmeckte, roch und sah seine »Bestellung«.
    »Ich will Achterbahn fahren – nein, halt. Ich will zum Mond fliegen.« Doch der Flug zum Mond war wie eine Achterbahnfahrt. Dumm gelaufen, dachte Wiesel. Aber was hatte er erwartet – schließlich konnte sein Hirn ihm keine Mondfahrt liefern, weil er daran keine Erinnerungen hatte.
    »Das ist wie Kino im Kopf. Ich könnte hier bleiben und mir meine eigene Welt denken«, überlegte Wiesel. »Nein«, berichtigte er sich, »auf Dauer würde das langweilig werden.«
    Seine Gedanken verloren ihre Struktur, und das Schiff schickte ihm neuen Input – simulierte den Bereich des Gehirns, in dem sein Langzeitgedächtnis lag, und erhöhte gleichzeitig die Endorphinausschüttung.
    Wiesel war nicht beunruhigt über die Vorgänge, alles schien irgendwie so seine Richtigkeit zu haben. Essen, trinken, Liebe machen mit Sunshine – das erste Mal, der alte Eisenbahnwaggon. Sein Alter, der ihn anbrüllte – wie lange hatte er nicht mehr an sein altes Leben gedacht? Der Angriff auf das Alien-Schiff. Bingo, der ihn ansah, die Augen voll Regen. Klares Wasser, Luft, die nach Hoffnung schmeckt. Die Runners – ihr letztes Konzert auf Freezone. Er war dabei, stand direkt vor der Bühne, einen Backstagepass um den Hals und ein breites Grinsen im Gesicht. Sang lauthals »Running Nowhere«.
    Leben ohne Furcht. Einfach nur zufrieden sein. Woher kamen diese Gedanken? »Wir wollen unsere Welt zurück«, laut und fordernd. Das war Sunshine. »Zeitraffer«, dachte er, »das dauert doch alles viel zu lange. Noch mal im Rücklauf, ein verkratztes Videoband, ich … bin …« Sunshine, die ihn ansah, fast flehend, fast ein »Tu es nicht« rufend, als er in den Eiskokon stieg. Sunshine, die ihm …
    Etwas Fremdes überlagerte seine Bilder. Fremd und faszinierend. Es wollte Beachtung, es wollte Anerkennung.
    Gleißendes Licht, geordnete, gerade, logische Pfade. War das schön! Er hatte das gemacht. Wiesel war stolz. So sah es also aus. Der Junge … Ich … bin … die Schnittstelle. Das Lernprogramm, der Virus, Bedrohung von außen.
    Wiesel gelang es, eine Gedankenkette in die Datenmenge einzubauen, die von dem Cyber 3 über sein Gehirn zu dem organischen Computer floss.
    Das Schiff schmeckte, verdaute, analysierte. Das war ein neues Aroma. Krisp und klar, wie die Schutzhülle, die es seit Jahrtausenden umgab. Es beschloss, dass es den Geschmack von Wiesels Virus-Programm mochte.
    »Wir wollen unsere Welt zurück.« Da war es wieder. Das Schiff hatte keine Parameter für »wir« und »zurück«. Es dachte nicht in solchen Begriffen. Es spürte nur die Dringlichkeit und die emotionale Dichte,
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